
Die Energiekrise beschleunigt einen Trend, der ohne sie bislang nicht recht in Fahrt gekommen war. Nun aber soll die Wärme, die in großen Data-Centers entsteht, genutzt werden, um Wohnungen und Büros zu beheizen.
Steigende Energiepreise verbessern Wirtschaftlichkeitsberechnung
Die im Zuge der Krise steigenden Energiepreise erhöhen den finanziellen Anreiz für Technologieunternehmen, in Systeme zu investieren, die für den Verkauf der überschüssigen Wärme erforderlich wären. „Plötzlich ist der Business Case für ein Wärmenetz, das mit Restwärme gespeist wird, viel interessanter als noch vor ein paar Jahren“, sagte Stijn Grove, Geschäftsführer der Branchenvereinigung Dutch Data Center Association gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ).
Laut einer Studie von Reuseheat, einem von der EU-Kommission finanzierten Projekt zur Förderung der Wiederverwendung von Abwärme, könnten Rechenzentren, die in der Nähe von Fernwärmesystemen stehen, bis zu 50 Terawattstunden pro Jahr an überschüssiger Wärme liefern. Dies entspräche – wie Eurostat berechnet – zwischen zwei und drei Prozent der Energie, die die Haushalte in der EU im Jahr 2020 für die Gebäudeheizung verbrauchten.
Ein Dutzend Modellprojekte gibt es bereits
Dabei gibt es bereits mehr als ein Dutzend guter Beispiele. So hatten etwa im Jahr 2021 bereits Amazon, Apple und Microsoft damit begonnen, große Rechenzentren in Irland, Dänemark und Finnland an Fernwärmesysteme anzuschließen. Google prüft immerhin Möglichkeiten zur Wärmerückgewinnung in seinen Rechenzentren in Europa.
Ex-Facebook Meta gewinnt seit 2020 überschüssige Wärme aus seinem Rechenzentrum in Odense, Dänemark, zurück und baut die Nutzung derzeit weiter aus. Ab 2023 sollen bis zu 11.000 Haushalte beliefert werden. In Finnland und den Niederlanden gibt es ebenfalls bereits ein gutes Dutzend Rechenzentren, die Wärme liefern.
Wärmerückgewinnung: EU will Betreiber verpflichten
Neben der Energie- wirkt sich auch die Klimakrise auf den Ausbau der Rückgewinnungssysteme aus. So befindet sich die Europäische Union in der Endphase der Verhandlungen über eine neue Energieeffizienz-Richtlinie. Wird sie wie bisher skizziert umgesetzt, wird sie die Betreiber von Rechenzentren verpflichten, mindestens Machbarkeitsstudien zur Nutzung ihrer überschüssigen Wärme für Wohnungen und Büros durchzuführen.
Dabei wird es erforderlich sein, den Betreibern ein gutes Stück entgegenzukommen. Schon jetzt locken europäische Staaten mit Steuererleichterungen. Ebenso ergeben die Überlegungen nur da Sinn, wo lokale Wärmenetze in der Nähe liegen.