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Analyse

Finfluencer unter der Lupe: Warum über ein Werbeverbot diskutiert wird

Auf Social-Media-Plattformen gibt es immer mehr Tipps zur Geldanlage – doch nicht alle sind seriös. Deshalb fordern die Grünen jetzt ein Werbeverbot.

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Finfluencer:innen in der Kritik: Kann ein Werbeverbot helfen? (Foto: Shutterstock/ Deliris)

Auf Instagram, Youtube oder Tiktok gibt es immer mehr Influencer:innen, die sich mit Finanzen beschäftigen. Neben denen, die seriöse Tipps zum Sparen und zur Geldanlage geben, gibt es aber auch solche, die Nutzer:innen zu sehr fragwürdigen Investitionen verleiten.

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Die Grünen im Bundestag wollen das ändern. Sie fordern ein europaweites Werbeverbot für Influencer:innen, die sich mit Finanzprodukten, medizinischen Produkten, Glücksspiel oder ungesunden Lebensmitteln beschäftigen. Das geht aus einem Positionspapier der Fraktion hervor, über das das Handelsblatt berichtet hat. Die Regeln sollen europaweit gelten und Teil der europäischen Verbraucheragenda 2025 bis 2030 werden. Sie könnten dann auf dem europäischen Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) aufsetzen.

Das Ziel: Verbraucher:innen vor den Praktiken unseriöser Finfluencer:innen im Netz schützen. Ein Vorbild ist dabei Frankreich, das bereits im vergangenen Jahr strengere Regeln für das Influencer-Marketing erlassen hat. Politisch ist der Grünen-Vorstoß allerdings umstritten, bei den Koalitionspartnern in der FDP und SPD wird ein Verbot eher kritisch gesehen.

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Der Bundesverband Influencer Marketing begrüßte den Vorstoß laut Handelsblatt hingegen, da die Branche bereits selbst auf eine einheitliche Herangehensweise auf europäischer Ebene dränge. Gemeinsam mit anderen Influencer-Verbänden wolle man daher einen „abgestimmten Regulierungsansatz“ erarbeiten.

Die Zahl der Finfluencer:innen steigt

Was Kritikern am Influencer-Marketing besonders missfällt: Die Instagram- und Youtube-Stars bauen eine besondere Nähe, ein fast freundliches Verhältnis zu ihren Follower:innen auf. Ihre persönlichen Investment-Tipps werden dann mitunter unreflektiert übernommen.

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Die Zahl der Finfluencer:innen ist laut einer Studie der HHL Leipzig Graduate School of Management in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Rund 357 aktive deutschsprachige Finfluencer:innen mit insgesamt über zehn Millionen Follower:innen sind demnach auf Instagram aktiv, gut die Hälfte davon erst seit dem Jahr 2020. Die Mehrheit der Profile (64 Prozent) sind allerdings noch sogenannte Nano- oder Mikro-Influencer:innen mit weniger als 10.000 Follower:innen.

Die Forscher:innen erklären den Finfluencer:innen-Boom unter anderem mit dem Wachstum der Aktionärszahlen in der jungen Generation. Viele junge Investor:innen haben das Thema in der Corona-Zeit für sich entdeckt.

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Den Einfluss der Finfluencer:innen auf die Anlageentscheidung der Nutzer:innen hat eine Studie der St. Pölten University of Applied Sciences untersucht. Viele junge Anleger:innen nutzen die Finfluencer:innen demnach zwar als wichtige Informationsquelle zu Aktien und Investments. Fast die Hälfte hat sich bei einer Investition auch schon von Empfehlungen der Social-Media-Expert:innen leiten lassen. Allerdings folgen sie nicht blind den Empfehlungen der Finanzratgeber:innen. Eine Mehrheit gibt an, die Tipps der Finfluencer:innen hätten allenfalls leichten (53 Prozent) bis mittleren Einfluss (43 Prozent) auf ihre Investitionsentscheidung gehabt. Für die Studie wurden 300 Follower:innen deutschsprachiger Finfluencer:innen-Kanälen auf Instagram befragt.

Verbraucherschützer:innen warnen

Das Problem: Finfluencer:in kann jede:r werden. Und: „Auf Social Media wird oft nicht auf den ersten Blick klar, welche Inhalte Werbung sind. Für Verbraucher:innen ist es daher schwer einschätzbar, ob ein Angebot seriös ist oder ob sich dahinter eine problematische Geschäftspraktik verbirgt“, sagt Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Sie unterstützt daher die Forderung nach einem Werbeverbot für Influencer:innen für besonders gefährliche Produkte und Dienstleistungen. Dazu zählt laut Pop auch ein grundsätzliches Verbot für den aktiven Vertrieb von Vermögensanlagen auf dem grauen Kapitalmarkt. „Insbesondere Influencer:innen sollten für solche Produkte mit besonders hohen Risiken keine Werbung machen dürfen“, fordert sie.

