„Ich könnte die ganze Zeit nur schlafen“, sagte eine Kollegin dieser Tage während der Kaffeepause – und alle Anwesenden nickten bekräftigend. „Ja, das muss das Wetter sein“, rief einer in die Runde, ein anderer sah schnell „die Frühjahrsmüdigkeit“ als Schuldige. Sobald die ersten warmen Sonnenstrahlen den kalten Winter für beendet erklären, lässt sich das Phänomen beobachten, das jedes Jahr erneut überrascht: Anstatt aufzutauen, klagen viele Menschen unter Kreislaufbeschwerden, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche oder Schlaflosigkeit.
Schätzungen zufolge könnte rund die Hälfte der Bevölkerung unter Frühjahrsmüdigkeit leiden. So genau weiß das jedoch niemand, denn dem großen Gähnen ist man wissenschaftlich bislang nur wenig auf den Grund gegangen. Meist zeigt sich die große Müdigkeit nach ein paar Tagen mit wärmeren Temperaturen. Bei den meisten ist das Schlappheitsgefühl nach gut zwei bis drei Wochen auch schon wieder überwunden. Als Ursprung für das Ereignis werden verschiedene Gründe vermutet: Ein durch den Winter geleerter Serotonin-Speicher sowie die länger werdenden Tage, die zunächst mit weniger Schlaf einhergehen, gelten als Ursache.
Frühjahrsmüdigkeit: Wie Licht, Bewegung und Ernährung uns beeinflussen
Die Konzentration des sogenannten Schlafhormons Melatonin ist nach den dunklen Wintermonaten im Blut besonders hoch. Der Botenstoff Serotonin, der für gute Laune sorgt, ist dementsprechend niedrig. Um das zu ändern, braucht der Körper vor allem Tageslicht, das die Hormondrüsen im Hirn aktiviert. Steigt der Serotonin-Spiegel an, drosselt der Körper die Produktion von Melatonin. Forscher behaupten, dass dies alles im Frühling noch nicht geregelt abläuft und das System so durcheinander gerät. Die Folge sei ein Kampf der Hormone – all das strenge an, und der Körper fordert regelmäßig Verschnaufpausen.
Damit die Botenstoffe sich wieder einpendeln, sollten Betroffene sich viel im Freien bewegen. Im Arbeitsumfeld heißt das vor allem auch, die Pausen außerhalb des Büros zu verbringen und für eine gute Durchlüftung und Lichtdurchflutung in den Räumen zu sorgen. Der Kreislauf wird dadurch angekurbelt. Ratsam sei es auch, den Arbeits- und Heimweg weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad anzutreten. Nach und nach regelt der Körper den Hormonhaushalt von allein. Solange gilt es, sich zu aktivieren. Auch Wechselduschen oder Saunabesuche bringen den Kreislauf zusätzlich in Gang.
„Rund die Hälfte der Bevölkerung könnte unter Frühjahrsmüdigkeit leiden!“
Auch bei der Ernährung sollten Frühjahrsmüde ansetzen: In einigen Obstsorten wie Bananen, Äpfeln und Ananas ist der Stimmungsmacher Serotonin in geringer Menge enthalten. Viel Wasser zu trinken, wirkt vor allem der geistigen Erschöpfung entgegen. Schweres, fettiges Essen in der Mittagspause wird die Schläfrigkeit nur erhöhen, deshalb sei auch hier geraten, zur leichten Alternative zu greifen. Viele der Tipps sind freilich pragmatischer Natur. Und sie schalten die Frühjahrsmüdigkeit nicht ohne weiteres aus. Vielmehr arbeiten die genannten Verhaltensweisen gegen das Phänomen an. Der eine profitiert mehr, der andere weniger.
Für das nächste Gespräch in der Teeküche kann man sich also merken: Anstatt den dritten Kaffee aufzusetzen, können ein Glas Wasser und ein Apfel auf der Terrasse an der frischen Luft einen höheren Effekt erzielen. Und die Bewegung zahlt im Büroalltag sowieso ein. Zu sehr sollte man sich sowieso nicht herunterziehen lassen, denn so schnell wie die Frühjahrsmüdigkeit kommt, geht sie dann auch wieder. Jedenfalls solange, bis ein anderer alter Bekannter vorbeikommt, der uns an die Leistungsfähigkeit will. Der gute alte Sommer mit seiner Hitzewelle. Irgendwas ist ja immer!
Unsere Verhaltensweisen sind oft der Grund dafür, dass wir nicht voran kommen im Job. Lies auch: Produktivität im Arbeitsleben – Diese Angewohnheiten solltest du dringend bleiben lassen