Forget Finance: Fintech kombiniert digitale und persönliche Finanzberatung
Wenn ein Startup im Rahmen der Pre-Seed-Finanzierung 700.000 Euro einsammelt, dann ist das meist eher nicht herausragend. Doch im Falle von Forget Finance stehen dahinter zwei Gründer, die in der Branche keine Unbekannten sind: Konradin Breyer war vorher Product Director von Freeletics und Jurek Herwig hat als CTO für Neugelb gearbeitet, die Entwicklungsagentur der Commerzbank.
Ziel von Forget Finance ist es, eine Lücke in der Kundenberatung zu schließen, die sich aus der Schließung zahlreicher Bankfilialen ergibt. Denn dieser Trend wurde durch die Coronakrise weiter beschleunigt – und gerade die etablierten Großbanken gehen hier mit schlechtem (wenn auch effizientem) Beispiel voran. Die Idee hinter Forget Finance ist eine Kombination aus persönlicher Finanzberatung und künstlicher Intelligenz – mit dem Ziel, Finanzthemen jedem interessierten Kunden per App zugänglich zu machen. „Der Fokus liegt dabei auf Finanzbildung sowie der einhergehenden finanziellen Gesundheit der Menschen“, erklärt Jurek Herwig.
Forget Finance will Finanzbildung vermitteln
Denn die finanzielle Bildung fehlt insbesondere in einem Land, in dem Kunden einen Großteil ihrer Ersparnisse aus Unkenntnis und Angst vor dem nächsten Börsencrash auf dem Tagesgeldkonto liegen lassen und so inflationsbedingt Geld verbrennen. Im Rahmen von Forget Finance soll ein intelligenter Finanzbot entwickelt werden, der seinerseits Menschen bei Finanzentscheidungen begleitet. Weil das allerdings nicht ausreichend ist, soll ein Netzwerk von Finanzexperten für die persönliche Beratung der Kunden bereitstehen. Man wolle sich, so erklären die Gründer, im Gegenzug zu den klassischen Beratern als Finanzcoach positionieren, „der den digitalen Lifestyle der Kunden kennt und diese auch mal in den Hintern tritt“.
Schon vor dem Start der App sollen interessierte Kunden über www.forget.finance einen kostenlosen, personalisierten Finanzplan nutzen können, der zum Sparen und Investieren anhält. Darüber hinaus wird es personalisierte Video-Coachings geben – und die laufenden Feldforschungen sollen in die Funktion der App einfließen. Dort sollen die Kunden schließlich strukturiert und langfristig auf ihre persönlichen Ziele hinarbeiten können. Dazu analysiert der Bot die aktuelle finanzielle Situation und gibt individuelle Tipps.
Auch interessant: Wie du ein Startup mit eigenen Mitteln aufbaust
Menschen zwischen 20 und 40 Jahren sparen zu wenig
Im Laufe der Zeit streben die beiden Gründer an, dass Forget Finance nicht nur begleitet, sondern zunehmend Finanzthemen auch übernimmt. Die monatlichen Sparraten sollen so auf unterschiedliche Töpfe und Geldanlagen verteilt werden. Man wolle dadurch Hürden von Finanzprodukten reduzieren und eine automatisierte (auch von KI ist zwischenzeitlich die Rede) Finanzlösung entwickeln.
Wie Jurek Herwig erklärt, wendet sich Forget Finance an die Zielgruppe zwischen 20 und 40 Jahren, die oft zu wenig Geld anspare und für die eine solche App das Thema Finanzen radikal vereinfachen könne. „Mit unserer App lenken wir den Fokus auf die wirklichen Ziele und Wünsche und die Lebensplanung der Menschen – und kümmern uns um die komplexen Finanzentscheidungen im Hintergrund. Unsere Vision ist es, dass Kunden ihre Finanzen in naher Zukunft auf Autopilot setzen können.“
In der Tat gibt es eine große Gruppe an Kunden, die aktuell zu wenig über Geld und Altersvorsorge nachdenkt oder – fast noch schlimmer – irgendwelchen Hypes hinterherläuft, ohne die Risiken einer Geldanlage zu berücksichtigen. Die Macher von Forget Finance werden erst noch unter Beweis stellen müssen, dass sie kompetent und sinnvoll beraten können. Funktionieren kann das nur, wenn die Kunden bereit sind, ihr Finanzverhalten zu offenbaren. Doch die Grundidee dahinter überzeugt erst einmal – ein Projekt, das man im Auge behalten sollte. Fraglich ist allerdings, auf welche Art und Weise eine Monetarisierung der persönlichen Beratungsleistung von Mensch zu Mensch, die ja Teil des Konzepts ist, funktionieren kann.
Tobias Weidemann
Ebenfalls interessant: Diese 6 Startups solltest du kennen