Frank Thelen: „Ich hasse ’kurz rein, raus, Gewinne mitnehmen‘. Das bin ich nicht, das hasse ich“

Frank Thelen reagiert im t3n.de-Interview auf die Vorwürfe des VC-Investors Sven Schmidt. (Foto: PR)
Eigentlich ist Frank Thelen gute Presse gewohnt. Der bekannte Startup-Investor und „Die Höhle der Löwen“-Juror ist unter Journalisten ein gefragter Gesprächspartner. Kürzlich jedoch warf ihm der Wagniskapital-Investor Sven Schmidt in einem Podcast des Fintech-Portals Finance-FWD vor, Werbung für ein Schneeballsystem zu betreiben. Gemeint war das von Thelen erheblich mitfinanzierte Blockchain-Krypto-Startup Neufund.
Schmidt berief sich auf vertrauliche E-Mails von Thelen, wonach dieser bei anderen Investoren um eine Kapitalspritze geworben und im Gegenzug ein „sicheres Investment“ garantiert haben soll. Wer sich früh bei Neufund einkaufe, könne die so günstig erhaltene Kryptowährung der Firma bei einem späteren ICO gewinnbringend verkaufen. Laut Schmidt handele Thelen allein aus der Gier heraus.
Schnell machten die zweifellos harten Anschuldigungen auch bei Twitter die Runde. Nachdem sich Thelen über den Podcast sowie einen entsprechenden Artikel auf Finance-FWD beschwerte, wurden die Inhalte kurze Zeit später gelöscht. Auch Gründerszene berichtete über den Streit. Nun äußert sich erstmals Frank Thelen dazu im Interview mit t3n.de.
Nachtrag vom 15. August 2018: Inzwischen hat Sven Schmidt unter anderem auf dieses Interview wiederum mit einem eigenen Beitrag auf Finance-FWD reagiert.
t3n.de: Sven Schmidt war ja im Podcast von Finance-FWD und daraus hat sich eine Art öffentliche Schlammschlacht entsponnen. Der Podcast ist inzwischen gelöscht. Was ist da genau passiert?
Frank Thelen: Sven Schmidt hat in dem OMR-Podcast Finance-FWD Anschuldigungen gegenüber Neufund gemacht, die zu weit gingen. Eigentlich ging es um eine allgemeine Kritik an Crowd-Investing. Bei manchen Problemen gebe ich ihm auch Recht. Er hat Neufund aber nur als Crowd-Investing-Plattform gesehen – es ist aber viel mehr, ein Technologieanbieter. Mit Blockchain, in unserem Fall die Ethereum-Plattform, und Smart Contracts ist es die bessere Plattform für den Erwerb von Unternehmensanteilen. Er hat diese zwei Dinge ein bisschen vermischt und dabei etwas viel Gas gegeben, das haben Sven und ich mittlerweile aber persönlich geklärt.
t3n.de: Sven Schmidt hat ja aus einer E-Mail zitiert. Ist diese E-Mail echt, steht das, was er zitiert hat, wirklich darin?
Dazu will ich erstmal sagen: Ich find es schlecht, dass E-Mails, die vertraulich geschickt werden, einfach so veröffentlicht werden. Das ist generell kein guter Stil in der Szene. Jedes Pitch-Deck, das man schickt, auf dem „vertraulich“ steht, und jede Finanzierungrunde wird vorher geleaked, weil die Leute die Sachen einfach weiterreichen.
