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Finanz-Influencer: Vorsicht bei hohen Rendite-Versprechen

Geldanlagen und Börsenkurse statt Fitness- und Beautytipps: Auf Social Media teilen Finfluencer:innen ihr Finanz-Wissen offen mit ihrer Followerschaft. Doch wie vertrauenswürdig können solche Aktienanalysen sein?

7 Min. Lesezeit
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Finfluencer:innen sprechen auf Social Media über Trends und Entwicklungen im Finanzsektor. (Foto: Prostock-Studio/shutterstock)


Für ihr Video hat sich Isabell Baruth den passenden Hintergrund ausgesucht: die Frankfurter Bankenskyline. Unter dem Titel ­„Dinge, die ich als Investor gelernt habe“ fasst die 23-Jährige in einem Instagram-­Reel ihre Erfahrungen mit Geldanlagen zusammen: „In den Händen eines guten Geschichtenerzählers klingt fast jede Aktie wie ein Gewinner. Gehe also davon aus, dass du nicht die ganze Geschichte hörst.“

Hier geht’s zu unserem Themenspecial New Finance.

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Täglich laden sie und ihre Zwillingsschwester Nathalie auf ihrem Account Isi Finance Inhalte zu Finanzthemen hoch. Rund 30.000 ­Follower:innen haben sie auf Instagram, 6.520 Abonnent:innen auf Youtube. Die beiden gehören zur noch recht kleinen Gruppe der Finfluencer:innen. Der Bundesverband für ­Influencer Marketing schätzt, dass 2020 weniger als 150 ­Accounts in diesen Bereich fielen, genauere Zahlen gibt es derzeit nicht. Wenn sich Influencer:innen statt Schminktipps, Roomtouren oder ­Shopping-Hauls Finanzthemen widmen, stellt sich die Frage, wie vertrauenswürdig das sein kann. Gerade mit Blick auf eine junge Zielgruppe bei Social Media.

Die Baruth-Zwillinge stammen aus einer Unternehmer­familie. Schon als Jugendliche diskutierten sie am heimischen Esstisch über Aktien, wie Isabell Baruth erzählt. Nach eigener Aussage erarbeiteten sie sich als 14-Jährige durch Nachhilfe- und Putzjobs eigenes Kapital. Über ihre Eltern investierten sie es in Aktien. Nach dem Abitur 2017 stiegen sie beim Startup ihres Bruders ein. Sein Unternehmen bietet eine Immobilien-App im B2B-Bereich an. 2020 gründeten die Schwestern Isi Media, die Firma hinter Isi Finance. Parallel studieren die beiden Management und sind für das familiäre Immobilienbusiness unterwegs, zuletzt mehrfach in Dubai.

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Im Instagram-Account von Isabell und Nathalie Baruth teilen die beiden mit ihren 30.000 Follower:innen täglich Content – von Zitaten der Investorenlegende Warren Buffett bis zu bunt animierten Erklärvideos. (Screenshot: instagram / isifinance)

Isabell Baruth sagt, sie wollten mit Isi Finance besonders angehenden Aktionär:innen Grundlagenwissen vermitteln. Sie setzen dazu nicht nur auf kostenlose Inhalte auf Instagram und Youtube, sondern auch auf ihre Isi-Finance-Academy. Für eine Jahresgebühr von 597 Euro können sich Interessierte dort zu Aktien weiterbilden. Dazu gehören Webinare, Börsenanalysen, die die Baruth-Schwestern nach eigener Aussage selbst erstellt haben, sowie verschiedene Checklisten. Zudem gibt es ein gesondertes Coachingangebot. Die Preise dafür wollen die Schwestern allerdings nicht nennen.

In den sozialen Medien werden sie dabei nicht immer ernstgenommen: „Da steht dann so was wie ‚Lackier dir lieber die ­Nägel‘, aber das treibt uns dann nur an, erst recht zu zeigen, was wir draufhaben”, erzählt Baruth. Sie schöpften daraus die Motivation für neue Postings. Beiträge, in denen sie Zitate grafisch aufbereiten oder Tipps geben, bekommen häufig um die 300 ­Likes, während Bilder, auf denen die beiden Schwestern zu sehen sind, meistens die 1.000er-Marke ­knacken. „Klar ist es komisch, dass ein Post, in den wir viel Arbeit gesteckt haben, weniger Likes bekommt als ein Bild, was wir schnell zwischendurch aufgenommen haben“, sagt dazu Baruth.

