Anzeige
Anzeige
Interview

Diese Gründer beteiligen ihre Mitarbeiter: „Es nicht zu tun, wäre unfair!“

Das Insurtech Getsafe führt ein Mitarbeiterbeteiligungssystem für die komplette Belegschaft ein. Wir haben mit dem Mitgründer Christian Wiens darüber gesprochen.

5 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Getsafe-Gründer Marius Simon (CTO) und Christian Wiens (CEO) v.l. (Foto: Getsafe / Friedemann Hertrampf)

Mitarbeiterbeteiligungen statt hoher Gehälter sind ein probates Mittel für junge Unternehmen, ihre Mitarbeitenden zu halten und zu motivieren. Oft sind Startups nicht in der Lage, mit den Angeboten großer Konzerne mitzuhalten. Die Insurtech-Firma Getsafe hat einst mit einem reinen Online-Maklergeschäft angefangen, mittlerweile vertreibt sie eigene Versicherungspolicen. Das Geschäft soll trotz Coronakrise gut laufen, ließ Christian Wiens, CEO und Mitgründer von Getsafe, vergangenes Jahr auf Linkedin wissen: „Der März war mit mehr als 10.000 verkauften Policen der erfolgreichste Monat in der Geschichte von Getsafe“, schrieb er. Und auch heute, so gibt er im t3n-Gespräch zu verstehen, gehe es dem Unternehmen hervorragend.

Anzeige
Anzeige

Um das Team an diesem Erfolg teilhaben zu lassen, hat er exklusiv gegenüber t3n jetzt Beteiligungen für alle in der Belegschaft bekanntgegeben. „Wer bei einem Startup arbeitet, geht auch ein gewisses unternehmerisches Risiko ein“, sagt er. „Daher sollte sie oder er auch die Früchte der Arbeit ernten.“ Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom nach, sind in jedem zehnten Startup (10 Prozent) ausschließlich die Führungskräfte mit Unternehmensbeteiligungen ausgestattet. In rund jedem Fünften (22 Prozent) sind es die Führungskräfte und einzelne ausgewählte Mitarbeiter. Die Beteiligung aller Mitarbeiter ist die große Ausnahme (8 Prozent). Wir haben mit Wiens über diesen Schritt gesprochen. Der, wie er glaubt, in Deutschland endlich Schule machen sollte.

Mit agilem Recruiting die richtigen Talente finden und binden – in unserem Guide erfährst du, wie es geht!

Anzeige
Anzeige

Insurtech Getsafe führt Mitarbeiterbeteiligung ein

Christian Wiens: „Mitarbeiterbeteiligungen haben eine Leistungskomponente.“ (Foto: Getsafe / Friedemann Hertrampf)

t3n: Warum hat Getsafe sich entschieden, ein Mitarbeiterbeteiligungssystem für alle aufzusetzen?

Anzeige
Anzeige

Christian Wiens: Wir wollen Versicherung nicht nur anders, sondern bedingungslos besser machen. Und diese Mission beginnt von innen heraus. Unser Beteiligungsprogramm ist seit Gründung des Unternehmens wichtiger Teil unserer Kultur. Mit der neu eingeführten Beteiligung für ausnahmslos alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen wir jetzt den nächsten konsequenten Schritt.

Welchen konkreten Vorteil hat das?

Anzeige
Anzeige

Mitarbeiterbeteiligungsprogramme als Lockmittel, um geringere Gehälter zu bezahlen – das ist ein verbreiteter Irrtum. Viele Startups bieten Gehälter und Sozialleistungen, die teilweise deutlich über dem Branchendurchschnitt liegen. Bei der Mitarbeiterbeteiligung geht es um etwas anderes: Wer bei einem Startup arbeitet, geht auch ein gewisses unternehmerisches Risiko ein. Das ist das Spannende. Daher sollte sie oder er auch die Früchte der Arbeit ernten. Teil der Getsafe-Familie zu sein, bedeutet schon immer, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Nun haben wir den Unternehmenswerten auch Taten folgen lassen und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter demokratisch und gleichberechtigt zu Miteigentümerinnen und Miteigentümern von Getsafe gemacht, unabhängig von ihrer Funktion.

Wie limitiert sind eure Mittel, Mitarbeitenden einfach Bonuszahlungen für starke Leistung auszugeben?

Bonuszahlungen für starke Leistungen sind davon unabhängig, die gibt es trotzdem. Aber natürlich haben Mitarbeiterbeteiligungen auch eine Leistungskomponente. Top-Performer können zusätzliche Anteile erhalten.

Anzeige
Anzeige

Ein Mitarbeiterbeteiligungssystem ist vor allem dann sinnvoll, wenn man schnell wachsen will und einen Börsenstart oder Exit anvisiert. Das Signal: Ihr verdient mit, wenn wir reich werden. Ist das nachhaltig?

Ich würde die Frage gern umdrehen: Du hast dich bewusst für ein Startup entschieden, weil du einen Beitrag leisten magst, weil du an die Idee glaubst und etwas Großes mitgestalten willst. Bei uns arbeiten super talentierte Köpfe, die jeder Konzern sofort abwerben würde. Sie nicht an dem zu beteiligen, was wir jeden Tag gemeinsam als Team erreichen, ist das gerecht? Nein, es nicht zu tun, wäre unfair!

