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Analyse

Megathema Digitalisierung: Warum so viele Erstwähler auf die FDP abfahren

Mehr als jeder fünfte Erstwähler hat die FDP gewählt, fast genauso viele die Grünen. Warum das gar nicht so erstaunlich ist, wie es zunächst klingt, und was die anderen Parteien daraus lernen können.

Von Tobias Weidemann
3 Min.
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Hat FDP-Chef Christian Lindner mit seinem Kernthema Digitalisierung den Nerv der Erstwähler getroffen? (Foto: Revierfoto/Revierfoto/dpa)

Wohl kaum ein Teilergebnis der gestrigen Bundestagswahl hat für so viel Aufsehen gesorgt wie die Auswertung der Wahlergebnisse der Erstwähler beziehungsweise der Wählenden zwischen 18 und 24 Jahren: jeweils 23 Prozent Grüne – das war erwartbar – und FDP (Daten von Infratest Dimap variieren um ein Prozent je nach Grafik und Erhebungszeitpunkt). Warum wählen so viele jüngere Wähler die Liberalen, die doch allenthalben als Partei der Reichen, Besserverdienenden, Saturierten gelten?

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Ein solches Wahlergebnis zu erklären, fällt nur auf den ersten Blick schwer. Denn schaut man sich die Alterskohorten an, wählen die Jungen zwar überdurchschnittlich oft die Grünen oder die Liberalen, dagegen eher selten die Union und die SPD. Hinzu kommt, dass die Liberalen für viele wohl der liberal-konservative Gegenentwurf zu den Grünen sind. Die Partei um Christian Lindner hat sowohl das Themenfeld Digitalisierung sehr intensiv beackert, als auch bei der Rentendiskussion Töne angeschlagen, die die übrigen Parteien eher selten getroffen haben. So ist die FDP die Partei, die sich am vehementesten für eine langfristige Aktienrente mit steuerbegünstigten Beiträgen eingesetzt hat – ein Vehikel oder Rentenbaustein, der gerade den jungen Zielgruppen noch größere Chancen bietet.

FDP als altersgemäßere Variante der Union verstanden

Es ist bemerkenswert, wie viele Ältere das für töricht oder naiv halten – so wie man vor 20 Jahren als junger Mensch behandelt wurde, wenn man erklärte, die Grünen zu favorisieren. Haben wir das nötig und ist das Kommunikation auf Augenhöhe gegenüber Erwachsenen? Vielleicht, so die Vermutung der Älteren, glauben die Jungen ja noch daran, selbst einmal reich zu werden, vielleicht sind die Liberalen aber auch einfach der Gegenentwurf für alle, die sich in jungen Jahren nicht bei den Grünen wiederfinden – und für die die Union und die AfD aus wohlüberlegten Gründen nicht infrage kommen.

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Denn die FDP hat zweierlei im Wahlkampf und in den letzten Monaten richtig gemacht – ein paar Erklärungsmuster aus dem Munde der Zielgruppe selbst finden sich im Twitter-Kanal der Jugendkonferenz Tincon: Sie hat einerseits wie kaum eine andere Partei junge Zielgruppen über Veranstaltungen und per Tiktok erreicht und junge Erwachsene dort abgeholt, wo  sie sich aufhalten: im Netz. Und sie hat mit erstaunlich vielen (im Vergleich zu den anderen Parteien) jungen Politikerinnen und Politikern geworben, sich gegen das Modell der anderen Parteien gestellt und erklärt, man wolle vieles anders machen. Ob die FDP dieses Versprechen einlösen kann, wird sich zeigen müssen.

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FDP greift Megathema Digitalisierung im Wahlkampf auf

Und zugleich stehen Grüne und FDP für die beiden Megathemen unserer Zeit: Klimawandel und Digitalisierung. Um Menschen unter 30 abzuholen, braucht es aber ein Verständnis von Digitalisierung, das über schnelles Internet hinausgeht und eine Vielzahl von Themen von New Work und Digitalisierung an den Schulen über Datenschutz und Urheberrecht bis hin zur digitalen Stadt und E-Government umfasst. Vielleicht sind lange Schlangen vor Berliner Wahllokalen, Wähler, deren Personalausweis nicht rechtzeitig verlängert wurde, und analoge Wahlprozesse symptomatisch für das, was in unserem Land schief läuft. Themen, zu denen selbst heute viele Parteien noch nicht wirklich Stellung beziehen können, und zu denen die FDP junge Wählerinnen und Wähler in geeigneter Weise abholt.

Für alle, die es nicht fassen können, wie junge Leute sich für eine liberale Partei begeistern können, gibt es aber eine beruhigende Nachricht: Denn schon über 25 Jahren nahm der Zuspruch zur FDP mehr und mehr ab: 15 Prozent waren es noch bei den bis 34-Jährigen, acht bis zwölf Prozent bei den Zielgruppen darüber.

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