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Warum das „Ich mach’s wegen der Kohle“-Argument total okay ist

Eine kumpelige Unternehmenskultur ist schön, aber wer für ein paar kostenlose Bier auf ein angemessenes Gehalt verzichtet, engt sich ein. Geld ist ein gutes Argument für einen Job. Ein Kommentar.

3 Min. Lesezeit
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Wer sich im Job einmal unter Wert verkauft, spürt das noch Jahre später. (Foto: Shutterstock-DedMityay)

„Ich mach’s wegen der Kohle!“ Wer heutzutage so einen Satz raushaut, bekommt schnell schiefe Blicke. In Zeiten der Millenials, denen Spaß und Sinnhaftigkeit oft wichtiger ist als ein hohes Einkommen, wirkt diese Aussage geradezu blasphemisch. Es ist meine Generation, die nicht müde wird zu behaupten, dass Geld nicht alles ist. Gerne blicken wir dabei auf unsere Eltern und belächeln ihre Statussymbole: Schnelles Auto, akkurater Vorgarten, fette Glotze, der Summit S670 Gasgrill von Weber mit sechs Hauptbrennern, um die Grillfläche zu beheizen. Alles geschenkt! So einen Kram braucht kein Mensch. Aber wer meint, auf Geld zu verzichten, weil ihm diese Sachen nicht wichtig sind, der verkennt die Realität: Zwar ist Geld nun wirklich nicht alles im Leben, aber ohne Kohle ist heutzutage auch alles nichts.

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Die andere Seite der Millenial-Medaille ist nämlich die, dass die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen massiv durch Geldsorgen gestresst ist. Längst frisst die Miete in den urbanen Gegenden zwischen 40 und 50 Prozent des Gehalts. Und dabei wohnt der Großstädter nicht etwa in einem Penthouse, sondern in einer kleinen Zwei-Raum-Butze. Wer sich nicht einmal das leisten kann, lebt mit Mitte 30 noch in einer Berufstätigen-WG. Kann auch Spaß machen, aber wer in so einer Konstellation lebt, weil das Gehalt nicht mehr hergibt, findet das ab einem bestimmten Alter ganz sicher nicht mehr witzig. Der Hammer kommt spätestens dann, wenn man sich mit Eigentum auseinandersetzt, weil man etwas fürs Alter haben will. Millenials könnten genauso gut auch als die „Generation Miete“ durchgehen, die im Zweifel niemals Eigentum haben wird.

Laxer Berufsstart: Spätzünder holen selten auf

Dass ein laxer Start ins Berufsleben vor allem auch beim Gehalt nur schwer wieder aufzuholen ist, hat das Strada Institute for the Future of Work in den USA längst festgestellt. Der erste Job entscheidet maßgeblich, wie sich das Gehalt fortan entwickelt. Wer zu Beginn ein paar Jahre aussetzt oder zu tief einsteigt, brauche lange, um den Rückstand aufzuholen. Ein paar Zahlen dazu: Von den Uni-Absolventen, deren erste Stelle ihrer Qualifikation entsprach, waren 87 Prozent auch noch fünf Jahre später angemessen bezahlt. Für acht von zehn Personen galt das sogar noch zehn Jahre nach dem Abschluss. Bei Spätzündern sieht das anders aus: Vier von zehn Uni-Absolventen waren anfangs überqualifiziert. Bei zwei Dritteln habe sich auch fünf Jahre später nichts an dem Status geändert. Bei 75 Prozent sah das sogar zehn Jahre später noch nicht anders aus.

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„Wer sich im Job einmal unter Wert verkauft, spürt das noch Jahre später auf dem Konto.“

Um das also ganz klar zu sagen: Wer sich im Job einmal unter Wert verkauft, spürt das noch Jahre später auf dem Konto. Das soll nicht heißen, dass jeder Universitätsabsolvent beim Berufseinstieg auf ein Vorstandsgehalt pochen soll, aber das heißt ganz klar, dass jahrelanges Ausharren in schlechtbezahlten Startup-Trainee-Stellen, einer harten finanziellen Amputation gleichkommt. Es ist nichts verkehrt daran, ein ordentliches Gehalt zu verhandeln und Unternehmen zu schneiden, die nicht bereit sind, vernünftiges Geld zu zahlen – kumpelige Unternehmenskultur hin oder her. Fakt ist: Jeder Mensch verändert sich. Und was heute noch cool ist, ist vielleicht morgen schon komplett scheißegal. Während ein Berufstätiger in den 20ern noch vom Biergelage auf Firmenkosten geschwärmt hat, fährt er in den 30ern und 40ern lieber zu den Kindern nach Hause.

