Warum Finnlands Wirtschaft im Sommer Pause macht – 4 Dinge, die wir daraus lernen können
Doch Finnland hat dafür eine ebenso geniale wie revolutionäre Lösung gefunden: Summer-Workers. Dank deren tatkräftiger Unterstützung läuft das Geschäft weiter, während die Stammbelegschaft sich Zeit für andere Aspekte ihres Lebens nimmt.
Dieses kollektive Herunterfahren ist symbolisch für die Arbeitskultur des Landes, die stark von Werten wie Vertrauen, Gleichheit und dem Streben nach einer ausgewogenen Life-Work-Balance geprägt ist. Nicht umsonst gilt Finnland als einer der glücklichsten Orte der Welt. Aber was macht die finnische Arbeitskultur so besonders? Hier sind vier Ideen aus der finnischen Arbeitswelt, die inspirieren:
Gleichheit und Vertrauen
Finnland ist bekannt für seine egalitäre Kultur, die sich auch in der Arbeitswelt widerspiegelt. In vielen finnischen Unternehmen spricht man sich mit Vornamen an, unabhängig von der Position im Unternehmen. Das ist Ausdruck einer „Open Door“-Kultur, bei der die menschliche Ebene Priorität hat und Hierarchien minimiert werden.
Die Beziehung zwischen Führungskräften und Teammitgliedern ist weniger formell, was dazu führt, dass mehr Wert auf Zusammenarbeit und weniger auf Titel und Status gelegt wird. Es geht darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen statt den Jobtitel oder die Rolle, die sie innehaben.
Inklusive Entscheidungsfindung
In Finnland ist der Entscheidungsprozess in Unternehmen oft transparent und inklusiv. Statt dass Entscheidungen allein auf Managementebene fallen, werden alle Meinungen eingeholt und berücksichtigt. Diskussionen werden auf Team-Ebene geführt und Entscheidungen kollektiv getroffen, um ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Respekts zu gewährleisten.
Diese Kultur des Zuhörens und des Einbeziehens fördert das Fließen von Ideen und schafft einen sicheren Raum für kreatives, eigenständiges Denken. Durch ein hohes Maß an Eigenverantwortung und klare Rollen bleiben Entscheidungsprozesse dennoch effizient.
Vertrauensvorschuss
Vertrauen ist ein Grundpfeiler der finnischen Arbeitskultur. Allen Mitarbeitenden wird von Anfang an ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht: Wer eine Rolle innehat, wird in seiner:ihrer Kompetenz grundsätzlich nicht infrage gestellt. Diese Grundhaltung motiviert dazu, das Vertrauen durch hohe Leistung und Integrität zu bestätigen.
Gepaart mit der in Finnland ohnehin üblichen offenen und direkten Art zu kommunizieren, wissen dennoch immer alle, woran sie sind. Es ist ein Beweis dafür, dass Menschen am besten arbeiten, wenn sie sich respektiert und wertgeschätzt fühlen.
Life-Work-Balance und Saisonalität
Finnland definiert die Prioritäten um: Es geht weniger um die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben (Work-Life-Balance), sondern vielmehr um die Integration der Arbeit in das Leben (Life-Work-Balance).
Hierbei spielt die Saisonalität eine große Rolle. Während im Sommer mehr oder weniger eine landesweite Pause angesagt ist, werden im Winterhalbjahr mit seinen kurzen Tagen unterstützende Maßnahmen wie der Einsatz von Tageslichtlampen im Büro genutzt. Während der Sommermonate werden vor allem Schüler:innen, Studierende und Langzeitarbeitslose eingestellt, für die das eine wertvolle Erfahrung und Gelegenheit darstellt.
Flexible Arbeitszeitmodelle erlauben darüber hinaus eine stärkere Anpassung an den jahreszeitlichen Rhythmus.
Fazit
Arbeit und Identität sind für viele Menschen insbesondere in der deutschen Arbeitskultur eng miteinander verknüpft. Mehr als verständlich, sichert die Erwerbsarbeit doch einem Großteil der Menschen die Existenz. Gleichzeitig verwirklichen Menschen durch ihre Erfolge auf der Arbeit ihr Potenzial.
Doch ein zu starker Fokus auf die Arbeit als Lebensinhalt wird schnell einseitig. Läuft es mal schlecht, sind wir bestenfalls nur angstmotiviert, geraten schlimmstenfalls aber in eine Identitätskrise. Keine guten Voraussetzungen für unsere beste Arbeit.
Finnlands Arbeitskultur lehrt uns, dass Werte wie Gleichheit, Menschlichkeit und Vertrauen uns nicht nur glücklicher machen, sondern Arbeit zu etwas werden lassen, das wir „wollen“ und nicht „müssen“.