Event-Marketing: Ohne AR, VR und Holografie geht es nicht mehr
Der Eventbranche geht es gut. 29 Prozent aller Unternehmen wollen in diesem Jahr Ihr Budget für Live-Marketing erhöhen und nur 15 Prozent wollen die Ausgaben senken. Das ist natürlich Ausdruck einer guten Konjunktur und eines intensiven internationalen Wettbewerbs. Entsprechend erfolgreich funktioniert eine der Leitmessen der Branche, die Best of Events in Dortmund. 10.000 Besucher an zwei Messetagen sowie mehr als 600 Aussteller aus 150 Ländern vermeldet die Messeleitung. Dafür war überraschend wenig Gedränge in den Gängen, allerdings ist das Messegelände in Dortmund auch recht weitläufig. Also alles bestens?
Mitnichten, sagt Christian Coppeneur-Gülz. Der Geschäftsführer des Digitaldienstleisters Expocloud, die eine Art SAP für die Eventwirtschaft sein wollen, legt den Finger in die Wunde: „20 Prozent aller Unternehmen machen überhaupt kein Live-Marketing. Und bei den steigenden Budgets stellt sich die Frage, wohin die fließen. In den Standbau oder doch lieber ins Online-Marketing rund um die Messe?“
Ein Zeitenwandel in der Eventbranche
Und tatsächlich markiert 2020 einen Zeitenwandel in der Eventbranche und auf der BOE. In Dortmund wird traditionell nicht gekleckert, sondern geklotzt. Zwei Bühnen werden den ganzen Tag mit Live-Acts bespielt. Künstler und Musiker bieten sich den Veranstaltern an. In der Catering-Halle rauchen die Foodtrucks auf Hochtouren und die Anbieter klassischer, großformatiger Eventtechnik wie Beleuchtung und Sound demonstrieren effektstarkes Muskelspiel: „Don’t rig shit“, lautet das Motto des Technikhändlers Gemar Lumitec in Anspielung auf den absoluten Qualitätsanspruch.
„Großes Kino“ fand auch dieses Jahr in Dortmund statt, aber auffällig viele Stände und Vorträge widmeten sich der digitalen Transformation in der Branche. Das gilt für die Vermarktung und mediale Begleitung der jeweiligen Veranstaltung, aber auch für digitale Tools in der Wertschöpfungskette. „Ich werde bei Budgetverhandlungen nicht durchkommen mit Aussagen wie: Ich habe 50 interessante Gespräche geführt. Das reicht nicht“, sagt Coppeneur-Gülz. Aus seiner Sicht wandern immer mehr Budgets von der Fläche ins Digitale, wenn man nicht endlich handfeste Performance-Zahlen liefern kann: Event-Analytics.
Auch Doreen Biskup ist der Auffassung, dass die Event-Branche endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen muss. „Wenn wir nicht aufpassen, brauchen wir 2023 gar keine Eventmanager mehr“, sagt die Vorsitzende der Berliner Mice-Academy. Mice steht für den Teil des Tagungsgeschäfts, der sich vor allem an professionelle Kunden richtet und vornehmlich in reinrassigen Tagungslocations oder Tagungshotels stattfindet. „Check24 bietet heute schon Künstler zum gebuchten Event an“, stellt Biskup fest. „Die haben die Plattform dafür. Die können das.“
VR, AR und Holografie, so weit das Auge reicht
Und so ist es folgerichtig, dass viele der Innovationen auf der BOE sich immer besser in die digitalen Workflows integrieren. Die digitalen Anwendungen lassen sich entweder aus dem bewährten Content-Management einfach bespielen, oder sie liefern exakte Reports über Nutzungshäufigkeit und -dauer für die Nachbereitung. Und einen Call-to-Action, mit dessen Hilfe zählbare Leads generiert werden, haben auch die meisten.
Eine Auswahl:
- Das iTab ist ein 55 Zoll großes Smartphone, das eben nicht mit einer proprietären Software bespielt wird, sondern mit Android läuft. Dadurch lassen sich alle Inhalte, die darauf gezeigt werden sollen, 1:1 aus dem Browser, Instagram oder einer App übernehmen. Das ist nicht nur für Events ein spannendes Tool, sondern auch für den Konferenzraum des Marketing-Teams.
- Nextmoderator ist ein Tool zur digitalen Organisation und Begleitung von Veranstaltungen mit Workshop-Charakter. Im Vorfeld werden die Themen eingespielt, während des Events arbeiten die Teilnehmer in digitalen Tools, stimmen über die Ergebnisse ab und nach der Veranstaltung stehen die Ergebnisse allen Teilnehmern zur Weiterverwendung digital zur Verfügung.
- Von Mintano kommt die Photobox 2.0. Auf einem Dreibein montiert oder sogar in der Hand tragbar, macht das schicke Device Fotos und Videos und ergänzt diese mit Augmented-Reality-Effekten. Dank eines umgebenden Lichtrings wird der Fotografierte perfekt in Szene gesetzt und hinterlässt natürlich seine Kontaktdaten, damit ihm das Video zugeschickt wird.
- Die Erlebnisdisplays von Extended nehmen die Bewegung des vorbeilaufenden Besuchers auf und setzen sie unmittelbar auf einem gigantischen Bildschirm um. Auf der BOE wurde der Besucher zum Skelett „geröntgt“. Und natürlich registriert das Display, wie hoch die Passantenfrequenz und Verweildauer ist.
- Und spektakulär ist zweifellos auch der interaktive Fußboden von Move Now. Hier werden Spiele, Sport oder Lerninhalte auf einer zwei mal drei Meter großen Displayfläche dargestellt. Der Benutzer stellt sich drauf und tanzt oder hüpft, um die gestellte Aufgabe zu bewältigen.
Augmented und Virtual Reality haben die BOE-Hallen fest in ihrem Griff. Hinzu kommt das Thema Holografie mit stark wachsender Tendenz. Der Vorteil gegenüber VR ist natürlich, dass die Besucher sofort mit den Inhalten interagieren oder sie einfach nur bestaunen können, ohne ein technisches Setup vornehmen zu müssen.
Extended aus Castrop-Rauxel zeigte auf der Messe ein System, das etwa 1,5 Meter breit und achtzig Zentimeter hoch ist. Es kommt als recht handlich zu benutzender Koffer daher. Extended hat aber auch – unter anderem für Toyota – schon Autos in Echtgröße in Räume projiziert oder einen virtuellen Elefanten im Circus Roncalli animiert.
Sven Schreiber, der mit seiner Kreativagentur Schreiber and Friends schon jede Menge spektakulärer 3D-Inszenierungen umgesetzt hat, erkennt in Holografie enormes Potenzial: „Nächstes Jahr komme ich nicht selbst zum Vortrag, sondern schicke meinen Avatar. Und ich bleib zu Hause, ziehe meinen Motion-Capture-Anzug an und halte meinen Vortrag von dort aus.“
Vielleicht sollte man sich das bei der BOE 21 mal anschauen.
Zum Weiterlesen: Augmented Reality im Marketing: Eine zähe Entwicklung