Bei nahezu allen Supermarktketten können Kund:innen inzwischen unter bestimmten Bedingungen Geld abheben. Meist gekoppelt an einen Einkaufsvorgang, manchmal erst ab einem Mindestumsatz von zehn Euro, manchmal nur mit Debitkarte oder nur über die Girocard – die Konditionen unterscheiden sich.
Unübersehbar ist allerdings die Tendenz, dass sich immer mehr Banken bei der Filial- und Geldautomatenplanung auf den Handel verlassen und gerade im ländlichen Raum ihre Geldautomaten abbauen. Das hat auch damit zu tun, dass nicht nur eine Filiale hohe Kosten verursacht, sondern auch der Geldautomat je nach Standort, Nutzungsintensität und Miete im Jahr zwischen 20.000 und 25.000 Euro an Kosten verursacht. Und da sind die Risiken im Hinblick auf Sprengung (oder die Schutzvorkehrungen, damit eben das nicht passiert) noch gar nicht mitgerechnet.
Banken verlassen sich beim Bargeld stärker auf den Handel
Viele Kund:innen gar nicht mal nur im ländlichen Raum sind inzwischen daher darauf angewiesen, dass ihr Lebensmittelmarkt oder ihre Drogerie Bargeld bereitstellt. Zwar kann man in immer mehr Geschäften auch bargeldlos bezahlen, aber gerade kleinere Geschäfte und die Gastronomie weigern sich teils beharrlich, alle Zahlungen protokollierbar und nachvollziehbar über bargeldlose Lösungen zu gestalten. Über die Gründe dafür darf freilich spekuliert werden.
Eine Studie des EHI Retail Institute zeigt nun auf, dass inzwischen 12,31 Milliarden Euro im Handel abgehoben werden – 20 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Kund:innen haben demnach diese für den Handel und die Banken gleichermaßen attraktive Lösung schätzen gelernt. Und die Banken sorgen umgekehrt mit dem Abbau an Geldautomaten auch dafür, dass die Kund:innen quasi auf die Bargeldabhebung im Handel angewiesen sind. Gab es 2018 noch fast 59.000 Geldautomaten in Deutschland, zählte man im vergangenen Jahr noch 53.500 davon – Tendenz weiter rückläufig.
Steigender Anteil an gleich wieder ausgezahltem Geld
13 Prozent aller Kasseneinnahmen zahlen die Handelsketten von Aldi bis Rewe, von Rossmann bis Toom inzwischen also gleich wieder an die Kund:innen aus, bevor das Geld zur Bank gebracht werden muss (vor zwei Jahren waren es laut EHI noch knapp zehn Prozent). Dennoch verursacht das Kosten für den Handel in Form von Cashback-Gebühren an die Banken – ein Sachverhalt, den das EHI schon länger anprangert.
Auch wenn das Auszahlen einen gewissen Puffer braucht – denn naturgemäß fallen die Bareinzahlungen und Abhebungswünsche ja nicht optimal an den jeweiligen Kassen zusammen –, dürfte dem Handel so schnell nicht das Bargeld ausgehen. Das hat einerseits damit zu tun, dass trotz steigender Bargeldlosquote (Kartenzahlungen oder über entsprechende Payment-Devices) in Deutschland immer noch ein hoher Anteil der Menschen bar bezahlen. Dennoch wächst damit die Verhandlungsposition des Handels, der dafür, dass er eine für die Verbraucher:innen relevante Dienstleistung erledigt, nicht auch noch hohe Gebühren zu zahlen bereit ist.
Handel wehrt sich gegen Gebühren an Banken
Die Gebühren betragen hierfür laut EHI pro Transaktion zwischen 0,1 und 0,2 Prozent des ausgezahlten Betrages, im Mittel benannte das EHI 0,13 Prozent. Im vergangenen Jahr haben die Einzelhändler infolgedessen 17,23 Millionen Euro gezahlt und damit 25,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Aus Sicht des Handels ist dieser Ausgleich jedoch nicht gerechtfertigt, da der Cashback-Service eine Entlastung der Kreditwirtschaft ist. Die Kreditwirtschaft hat dadurch die Möglichkeit, die Anzahl der Geldausgabeautomaten zu reduzieren und damit Kosten zu sparen. Demgegenüber kommt dem Handel eine immer größere Bedeutung bei der Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld zu.
Die Banken wiederum argumentieren, dass die Handelsketten ja auch profitieren, wenn die Kund:innen dort gleich auch einkaufen, wenn sie Bargeld brauchen. Allerdings sollten die Kreditinstitute auch nicht das Risiko eingehen, dass der Handel diesen bei den Kunden inzwischen bewährten und von den Banken geschätzten Service wieder einstellt. Denn gerade in ländlichen Regionen setzen viele Banken bei der Versorgung mit Filialen und Geldautomaten inzwischen auch darauf, dass der örtliche Handel mitzieht und die entstandenen Lücken schließt.
Für viele Verbraucher:innen in Dörfern und Kleinstädten sähe es sonst in Sachen kostenfreie (!) Bargeldversorgung schnell ziemlich düster aus. Letzten Endes rumort es aber nicht seit gestern im Lebensmitteleinzelhandel. Spricht man mit Handelsvertreter:innen, sehen diese durchaus die hohen Kosten als Problem und der eine oder die andere könnte sich vorstellen, den beliebten Service für die Kund:innen wieder aufzugeben.