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Unter dem grauen Kapitalmarkt versteht man Finanzprodukte, für die Anbieter keine Erlaubnis des Finanzaufsicht Bafin benötigen. Darunter fallen beispielsweise Nachrangdarlehen, Direktinvestments oder Crowdfunding-Angebote. Natürlich gibt es auch in diesem Bereich seriöse Anbieter. Aber der graue Kapitalmarkt lockt regelmäßig auch Betrüger:innen an, die gezielt nach leichtgläubigen Investor:innen suchen.

Auch die Bafin sieht die Anlageempfehlungen in den sozialen Medien daher schon länger kritisch und warnt davor, den Tipps blind zu folgen. In den sozialen Medien seien „neben echten Kennerinnen und Kennern viele selbsternannte Expert:innen unterwegs“ – auch unter solchen Finfluencer:innen, „die regelmäßig und in hoher Frequenz Informationen und Anlagetipps posten“.

Besonders hellhörig sollten Nutzer:innen werden, wenn vom schnellen Geld die Rede ist. Überdurchschnittlich hohe Gewinnversprechen weisen eher auf Betrüger:innen hin. Seriöse Finfluencer:innen erkenne man hingegen daran, dass sie unter klarem Namen auftreten und erläutern, worauf sich ihr Fachwissen begründet.

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Wie kundig sind die Finfluencer:innen?

Wie schwer es für Verbraucher:innen ist, die Qualität von Finanz-Influencer:innen einzuschätzen, zeigt eine internationale Studie aus dem Mai 2023. Demnach sind 28 Prozent der Finfluencer:innen qualifiziert, 16 Prozent unqualifiziert und 56 Prozent haben sogar eine negative Qualifikation („antiskill“).

Für die Studie wurden Prognosen von Finfluencer:innen auf der Plattform Stocktwits ausgewertet, einer Social-Media-Plattform für Anleger:innen. Die Hälfte der Finfluencer:innen schnitt dabei schlechter ab als der Markt. Die Studie kommt daher zu dem Schluss, dass die Informationen von Finfluencer:innen für die Anlageentscheidung der Verbraucher:innen oft wertlos und in vielen Fällen aufgrund der fehlenden Kompetenz der Influencer:innen sogar kontraproduktiv sind.

Eine weitere Erkenntnis: Hohe Follower:innenzahlen sind kein Hinweis auf Qualität – im Gegenteil. Laut der Studie hatten ausgerechnet die besonders unkundigen Finfluencer:innen, die „antiskilled“ sind, mehr Follower:innen als solche, die mit ihren Vorhersagen richtig lagen.

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Finfluencing für die Finanzbildung

Allerdings gibt es auch Influencer:innen, die grundsätzliches Finanzwissen vermitteln und mit ihren Kanälen Lust aufs Investieren machen – und damit eine Lücke füllen. Denn um das Finanzwissen der Deutschen ist es eher schlecht bestellt. Die Bundesregierung hat deshalb im vergangenen Jahr die Initiative Finanzielle Bildung gestartet, die vor allem eine zentrale Finanzbildungsplattform schaffen will, auf der vorhandene seriöse Angebote gebündelt werden sollen.

Alexander Zureck von der FOM Hochschule sieht ein grundsätzliches Verbot daher kritisch: „Ein allgemeines Werbeverbot würde auch jene Finfluencer:innen betreffen, die mit ihren Accounts wesentlich zur Finanzbildung junger Menschen beitragen und gleichzeitig ein legitimes Interesse an der Monetarisierung ihrer Reichweite als Creator:innen haben.“ Falls eine Regulierung notwendig sei, sollte diese aus seiner Sicht daher primär bei den Anbietern von Affiliate-Programmen ansetzen.

Gänzlich unreguliert ist die Welt der Influencer:innen schon heute nicht. Sie unterliegen dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und müssen offenlegen, wenn sie eine Gegenleistung für einen Post bekommen oder einen Affiliate-Link setzen, also für die Verlinkung zu einem Produkt oder Dienstleister bezahlt werden. Und auch Verbraucherschützer:innen greifen bereits ein, wenn sie auf falsche oder irreführende Informationen zu bestimmten Geschäftsmodellen treffen.

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