
Geld macht doch glücklich. (Foto: Mix and Match Studio/Shutterstock)
Wer eine Gehaltserhöhung bekommt, freut sich erstmal. Endlich die Urlaubskasse aufstocken oder sich im Alltag einen kleinen Luxus gönnen zu können, fühlt sich natürlich gut an. Und auch wer einen Lottoschein kauft, hofft auf das große Glück, das sich dann wohl mit den Millionen automatisch einstellen wird. Aber stimmt das auch? Macht mehr Geld wirklich glücklicher? Oder anders gefragt: Wie viel Geld braucht es eigentlich zum Glück?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein ganzer Forschungszweig. Lange galt da der Grundsatz: Das Glück wird nicht größer, wenn mehr Geld da ist. Diese Aussage geht auf eine Studie von den Nobelpreisträgern Daniel Kahneman und Angus Deaton aus dem Jahr 2010 zurück.
Wo liegt das Glücks-Plateau?
Darin werteten die beiden Forscher 450.000 Antworten auf eine tägliche Umfrage unter US-Amerikanern aus und kamen zu der Erkenntnis: Tatsächlich sind Menschen glücklicher, wenn ihr Einkommen höher ist – aber nur bis zu einem bestimmten Limit.
Steigt der jährliche Verdienst beispielsweise von 15.000 Euro auf 30.000 Euro, ist auch das Wohlbefinden deutlich höher. Wird das Gehalt dann noch einmal auf 60.000 Euro erhöht, ist die Freude zwar auch da – aber schon etwas geringer als bei der ersten Verdopplung. Zwischen 80.000 und 100.000 Euro Jahreseinkommen verliert sich die direkte Korrelation zwischen Geld und Glück – die Forscher sprechen von einem „abnehmenden Grenznutzen“. Das Geld-Plateau zum Glücklichsein liegt demnach bei einem Jahreseinkommen um die 75.000 Dollar. Danach gilt die Formel: mehr Geld, gleich mehr Glück, nicht mehr.
Glück ist also, wenn’s genug ist? So weit, so einleuchtend: Wer sich im Alltag ständig sorgen muss, ob das Geld fürs Leben reicht, ist natürlich weniger entspannt, als jemand, bei dem am Ende des Monats regelmäßig genug übrig bleibt, um auch Konsumwünsche zu erfüllen. Aber ist ein Millionär mit Porsche, Haus am Strand und Privatjet nicht vielleicht doch ein wenig glücklicher?
Steigt das Glück doch mit dem Geld?
Ein weiterer Forscher hat sich, knapp zehn Jahre nach Kahneman und Deaton, ebenfalls mit dem Zusammenhang zwischen Geld und Glück beschäftigt – und deren Studienergebnisse erst einmal ins Wanken gebracht.
Der Psychologe Matthew Killingsworth ließ 2021 über 30.000 Arbeitnehmer in den USA einige Wochen lang ihr Glücksempfinden jeden Tag über eine App festhalten. Ein Glücks- und Geld-Plateau konnte er nicht feststellen. Stattdessen sah Killingsworth tatsächlich einen linearen Zusammenhang: „Das erlebte Glück steigt mit dem Einkommen, auch über 75.000 Dollar pro Jahr hinaus“, schrieb er in seiner Studie.
Wer unglücklich ist, dem hilft auch Geld nicht
Unterschiedlicher hätten die Ergebnisse also gar nicht ausfallen können. Um herauszufinden, welche Aussage denn nun stimmt, haben sich die Forscher daher zusammengetan. Gemeinsam gingen Killingsworth und Kahneman in einer Re-Analyse auf die Suche nach dem Glück-Plateau und fanden heraus: Tatsächlich steigt in der Regel das Glücklichsein mit einem höheren Einkommen.
Einzige Ausnahme: Menschen, die bereits wohlhabend, aber trotzdem nicht sehr glücklich sind. Tatsächlich finden sich laut der im vergangenen Jahr veröffentlichten Studie in jeder Einkommensgruppe etwa 15 bis 20 Prozent chronisch Unzufriedene.
Außerdem machten Killingsworth und Kahneman ein Jahreseinkommen von 100.000 Dollar aus, ab dem eine weitere Steigerung des Einkommens das Wohlbefinden nicht mehr signifikant steigert. Das gilt allerdings nur bei den unglücklichsten 15 Prozent der Befragten. Bei den glücklichsten 15 Prozent tritt dagegen der umgekehrte Effekt ein: Ab 100.000 Dollar geht bei ihnen die Laune noch einmal nach oben, wenn das Einkommen steigt. Die Summe, ab der wirklich keine Steigerung des Glücks mehr möglich war, lag hingegen deutlich höher: Ab einem Jahreseinkommen von 500.000 Dollar wurde das Glück durch mehr Geld nicht mehr größer.
Der unglückliche Millionär? Von wegen
Zuletzt hat Killingsworth dann noch eine Studie hinterhergeschoben, die die allgemeine Zufriedenheit im Leben untersucht. Dazu hat er in einem Forschungsprojekt über die Website www.trackyourhappiness.org mehr als 33.000 Amerikaner im Alter von 18 bis 65 Jahren nach ihrer Lebenszufriedenheit befragt, die jährlich mindestens 10.000 Dollar verdienten. Zusätzlich wertete Killingsworth auch Studien über die Zufriedenheit von Superreichen aus.
Wieder zeigte sich: Je höher das Einkommen, desto zufriedener waren die Menschen – und das gilt sogar für Millionäre. Befragte mit geringem Einkommen bewerteten ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 1 (sehr unzufrieden) bis 7 (sehr zufrieden) im Schnitt mit einer 4. Mit steigendem Einkommen stieg auch diese Selbsteinschätzung. Die reichsten Studienteilnehmer waren mit einem Wert von 6 auch die zufriedensten – sie hatten zwischen 3,5 und 7 Millionen Dollar auf dem Konto. Der Unterschied im Glücksgefühl zwischen den Superreichen und der Mittelschicht war damit fast dreimal so groß wie der zwischen der Mittelschicht und den niedrigsten Einkommensgruppen.
Geld ist nicht der entscheidende Faktor
„Es wäre vielleicht einfacher, wenn das Glücksempfinden nachlässt, sobald die Menschen ‚genug‘ Geld haben“, kommentiert der Forscher selbst seine Studie, warnt aber auch davor, Geld nun als entscheidenden Faktor fürs Glücklichsein zu sehen. Wer nur noch nach Geld strebe, um sich Glück quasi zu kaufen, vernachlässige vermutlich andere Dinge, die ebenfalls wichtig sind für die allgemeine Lebenszufriedenheit.
Er interpretiert seine Forschung so: Es sei vor allem „das Gefühl von Freiheit und Seelenfrieden, das sich aus finanziellem Überfluss ergeben kann“ – und die Reichen so viel glücklicher macht. Sie müssten sich keine Gedanken um Geld machen oder sich einschränken, sondern könnten das Leben so leben, wie sie wirklich wollen.
Auch eine Langzeitsstudie der Universitäts Harvard relativiert den Einfluss, den Reichtum aufs Glücklichsein hat. Der wichtigste Faktor für ein glückliches Leben sind demnach gute Beziehungen, also etwa ein gutes Verhältnis zur Familie, enge Freundschaften oder ein gutes Miteinander unter Kollegen. Geld sowie Ruhm oder Status seien hingegen weniger bedeutend. Für ihre Studie hatten die Forscher über mehr als 80 Jahre Menschen aus verschiedenen Generationen begleitet, um herauszufinden, was ihr Wohlbefinden positiv beeinflusst.