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„Es gibt ein breites Spek­trum von Finanzinfluencern: Anlegerinnen und Anleger sollten darauf achten, dass die Wissensvermittlung im Vordergrund steht.“

Auch Michael Flender teilt auf Social Media sein Finanzwissen. Sein Fokus liegt auf Trading, der besonders schnellen Sparte des Börsen­geschäfts. Zu Beginn der Coronapandemie Anfang 2020 hatte er auf Instagram angefangen, Inhalte rund um die Börse zu posten. „Es war schon eintönig, immer nur allein vor dem Rechner zu sitzen, da habe ich Instagram für mich entdeckt und angefangen, dort meine Gedankengänge zu teilen“, erzählt er. Seit seiner Schulzeit beschäftigt er sich mit Trading, seit fünfzehn Jahren lebt er nach eigener Aussage davon.

Aus seinem Instagram-Account ist inzwischen das Startup ­Goldesel geworden. Über die gleichnamige Website bietet er Infos und Zugang zu einer Community, in der sich Trading-Begeisterte austauschen können. Wer tiefer einsteigen will, kann bei Goldesel ein Abonnement in Höhe von monatlich 49,90 Euro abschließen und bekommt dafür unter anderem „tägliche Live-Trading-Ideen, News und Einschätzungen sowie Echtgeld-Tradingdepots“.

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Aber auch über Instagram hält Flender seine Follower:innen weiter über Börsenthemen auf dem Laufenden. Das Auftreten manch anderer selbst ernannter Finanzexperten auf Social ­Media sieht er kritisch. Dicke Armbanduhren, der Jachtausflug oder Champagner schlürfen als Beweis für den Börsenerfolg deuten für ihn auf unseriöse Angebote hin. „Die versprechen dann etwas, was absoluter Humbug ist, weil es so einfach nicht funktioniert”, erläutert er.

Ein schmaler Grat

„Die Qualität ist ebenso unterschiedlich wie die Herangehens­weise der einzelnen Finanz-Influencer:innen“, erklärt Jürgen Kurz, Pressesprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Eine pauschale Bewertung sei kaum möglich. Dennoch sei es generell „begrüßenswert, dass es vermehrt solche Informationsangebote zum Thema Aktienanlage gibt“.

Wie riskant Trading sein kann, hat „Goldesel“ Flender schon selbst erlebt: „Zuletzt habe ich die Korrektur im Technologiesektor unterschätzt. Viele Aktien haben 30 Prozent und mehr verloren. Hier habe ich bei einigen Aktien zu früh ins fallende Messer gegriffen“, analysiert er. Wie sein eigenes Trading läuft, teilt Flender auch auf Instagram. So wissen seine Follower:innen, in welche Positionen er selbst investiert hat. Wie zum Beispiel Hellofresh. Als die Aktie des Kochboxenversenders im Januar 2022 einbrach, machte Flender seinem Ärger in einer Instagram-Story Luft.

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Unter dem Namen Goldesel ist Michael Flender als Finfluencer bei Social Media unterwegs. Er hat sich mit seinem gleichnamigen Startup auf Trading spezialisiert. (Screenshot: Instagram / goldeselinvesting)

Offenzulegen, welche Positionen Tippgebende selbst halten, ist auch rechtlich von Bedeutung. „Postet jemand eine Anlageempfehlung, ohne dabei eigene Positionen in diesem Finanz­instrument und den damit bestehenden Interessenkonflikt offenzulegen, und nutzt er die darauffolgende Kursentwicklung aus, kann dies (…) grundsätzlich eine Marktmanipulation und damit eine Straftat sein“, erklärt Dominika Kula, Pressesprecherin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin. Fälle von Marktmanipulation durch Finfluencer:innen seien der Bafin in Deutschland bisher nicht bekannt.

Auch bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen wurde bislang kein Betrug durch Finfluencer:innen gemeldet. Es gebe jedoch ­Fälle von Investment-Betrügern auf Youtube, die vorgaben, das Geld ihrer Opfer zu vermehren. „Diesen Personen ging es nur darum, an das Geld der Interessierten zu kommen, um dieses zu veruntreuen“, erklärt Philipp Rehberg, Referent für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Geld von Follower:innen legen Isi Finance oder Goldesel nicht an. Sie beschränken sich darauf, Tipps und Anregungen zu geben, wo ihre Follower:innen selbst investieren könnten. Als Anlageberatung soll ihr Content nicht gewertet werden. „Das dürften wir auch gar nicht, da wir dazu die Erlaubnis nicht haben“, sagt Isabell Baruth.