Sind die Anteile mit euren gleichbehandelt?

Anzeige
Anzeige

Die Unternehmensanteile der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Fall eines Verkaufs oder eines Börsengangs gleichbehandelt wie die Anteile von uns Gründern, ja. Ich bin stolz auf dieses Programm. Im besten Fall können unsere Mitarbeitenden bei einem Börsengang oder Exit ihre Gewinne nutzen, um selbst zu gründen oder zu investieren. Genau das braucht es in Deutschland, denn davon lebt unser Startup-Ökosystem.

Es gibt zwar nicht das eine dominierende Modell, aber häufig kommen Share-Matching- oder Discount-Pläne zum Einsatz. Welches System fahrt ihr? 

Share-Matching und Discount-Pläne sind bei börsennotierten Unternehmen verbreitete Konzepte. Unter Startups, die noch nicht an der Börse gehandelt werden, sind andere Mechanismen üblicher. Bei Getsafe setzen wir auf sogenannte virtuelle Anteile oder Phantomaktien. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten virtuelle Anteile, die sich parallel zum Wert des Unternehmens entwickeln. Sie profitieren dadurch bei einem Verkauf oder Börsengang des Unternehmens, ohne jedoch Gesellschafter zu sein. Der große Vorteil: Im Gegensatz zu klassischen Aktienoptionen müssen virtuelle Anteile weder vorab versteuert, noch notariell beglaubigt werden und sind daher weniger aufwendig zu verwalten.

Anzeige
Anzeige

Wie hoch sind die virtuellen Anteile pro Mitarbeitenden?

Zu der Höhe der Mitarbeiteranteile machen wir keine Angaben.

In den USA sind Mitarbeiterbeteiligungen gang und gäbe, in Deutschland nicht. Woran liegt das?

Anzeige
Anzeige

Zum einen an der Mentalität. Unternehmertum, Risiken eingehen, große Visionen verfolgen, Scheitern – all das gehört in Deutschland nicht zum positiven Selbstverständnis, in den USA hingegen schon. Zum anderen an den schwierigen Rahmenbedingungen hierzulande. Die USA sind uns hier um viele Jahre voraus. In Deutschland ist der Prozess bürokratisch aufwendig und steuerlich unattraktiv. Deshalb fordern Gründerinnen und Gründer seit Monaten die Bundesregierung auf, die Mitarbeiterbeteiligung zu reformieren.

Wo liegt das Problem?

Das Hauptproblem liegt in der Besteuerung. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen ihre Unternehmensanteile in der Regel sofort versteuern, obwohl zu diesem Zeitpunkt keine tatsächlichen Gewinne anfallen. Darüber hinaus werden tatsächliche Erlöse als Einkommen versteuert und nicht als Kapitalerträge. Es ist an der Zeit, dass die Mitarbeitenden den Investoren und Gründern nicht schlechter gestellt werden.

Anzeige
Anzeige

Auch interessant: „Aufgeblasene Zahlen? Was hinter den Vorwürfen gegen Getsafe steckt“

Die Aktienkultur ist in Deutschland weniger stark ausgeprägt. Wie sehr wollen eure Mitarbeitenden überhaupt ein Beteiligungssystem? Gab es Umfragen?

Das stimmt, in Deutschland müssen viele Menschen noch an Aktien und Startup-Beteiligungen herangeführt werden. Darin sehen wir auch unseren Beitrag. Für uns ist es ein Selbstverständnis und Teil unserer Unternehmenskultur. Umfragen gab es nicht. Wir wollen in Vorleistung gehen. So ein Programm reaktiv einzuführen, wäre der falsche Ansatz.

Trotz der von dir beschriebenen Vorteile: Das Risiko einer unternehmerischen Beteiligung mit Aktien lässt sich für Mitarbeitende nicht wegdiskutieren. Werbt ihr intern für das System?

Wieso Risiko? Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhalten mit Vertragsantritt ein Aktienpaket, das sich parallel zum Unternehmenswert entwickelt – zusätzlich zu ihrem normalen Gehalt und allen anderen Benefits. Geht Getsafe eines Tages an die Börse oder wird verkauft, profitieren sie dadurch. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das eher eine große Upside, aber kein Risiko.

Und wenn ihr scheitert und die Anteile nichts mehr wert sind?

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die Möglichkeit, zu scheitern, gehört in der Startup-Welt dazu. Als eines der bestfinanzierten Insurtechs in Europa mit über 175.000 Kundinnen und Kunden haben wir aber bereits bewiesen, dass wir ein tragfähiges Geschäftsmodell haben.

Danke für das Gespräch.

Erfolgreicher im Job: Diese Apps helfen euch bei der Karriere
Weiterbildung: Die Udacity-App ist eine kostenlose Online-Akademie für iOS und Android. Zusammen mit Partnern wie Google und Salesforce werden Kurse entwickelt, die klassische Bildung mit technischen Berufsfähigkeiten verbinden sollen. (Grafik: t3n / dunnnk)

1 von 15

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige