
Der Breitbandausbau in Deutschland steht seit Jahrzehnten in der Kritik. Viel zu spät begann der Wechsel von alten Kupferkabeln zu moderneren Technologien, besonders im internationalen Vergleich sieht Deutschland schlecht aus.
Doch wie ist der aktuelle Stand? Wie steht es um den Glasfaserausbau und wie welche Bandbreiten wollen Kund:innen aktuell überhaupt? Dieser Frage geht eine heute veröffentlichte Studie des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) nach.
Die VATM ist eine Interessensvereinigung von Telekommunikationsunternehmen, die im Wettbewerb zur Telekom stehen. Daher ist die Studie zwar auch aus Marketinggesichtspunkten interessant für den VATM – einige der Zahlen, zum Beispiel zur Anzahl der Gigabitanschlüsse, sind aber unabhängig davon spannend.
Welche Anschlüsse werden erhoben?
Was zählt eigentlich als Gigabitanschluss? Die Antwort klingt im ersten Moment logisch, denn alle Anschlüsse, an denen mindestens ein Gigabit pro Sekunde an Download-Bandbreite möglich wäre und ein entsprechendes Gigabitprodukt von einem Unternehmen angeboten wird. Wichtig ist aber, das der VATM auch dann die Anschlüsse zählt, wenn Endkund:innen keinen Gigabitvertrag abgeschlossen haben – die reine Verfügbarkeit ist entscheidend. Nicht mit in die Statistik fließen außerdem Mobilfunk- und Satellitenverbindungen.
Ebenfalls wichtig: Gigabit heißt nicht automatisch reines Glasfaser (Fibre to the Building – FTTB), da auch ein Kabelanschluss als Hybrid Fiber Coax (HFC) mit einer Kombination aus Glasfaser und TV-Kabelnetz gigabitfähig ist.
Kupfer weiterhin verbreitet, Glasfaserversorgung wächst leicht
Beim Blick in die Zahlen zeigt sich deutlich, dass in Deutschland auch Mitte 2024 noch immer Kupferkabel überwiegen. 64,8 Prozent der Anschlüsse in Deutschland setzen weiterhin auf DSL, also Kupfer. Kabelanschlüsse kommen auf 22,9 Prozent und Glasfaser erreicht 12,3 Prozent. Das heißt, immer noch knapp zwei Drittel der Anschlüsse in Deutschland beruhen auf Kupferkabeln. Allerdings sinkt der Anteil im Vergleich zum Vorjahr auch leicht, Mitte 2023 nutzten noch 66,5 Prozent Kupfer.
Ist ein Gigabitanschluss an einem Haushalt verfügbar, so beruht dieser im ersten Halbjahr 2024 zu fast 60 Prozent auf Kabelnetzen und nur zu rund 40 Prozent auf Glasfaser. Die gute Nachricht: Das Verhältnis von Kabel und Glasfaser verändert sich seit Jahren zu Gunsten von Glasfaser. Zum Vergleich: 2021 setzten nur rund 26 Prozent der Gigabitanschlüsse darauf.
Interessant ist auch die Nachfrage der Kund:innen nach Bandbreite in Verträgen, denn das Interesse an mehr Bandbreite wächst. Ein Großteil der Kund:innen (43,1 Prozent) fragt Mitte 2024 weiterhin Verträge bis 250 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) nach. Die zweitgrößte Nachfrage liegt aber mit 26,7 Prozent zum ersten Mal bei Bandbreiten von über einem Gbit/s. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei Verträgen für Geschäftskund:innn ab.
Ausblick
Die Studie gibt auch einen Ausblick auf Ende des Jahres. Prognostiziert wird unter anderem, dass rund 80 Prozent der Haushalte bis zum Jahresende mit einem Gigabitanschluss erreichbar sein sollen. Außerdem sollen bis dahin rund fünf Millionen Haushalte Glasfaser aktiv nutzen.
Damit wächst der Ausbau von Gigabitanschlüssen immerhin, auch wenn im direkten EU-Vergleich noch sehr viel zu tun bleibt. Länder wie Frankreich, Luxemburg oder Finnland konnten vor einem Jahr bereits mehr als 60 Prozent Glasfaseranschlüsse vorweisen. Wie dringend der Ausbau vorangehen muss, zeigt auch ein Ziel der EU-Kommission. Danach sollen bis 2030 alle Haushalte in der EU einen Gigabitanschluss erhalten.