FairPhone: Fair produzierte Smartphones sind möglich
Ein Smartphone besteht aus unzähligen Bestandteilen – mitunter sind 30 verschiedene Mineralien in einem solchen Gerät: Zinn, Gold, Cobalt, Coltan und zig weitere Mineralien werden oftmals in Krisen- oder Kriegsregionen abgebaut – die Einnahmen fließen nicht selten in die Taschen von Warlords. Kinder- und Zwangsarbeit sind ebenso keine Seltenheit – über Fertigungsstädte mit hunderttausenden von Mitarbeitern wie beispielsweise Foxconn ist mittlerweile schon allerhand bekannt. Unsere Smartphones, Tablets und andere technische Gerätschaften werden unter härtesten Arbeitsbedingungen zusammengeschraubt.
Mit dem FairPhone, das mithilfe der gemeinnützigen Waag Society unter Leitung von Bas Abels entwickelt wird, soll versucht werden, ein Smartphone auf den Markt zu bringen, das unter möglichst fairen Bedingungen und mit einem Nachhaltigkeitsaspekt hergestellt wurde. Dies bedeutet, dass Mineralien, beziehungsweise Minen gefunden werden müssen, die weitestgehend krisenfrei sind, und ein Fertigungsunternehmen, das frei von Ausbeutung und Zwangsarbeit ist. Zudem sollen auch die Produktionsbedingungen sowie Lieferketten offen gelegt werden, um transparent darstellen zu können, woher welches Bauteil stammt, und dass das Phone unter humanen Bedingungen hergestellt wurde.
Bas Abels und seinem Team ist es durchaus bewusst, dass es kein leichtes Unterfangen sein wird, solch ein Produkt herzustellen. Es wird versucht, Mineralien nur aus zertifizierten Minen zu kaufen, doch das gelingt nicht immer. So gibt es zum Teil kaum Alternativen dazu, Mineralien zu erstehen, die in Krisengebieten oder von Kindern abgebaut wurden. Auch wenn sie Gewissheit haben, dass das Geld aus der Mine nicht in Kriegskassen gespült wird, muss zum Teil in den sauren Apfel gebissen werden, allein schon um die ein Stück weit krisengeschüttelte Regionen zu unterstützten und an der Stabilisierung mitzuwirken. Letztlich kann das FairPhone streng genommen nicht als solches durchgehen – eher als ein fair(eres) Phone, was aber schon mehr ist, als man allen anderen derzeit auf dem Markt befindlichen Smartphones attestieren kann.
Das FairPhone wird ein fair(eres) Phone
Nicht nur die Materialien und der Herstellungsprozess sollen einem fairen, beziehungsweise nachhaltigen Anspruch genügen, sondern auch das Design des Phones sowie das Betriebssystem FairPhone OS, das auf Android basiert, Open Source ist und eine neue Nutzeroberfläche mit smarten Funktionen mit sich bringen soll. Zudem soll das Phone auch mit Ubuntu und Firefox OS laufen können. Nicht nur Herstellungs- und Produktionsprozesse sowie das Design und das OS wurden in den Open-Kreislauf miteinbezogen, auch das „Lebensende“ des Phones wird bedacht. Daher ist man mit Unternehmen wie Closing the Loop in Kontakt, die sich auf Reduzierung von Elektronikmüll und -Recycling spezialisiert haben.
Dass die Idee eines fairen Phones gut ankommt, zeigt sich in der breiten Medienberichterstattung, die auf FairPhone.com dokumentiert wird, aber auch in der aktiven Community, die sich binnen weniger Monate auf der FairPhone-Website eingefunden hat. 10.000 Community-Mitglieder sind auf der Platform versammelt, und laut Joe Mier, dem FairPhone-Community-Manager, sind 5.000 davon aus Deutschland. Das zeigt, dass das Interesse an einem fairen Phone durchaus vorhanden ist. Und nicht nur Konsumenten zeigen Interesse an dem Gerät, auch Netzbetreiber, wie das niederländische Telekommunikationsunternehmen KPN hat insgesamt bereits 1.000 Geräte bestellt. Vodafone, O2 und die Telekom befinden sich mit FairPhone in Verhandlungen. Der Rest der ersten 10.000 FairPhones wird über eine Crowdsourcing-Plattform verkauft. Bereits im Mai soll es für 300 Euro vorbestellt werden können – im September soll Auslieferung sein.
Was aber im Grunde wichtiger als das Smartphone selbst ist, ist das Signal, das mit dem FairPhone gesetzt wird: Es ist möglich, ein Smartphone zu bauen, bei dem die Lieferketten offen liegen und die verbauten Elemente aus weitestgehend fairen Bedingungen stammen – und das nicht teurer ist als ein herkömmliches Mittelklasse-Smartphone. Die Macher des FairPhones bauen mit ihrem Produkt neue Strukturen in Sachen Produktion, Vertrieb und Recycling auf und hoffen, dass sich andere Unternehmen ein Beispiel daran nehmen.
Die FairPhone-Macher erhoffen sich durch ihr Projekt die Konsumenten, also uns, zu sensibilisieren und mehr darauf zu achten was wir kaufen. Zudem möchte man den großen Herstellern vor Augen führen, dass eine faire und nachhaltige Produktion auch im Elektronik-Sektor machbar ist. Dass van Abel und sein Team nicht die Welt verbessern können, ist ihnen bewusst, sie können allerdings Alternativen aufzeigen und Verbesserungsvorschläge in Form von Best-Practices unterbreiten. Ob die Hersteller sich ein Beispiel daran nehmen, steht leider auf einem anderen Blatt.
Powerpoint-Präsentation der Fairphone-Session auf der Droidcon 2013 (das undefinierbare Ding auf dem zweiten Sheet ist übrigens ein selbstgebauter Toaster):
So traurig es mich macht dies zu sagen aber es ist einfach nicht moeglich
@Sascha Pallenberg
Warum ist dies nicht möglich?
Ich finde den Ansatz begrüßenswert und bin gespannt ob das möglich ist oder eben nicht.
Sehr wahrscheinlich wirst du Recht haben. Die Gewinnmargen bei „normal“ produzierten Smartphones sind einfach zu verlockend.
Was soll denn bitte an Android nachhaltig sein?
marketinggelaber.. nur nicht-produzierte smartphones sind gute smartphones
ethisch, moralisch und aus umweltpolitischen gesichtspunkten sind smartphones so ziemlich das kurzlebigste und überflüssigste, was die menschhewit bis dato hervorgebracht hat.
statt weniger aufwand bedeutet der besitz eines smartphones die ständige bereitstellung seiner arbeitskraft für seinen dienstherren
digitales mittelalter
@marius: Ist das nicht schon so bei einem normalen Handy? Hat meiner Meinung nach nix mit Smartphones zu tun.
Ein Anfang wäre ja, die Mineralien, also z.B. das Coltan und das Gold, aus alten Smartphones zu gewinnen, diese also zu recyclen.
Ich finde, dass wenn man in jedem Bereich sich ständig versucht zu verbessern, ist das doch schon ein gewonnener Punkt. Wieviel besser es auch sein mag bleibt abzuwarten, aber dass der Versuch dahinter steht etwas besser zu machen, finde ich schon sehr lobenswert. Alles andere wird sich zeigen wie es sich entwickelt.