Eine Frau tauscht mit ihrem Kollegen die E-Mail-Signatur – und erlebt die produktivsten Wochen seit langem
Zwei Arbeitskollegen einer Arbeitsvermittlungsagentur in den USA haben ein Experiment gestartet: Die Kollegin und der Kollege tauschten für zwei Wochen ihre E-Mail Signaturen. So unterschrieb Nicole Pieri als Martin R. Schneider und Martin R. Schneider als Nicole Pieri. Die Arbeit erledigten beide wie gewohnt. Während sie die produktivsten 14 Tage ihres Lebens hatte, berichtete er via Twitter über die Diskriminierung, die ihm widerfahren ist.
We did an experiment: For two weeks we switched names. I signed all client emails as Nicole. She signed as me.
Folks. It fucking sucked.— Martin R. Schneider (@SchneidRemarks) 9. März 2017
Produktivität gegen die harte Realität
Das Experiment entstand, als Schneider zuvor versehentlich eine Mail im Sammel-Account unter Nicoles Namen verschickt hatte. Im Büro landen alle E-Mails in einem zentralen Postfach, auf das alle Mitarbeiter Zugriff haben. Die jeweils zuständigen Angestellten beantworten die Nachrichten dann mit ihrer persönlichen Signatur.
Der Kunde antwortete Schneider daraufhin – allerdings alles andere als höflich: Martin R. Schneider schreibt in seinen Tweets, dass der Kunde herablassend war und seine Fragen ignorierte. Bis es ihm dämmerte: Der Kunde verhielt sich so, weil mit einer Frau kommunizierte – oder das zumindest dachte.
Anschließend wollten sie testen, ob diese Reaktion ein Einzelfall war oder doch zur Regel gehört. Der 28-Jährige berichtet weiter, „durch die Hölle“ gegangen zu sein: All seine Handlungen seien hinterfragt worden, alle Kunden, zu denen er vorher ein gutes Verhältnis hatte, wurden misstrauisch. Jemand fragte sogar, ob er Single sei.
Bei Nicole sahen die zwei Wochen völlig anders aus: Vorher war sie hin und wieder von ihrem Chef kritisiert worden, dass sie zu lange für ihre Aufgaben benötigen würde. Das lag nach Schneiders Einschätzung scheinbar daran, dass sie länger brauchte, um Klienten von ihren Vorschlägen zu überzeugen. Jetzt konnte Nicole unter seinem Namen produktiv und ungestört arbeiten – und das ohne für ihre Vorschläge kritisiert zu werden.
Und der Chef fällt aus allen Wolken
Als die Kollegen ihrem Chef schließlich ihre Erkenntnisse präsentierten, zeigte dieser sich fassungslos. Auch Martin, der in ihre Rolle geschlüpft war, zeigte sich entrüstet. Und Nicole? Die konnte die ganze Aufregung kaum nachvollziehen – für sie gehörte dieses Verhalten schlicht zum Arbeitsalltag.
Dennoch verlief das Meeting nicht wie geplant: Der Chef sagte, dass es eine Million Gründe haben könne, weshalb die Klienten so unterschiedlich reagiert hätten. Niemand würde wissen, ob es an der Qualität der Arbeit oder der Leistung generell läge.
Here’s the real fucked-up thing: For me, this was shocking. For her, she was USED to it. She just figured it was part of her job.
— Martin R. Schneider (@SchneidRemarks) 9. März 2017
Sie hatte sich an den herablassenden Umgangston der Klienten gewöhnt. Die Ergebnisse liegen keiner wissenschaftlichen Studie zugrunde – müssen sie auch gar nicht. Die Erlebnisse zeigen lediglich, wie die Gleichberechtigung im Arbeitsalltag aussieht: In manchen Bereichen noch viel zu rückschrittlich.
Kann ich zu 100% bestätigen.
Habe auch mit Kunden zu tun und zwei Mitarbeiter sind weiblich.
Was ich da manchmal für Verhalten von Kunden denen Gegenüber sehe deckt sich mit dem Artikel. Vor allen wenn es um technische Fragen geht können die praktisch sagen was sie wollen, man glaubt es ihnen nicht.
Hab den Quatsch schon auf SPON bzw. bento gelesen und mich schon gewundert, warum sowas überhaupt einen Artikel auf irgendwelchen Newsportalen wert ist. Das ist in keinster Weise repräsentativ. Vielleicht haben die Kunden so reagiert, weil sie dachten, sie kommunizierten mit einer Frau… vielleicht aber auch nicht. Ich bin selbst in einer technischen Branche tätig und die Beobachtungen des Artikels decken sich so gar nicht mit meinen eigenen Erfahrungen.
Ich wundere mich auch ein wenig über den Satz „Die Ergebnisse liegen keiner wissenschaftlichen Studie zugrunde – müssen sie auch gar nicht.“ Doch müssen sie – weil sie ansonsten auf einer subjektiven Einzelbetrachtung beruhen und somit nicht auf die Allgemeinheit übertragbar sind… will heißen völlig wertlos. Das nächste mal einfach ein paar lustige Katzenvideos posten…
Eine sehr kompetente Kollegin von mir hat die gleichen Erfahrungen gemacht.
Funktioniert übrigens in beiden Richtungen:
Frauen wird die technische Kompetenz abgesprochen,
Männern die soziale Kompetenz.
Letzteres musste ein (guter) Lehrer an unserer Grundschule erleben.
Man kann diese geschlechtsorientierten Vorurteile natürlich leugnen, aber an den Tatsachen ändert das nichts.