Konkret zu dieser E-Mail: Ich habe den Podcast ehrlich gesagt nur überflogen, weil ich gerade so viele Themen habe. Ich kann dazu sagen, dass ich niemals E-Mails geschickt habe, in denen ich irgendeinen Return garantiere. Was ich gemacht habe, war, im Bereich Neufund große Familienunternehmen und auch andere Investoren für die Plattform zu gewinnen, weil ich da langfristig dran glaube. Das Anreizsystem funktioniert so, dass du einen gewissen Anteil der Kryptowährung Neumark durch das Investment zugewiesen bekommst. Und diese Tokens waren dann mehr wert als das eigentliche Investment, das ist verrückt. Aber das gibt es in der Krypto-Welt – was mit dem Bitcoin-Kurs passiert, ist auch verrückt. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass wir das schnelle Geld machen wollen. Es ist alles öffentlich in der Blockchain: Weder die Investoren noch ich haben bisher auch nur einen Cent aus der Plattform rausgenommen – obwohl wir es könnten. Wir investieren langfristig darin, um ein Technologieunternehmen aufzubauen. Das hat mich so wahnsinnig geärgert, dass dann dieses Geschmäckle rüberkam. „Wir bauen ein Schneeball-System“, hat sogar einer geschrieben. Ein „Ponzi-Scheme“, das ist wirklich falsch.
t3n.de: Sven Schmidt hatte sich dann sieben dieser Firmen angeschaut und seiner Meinung nach ist davon nur eine einzige seriös, nämlich Brille24. Teilweise gäbe es nicht mal ein Impressum auf den Websites. Kannst du dazu was sagen?
Auch das haben wir dann länger diskutiert. Ich glaube, Sven wird immer noch nicht sagen, dass das richtige A-Player sind. Er hat aber die Systeme inzwischen teilweise besser verstanden. Und ich glaube, er zieht das Wort „Bullshit-Bingo-Generator“ zurück. Brille24 übertrifft die Zahlen aktuell. Ein anderes Unternehmen macht bereits Gewinne und Umsätze, von dem er gesagt hatte, das ist nichts. Bei den sieben Unternehmen hat das Equity-Token-Offering (ETO) noch nicht stattgefunden. Keines der Unternehmen hat Neufund bisher Equity angeboten, das kommt erst noch. Dann wird es dazu auch noch Prospekte und mehr Informationen geben. Da hat Sven absolut recht: Eine gute Informationslage ist wichtig für Investoren. Und diese Unternehmen werden sich noch im Detail vorstellen. Und dann kann sich jeder ein eigenes Urteil darüber bilden.
t3n.de: Und dann werden sie auch alle ein Impressum haben?
Das war auch ein Missverständnis. Er hatte gedacht, Founders Bank dürfte sich nicht Bank nennen. Dürfen sie aber, weil sie in Malta ansässig sind. Die Bankenaufsicht von Malta hat offiziell die Erlaubnis gegeben. Sobald sie die Bankgeschäfte aktiv angehen, brauchen sie eine Banklizenz – und bis dahin werden sie sie auch haben. Heute machen sie noch kein aktives Banking, deswegen ist Founders Bank hochoffiziell als Name abgesegnet.
t3n.de: Der Finance-FWD-Podcast ist gelöscht worden. Gab es da eine Klageandrohung von dir oder was ist der Hintergrund?
Ich habe Philipp Westermeyer angerufen und er hat gesagt: „Pass auf, Frank, ich bin im Urlaub, aber ich nehme mir die Zeit. Wir machen eine Diskussion zwischen Sven und dir daraus.“ Sven hat auch zugestimmt. Am nächsten Tag haben wir dann darüber gesprochen, und Philipp war dabei. Wir haben einen längeren Podcast aufgenommen. Der Deal war: Wir ersetzten die einseitigen Aussagen der ersten Aufnahme durch einen Dialog. Und als Sven sich diesen Podcast nochmal angehört hat, hat er sich entschieden, dass er nicht will, dass der so online geht – was sein Recht ist.
t3n.de: Es war also Svens klarer Wunsch? Du wolltest, dass der neue Podcast veröffentlicht wird?