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Vorsicht bei langatmigen Erklärungen und hohen Rendite-Versprechen

Wer auf Social Media nach Finanztipps sucht, sollte generell wachsam sein. „Komplizierte, langatmige“ Erklärungen, denen Anlageempfehlungen folgen, seien ein Warnsignal für unseriöse Angebote, sagt Verbraucherschützer Rehberg. Ebenso sei Vorsicht geboten, wenn überdurchschnittliche Renditen bei minimalem Risiko versprochen würden. Wenn Finfluencer:innen zu Investitionen in eigenen Anlagestrategien oder Angeboten von Dritten aufrufen, sollten die Alarmglocken läuten, besonders bei der Forderung, dass Zahlungen auf Auslandskonten erfolgen sollen.

Und auch bei „kostenpflichtigen Seminaren zum Finanz- und Anlage­coaching“ sollten Nutzer:innen vorsichtig sein. „Man kauft die Katze im Sack, weil nicht klar ist, was man genau für sein Geld bekommt. Das Angebot ist teurer, als es zunächst scheint, oder man schließt unbeabsichtigt langfristig bindende Verträge ab“, warnt ­Rehberg. Auch Partner-Links zeugten letztlich vom Eigen­interesse der Finfluencer:innen: „Werden Einnahmen über sogenannte Affiliate-­Links erzielt, besteht trotz aller gegenteiliger Beteuerungen immer der Verdacht, dass den konkreten Empfehlungen eine Einnahmeerzielungsabsicht zugrunde liegt.“ Es liege dann nahe, dass potenziell günstigere oder geeignetere Produkte nur deshalb nicht empfohlen würden, weil die Anbieter nicht bereit seien, für die Empfehlung zu zahlen.

Auch Goldesel und Isi Finance nutzen Affiliate-Links. Die Zwillings­schwestern wollen aber nach eigenen Angaben künftig darauf verzichten. „Wir wollen uns davon distanzieren und weniger und nur ausgewählte Werbung machen“, sagt Baruth. Das sei mit Blick auf die Transparenz und ihre Unabhängigkeit wichtig. Aktuell bestünde eine Werbepartnerschaft mit einem Krypto­broker. „Von seinem Angebot sind wir aber komplett überzeugt und stehen dahinter“, betont ­Baruth.

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„Goldesel“ Flender arbeitet auf seiner Website mit bezahlten Links, er setzt sie beispielsweise bei Broker-Empfehlungen ein. „Jeden Broker, den ich empfehle, nutze ich auch selbst“, erklärt er. Unabhängig von Werbepartnerschaften mit Dritten verweisen beide in ihren Social-­Media-Auftritten auf ihre eigenen Angebote. Im ersten Jahr war in den Youtube-Videos von Isi Finance der Schriftzug „Dauerwerbesendung“ eingeblendet. „Das haben wir aber abgeschafft, weil wir dann mal einen Cutter-Wechsel hatten, der verwendet das nicht mehr“, sagt Baruth. Inhaltlich seien sie anfangs unsicher gewesen, ob die Kennzeichnung notwendig sei. „Andere Kanäle machen es jedoch auch nicht“, sagt Baruth.

Was Finfluencer:innen mit Kosmetik- oder Modeinfluencer:innen gemeinsam haben: Werbung ist nicht immer als solche erkennbar. Wenn die Baruths in ihren Videos Wissen vermitteln, weisen sie auch auf das Angebot ihrer Academy hin. Die Übergänge von Wissensvermittlung zu Reklame sind damit fließend und besonders für unerfahrene Anleger:innen nicht unbedingt auf den ersten Blick einzuordnen.

„Es gibt ein breites Spektrum von Finanzinfluencern: Anlegerinnen und Anleger sollten darauf achten, dass die Wissensvermittlung im Vordergrund steht“, merkt Gerrit Fey vom Deutschen ­Aktieninstitut an. Es sei gut, dass Wissen niedrigschwellig und an eine junge Zielgruppe angepasst vermittelt werde, jedoch gehe damit für die Influencer auch eine Verantwortung einher. Schließlich beziehen sich ihre Empfehlungen auf Geld, das auch verloren gehen kann.

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