Studiochef prahlt mit übermäßiger Arbeitsbelastung im Team – und entschuldigt sich später

Burn-outs und schlimmere Konsequenzen folgen auf die Crunch-Kultur. Sie beutet Entwickler:innen aus und lässt sie zwischen 70 und 100 Stunden in der Woche arbeiten. (Symbolbild: Girts Ragelis/ Shutterstock.com)
„Wir arbeiten sechs bis sieben Tage die Woche, niemand zwingt uns dazu. Erschöpfung, Müdigkeit, Covid, aber wir arbeiten“, schrieb der CEO von Striking Distance Studios, Glen Schofield, über die Arbeit an „Callisto Protocol“. „12 bis 15 Stunden am Tag. Das ist Gaming. Harte Arbeit. Lunch, Dinner, arbeitend. Du tust es, weil du es liebst.“ Aus der Szene schlug ihm eine Welle aus Protest entgegen. Er löschte den Tweet und entschuldigte sich.
Eine der längeren Reaktionen stammt von Chris Way von Wccftech. Er ist dort für Gaming- und Finanzthemen zuständig. Sein Artikel verrät schon in der Überschrift, dass er diese Umstände als schrecklichen „Crunch“ definiert. Das Wort bedeutet sowohl „knirschen“ oder „zermahlen“ als auch „Krise“ oder „schlechte Situation“ und meint eine übermäßige Arbeitsbelastung. Chris Way bezeichnet die Aussagen von Schofield als „unfassbar“. Dass er als Chef offenbart, dass bei Striking Distance eine „ekelerregende Arbeitskultur aus seelenzerstörendem Crunch“ besteht, sei „absurd“.
„Weil man es liebt“ sei nur ein Deckmantel, um zu verschleiern, wie krass die Arbeitsbedingungen der Spieleindustrie seien, „für Menschen, die sich nicht selbst töten“, schreibt Chris Way weiter. Sein Kollege bei Bloomberg, Jason Schreier, beschäftigt sich schon länger mit Crunch-Kultur. Bereits 2015 schrieb er einen Grundsatzartikel zu dem Problem. Auch er zählt den Tweet von Schofield an. Natürlich werde niemand „gezwungen“, irrsinnige Arbeitsstunden abzuleisten. „Aber stellen sie sich die reduzierten Boni und Aufstiegsmöglichkeiten vor, wenn sie es nicht tun?“ „Du machst es, weil du es liebst“ sei der Grund, warum die Menschen im Sektor ausbrennen. Andere Kommentatoren berichten von Selbstmorden und Organversagen.
Nachdem mehrere Artikel erschienen, die seine Aussagen und die Crunch-Kultur in seinem Unternehmen kritisierten, löschte Schofield den Tweet. Stattdessen schrieb er eine Entschuldigung. Er schätze Leidenschaft und Kreativität, nicht lange Arbeitszeiten. „Jeder, der mich kennt, weiß, wie leidenschaftlich ich für die Menschen bin, mit denen ich arbeite“, so der Studiochef. Einige Nutzer:innen warfen ihm vor, es gehe ihm nur um das Spiel und nicht um die Entwickler. „Unsere Begeisterung sollte nicht ausgenutzt werden“, schrieb ein Spieleentwickler. Andere Stimmen halten seine Entschuldigung für leere Worte. Er solle lieber dafür sorgen, dass seine Leute nicht „gecruncht“ werden, lautete ihr Argument. „Callisto Protocol“ erscheint am 2. Dezember.
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