Ja, absolut. Soweit ich informiert bin, wird Sven Gründerszene auch noch wissen lassen, dass das sein Wunsch war. Ich habe dann gesagt, dass es nicht sein kann, dass ein einseitiges Bashing dem Dialog vorgezogen wird. Und dann hat Philipp gesagt: „Dann löschen wir das.“ Daraufhin ist im Internet die Diskussion entstanden: „Frank Thelen löscht irgendwelche Podcasts.“ Aber es ist das Gegenteil: Ich nehme mir Zeit für den Dialog. Aber wenn der Dialog nicht von dem anderen gewünscht wird, kann es ja nicht sein, dass das einseitige Thema bestehen bleibt, oder?„Ich kann ganz klar sagen: Ich habe keinen Anwalt beauftragt, irgendwelche Maßnahmen zu einzuleiten.“
t3n.de: Ist der neue Podcast in Streit ausgeartet?
Nein. Der Podcast war sehr sachlich. Wir haben die Themen ausgetauscht, haben diskutiert. Sven ist ja auch gut informiert. Laut geworden ist dabei niemand. Es wurde hart diskutiert, aber – wie ich glaube – in korrektem Ton. Und am Ende des Tages hat Sven entschieden, dass das so nicht gut ist.
t3n.de: Wie bist du jetzt mit Sven Schmidt verblieben?
Das kann ich nur von meiner Seite aus sagen. Ich hoffe, dass Sven das so bestätigen würde: Wir beide haben heute nochmal persönlich – vertraulich, hoffe ich – in einem längeren Telefonat gesprochen. Sven sieht Neufund immer noch im Bereich Crowd-Investing. Ich aber sage, dass es das nicht ist. Aber das ist okay, weil wir da einfach eine sachlich unterschiedliche Meinung haben.
Ich gehe davon aus, dass er sich für das Wort „Schneeballsystem“ entschuldigen wird. Und wir haben gesagt, dass für uns beide das Thema jetzt gegessen ist, dass wir das sauber und korrekt untereinander besprochen haben. Und ich habe mich bei Sven für meine unpassenden Worte zu seiner Person entschuldigt.
t3n.de: Gab es davor einen Austausch mit Anwälten? Oder habt ihr das wirklich rein im privaten Gespräch geklärt?
Ich kann ganz klar sagen: Ich habe keinen Anwalt beauftragt, irgendwelche Maßnahmen einzuleiten. Laut Sven gab es wohl eine Abmahnung oder so etwas – aber die ist wirklich nicht von mir. Ich habe überhaupt nichts in dieser Richtung veranlasst. Ich danke ihm und Philipp Westermeyer, dass es den Dialog gab und ich habe überhaupt kein Interesse an einer rechtlichen Auseinandersetzung – daran verdienen nur wieder die Anwälte. Ich finde es auch superschade, dass mir jetzt vorgeworfen wird, ich würde irgendwelche Inhalte löschen lassen.
t3n.de: Kannst du sagen, von wem die Abmahnung kam? War das eine beteiligte Firma?
Ich habe keine Ahnung, gar keine. Du hast natürlich eine Menge Gesellschafter bei Neufund. Klar, Sven hat Neufund in die Nähe von Straftaten gerückt – da kann ich das schon verstehen. Aber ich habe keine Anwälte beauftragt.„Ich hasse auch, dass Tesla von der Börse geht, weil da so short gegangen wird. Ich bin ein langfristiger Technologieinvestor.“
t3n.de: Du sagst, weder du noch die Investoren haben jemals eine Neumark liquidiert. Kannst du sagen, für welchen Zeitraum ihr euch verpflichtet habt, das nicht zu tun?
Da hat sich gar keiner verpflichtet. Aber ich weiß, weil ich mit den Leuten in Kontakt bin, dass es niemand getan hat. Weil ich genau solche Leute als Investoren hole. Ich hasse auch, dass Tesla von der Börse geht, weil da so short gegangen wird. Ich bin ein langfristiger Technologieinvestor. Ich hasse „kurz rein, raus, Gewinne mitnehmen, traden“. Das bin ich nicht, das hasse ich.
t3n.de: Danke für das Gespräch.
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