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Analyse

Geld abheben an der Kasse: Was es kostet und wer dafür wirklich zahlt

Viele Lebensmittelhändler, Drogerieketten und Baumärkte bieten ihren Kund:innen beim Einkauf inzwischen die Möglichkeit, Geld abzuheben. Doch was kostet das den Handel eigentlich wirklich und ist das ein fairer Deal für alle Beteiligten?

4 Min.
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(Foto: Foto: rawf8 / Shutterstock.com)

Geld abzuheben im Supermarkt oder in der Drogerie – daran haben sich viele Verbraucher:innen nicht erst in der Pandemie gewöhnt. Seit fast zwanzig Jahren gibt es das in einigen Supermärkten, in den letzten fünf Jahren ist die Auszahlungsmöglichkeit von meist bis zu 200 Euro bei einem Einkauf – meist mit einem Mindestumsatz von 10 oder 20 Euro – hinzugekommen. Inzwischen sind vier von fünf Lebensmittel- oder Drogeriehändlern dabei, wie Horst Rüter, Zahlungsexperte beim EHI und Autor der neuen EHI-Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2022“ berichtet. Doch die Zeche zahlt interessanterweise der Handel.

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88,2 Prozent der Lebensmittelunternehmen und Drogeriemärkte des EHI-Panels bieten ihrer Kundschaft bereits Barauszahlungen an, davon fast alle über die Girocard-Funktionalität, einige sogar über die für den Handel meist teurere Kreditkarte (Mastercard). Über drei Viertel der Cashback praktizierenden Unternehmen des EHI-Panels sind Lebensmittelhändler oder Drogeriemärkte, hinzu kommen einige Baumärkte, Tankstellen und andere Fachhändler.

Kund:innen heben im Schnitt 95 Euro ab

Im Schnitt liegt der Auszahlungsbetrag, den die Kund:innen zusätzlich zum Warenwert mitnehmen, bei 95,25 Euro (Vorjahr: 94,67 Euro). Insgesamt zahlen die Unternehmen so immerhin 9,96 Prozent ihres gesamten „vereinnahmten“ Bargeldumsatzes wieder an die Kundschaft aus. Erwartungsgemäß ist das in den letzten zwei Jahren mehr geworden – einerseits wegen Corona und andererseits aber auch, weil die Banken immer mehr Filialen zumachen und Geldautomaten abbauen. So gesehen übernimmt der Handel also eine eigentliche Kernaufgabe der Banken.

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Der momentane Anteil entspricht damit gut vier Prozent des Gesamtumsatzes (bar und unbar) dieser Unternehmen. Insbesondere in ländlichen Regionen, in denen die Bargeldversorgung über Geldausgabeautomaten der Kreditwirtschaft oder alternativer Anbieter schwierig ist, haben Kund:innen den Bezug von Bargeld über den Handel schätzen gelernt.

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Billig ist dieser Service für den Handel allerdings nicht, wie der EHI herausstellt: Die Gebühren liegen bei einer Provision von 0,1 bis 0,18 Prozent für den ausgezahlten Umsatz – im Schnitt seien es 0,13 Prozent. Das bedeutet bei einem durchschnittlichen Auszahlungsbetrag von 95 Euro, dass der Händler rund 12 Cent Kosten hat für einen Service, der einerseits der Kundenbindung dient, andererseits aber auch dazu beiträgt, dass der freundliche Geldkurier am Abend weniger Geld transportieren muss.

Immerhin ist all das auch eine Entlastung für die Banken, die ansonsten sogar Kosten haben, wenn der Kunde oder die Kundin bei einer anderen Bank abhebt und diese entsprechende Nutzungsgebühren für den dortigen Geldautomaten dem kontoführenden Institut weiterbelastet. Und der Handel, so muss man wohl konstatieren, übernimmt immer mehr eine signifikante Rolle in der Bargeldversorgung der Bevölkerung. Im Schnitt, das hat eine Bundesbank-Studie gezeigt, heben all jene, die die Geldausgabe auch an der Ladenkasse nutzen, dort im Schnitt 15 Mal pro Jahr ab (zum Vergleich: am Geldautomaten doppelt so oft). Und immerhin jede:r Dritte tut dies (34 Prozent).

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5 Millionen Euro Kosten – gut angelegter Kundenservice

Unterm Strich kostet der Spaß den Handel rund fünf Millionen Euro im Jahr. Denn rechnet man die 0,13 Prozent auf den gesamten Bargeldumsatz hoch und berücksichtigt, dass 9,96 Prozent des Umsatzes wieder an Kund:innen ausgezahlt wird, entstehen den Banken umgekehrt rund fünf Millionen Euro Einnahmen dafür, dass der Handel das tut, was eigentlich ureigene Aufgabe der Banken ist. Dabei sind angesichts von 119,7 Milliarden Euro jährlichem Gesamtumsatz im Handel diese fünf Millionen auch eher ein zu vernachlässigender Wert. Der Handel dürfte aktuell angesichts Energiekrise, Lieferkettenproblemen und drohender Geldknappheit bei den Verbraucher:innen eigentlich deutlich größere Kostenblöcke haben als diesen.

Lohnen tut sich das dennoch auch für die Lebensmittelketten, die damit einen besseren Grund liefern, dass der Kunde ins Geschäft kommt, als mit irgendwelchen Sammelbildchen oder Plastikfiguren mit Saugnäpfen. Wer allerdings glaubt, dass die Händler mit weniger Geld in der Kasse auch weniger Handling Fee fürs Bargeld bezahlen müssen, der irrt. Denn bezahlen müssen die Händler in vielen Fällen dem Vernehmen nach auch für jene Umsätze, die sie schon wieder ausgezahlt haben, bevor der Geldbote die volle Kasse in Empfang nimmt.

Banken verlassen sich zu sehr auf den Handel

Für die Banken dürfte das Säbelrasseln des EHI aber ein Alarmsignal sein. Denn sie und ihre Kund:innen dürften die Leidtragenden sein, wenn Handelsketten auf den bei Kund:innen inzwischen etablierten und bei den Banken willkommenen Service wieder einstellen. Gerade in ländlichen Regionen bauen viele Banken inzwischen beim Angebot an Filialen und Geldautomaten auch darauf, dass der örtliche Handel mitspielt. Für viele Dörfer und Kleinstädte sähe es sonst für viele Kund:innen in Sachen Bargeldversorgung schnell recht düster aus.

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Und dass gerade in Deutschland ausreichend Möglichkeiten zur Bargeldbeschaffung vorhanden sein müssen, hat auch damit zu tun, dass das bargeldlose Zahlen als Alternative immer noch ein Nischendasein fristet. Denn anders als in anderen europäischen Ländern gibt’s in vielen kleineren Geschäften, im Café oder Dönerladen nämlich immer noch Hinweise wie „nur Barzahlung“ oder „Kartenzahlung erst ab 10 Euro“.

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