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Ich finde es insofern überhaupt nicht schlimm, wenn jemand sagt: „Ich mach’s wegen der Kohle!“ Ich hoffe natürlich, dass das nicht der einzige Grund ist, aber einen weniger hippen Konzernjob als Sprungbrett zu nutzen oder um erst einmal etwas Geld zu verdienen, ist überhaupt nicht verwerflich. Auch wenn der Arbeitgeber dann Hochtief und nicht etwa Hellofresh heißt – und im Coolness-Ranking vielleicht eher auf einer Stufe mit schnöden Jack-Wolfskin-Partnerjacken anstatt einer gehypten Balenciaga-Kutte steht. Solange jemand mit seinen Wertvorstellungen im Einklang bleibt und nicht gegen seine Überzeugung auf einmal Waffen in den Nahen Osten verschifft oder afrikanischen Dörfern das Wasser abgräbt, ist alles schick und der Satz „Ich mach’s wegen der Kohle!“ überhaupt kein Grund zur Scham. Wer glaubt, dass Geld nicht wichtig ist, schaue nur mal auf die, die keines haben.

Erfolgreicher im Job: Diese Apps helfen euch bei der Karriere
Jobsuche: Die kostenlose Truffls-App für iOS und Android ist ein Tinder für Bewerber. Wer auf der Suche nach einem interessanten Job ist und fündig wird, swipt einfach nach rechts und schickt einen Lebenslauf ab. Antwortet das Unternehmen, kommt es zum Match. (Grafik: t3n / dunnnk)

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Übrigens, auch dieser Beitrag könnte dich interessieren: Wer eine Gehaltserhöhung will, muss sie sich mit Fleiß verdienen. Das funktioniert oft nur bedingt. Ein anderer Faktor spielt Berufstätigen viel eher in die Karten, wie diese Studie zeigt. Lies auch: Von wegen Fleiß – Das ist der häufigste Grund für eine Gehaltserhöhung

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Dein t3n-Team

Any

Schöner Beitrag

Antworten
Tomo

Fasst es gut zusammen!

Antworten
Jan

Guter Artikel. Bin der gleichen Meinung.
Bei viel zu viele Unternehmen ist die Liste der gebotenen Getränke länger als der Rest der Stellenausschreibung. Es ist schön wenn es Getränke aufs Haus gibt und auch mal Obst bereit steht, aber sollte die eigentliche Tätigkeit und eben auch das Gehalt nicht im Vordergrund stehen? Alles weitere ist Nice to have.

Antworten
Peter

Ganz deiner Meinung. Wenn ich angenommen pro Tag für 4 Euro in der Arbeit Getränke / Obst zu mir nehme wären das bei 20 Arbeitstagen / Monat gerade 80 Euro. Statt dieser Klischee-Anzeige mit Getränken / Obst / Kicker lieber einen Hunderter mehr zahlen und gut ist.

Antworten
Stephan Günther

Du hast meiner Meinung nach mit den meisten Argumentationen recht. Man kann es „wegen der Kohle manchen“.
Ich möchte jedoch auch einmal ein Augenmerk auf ein hier etwas vergessenes Thema lenken:
Die Flexibilität im Job. Man sollte bei des Startups und den lockeren Büros nämlich auch nicht den Mehrwert der Flexibiliät vergessen.
Ein geringeres Gehalt in kauf zu nehmen, weil es Freitags Freibier im Büro gibt ist vielleicht ab mitte 30 etwas zu wenig, das stimmt, und auch der Nintendo ist irgendwann nicht mehr so spannend. Aber oft gibt es hier auch viele weitere Freiheiten und weniger starre Strukturen, die gerade für einen Familienvater hilfreich sind.
Man kann dann überlegen ob man wo anders lieber das 300€ höhere Gehalt nimmt – oder kumpelhaft bleibt, aber dafür vielleicht in der MIttagspause die schwangere Frau zu Hause kurz besuchen kann, wegen Gleitzeit keinen Stress hat die Kids zum Kindergarten etc. zu bringen und ein wirklich gutes Sommerfest mit den Kollegen hat.
Wie immer im Leben kommt es auf das Zusammenspiel vieler Kleinigkeiten an und darauf, wie jeder diese persönlich bewertet. Neben Geld gibt es eben tatsächlich noch viele andere Sachen im Leben und auch im Job.

Antworten
Andreas Weck

100% agree.

Antworten
Benjamin Löwen

Das gilt sicher auch für Selbstständige, zumindest kann ich das aus eigener Erfahrung so unterschreiben und es ist verdammt schwer da wieder rauszukommen.

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