Immer glücklich, stets erfolgreich: Was haben Hormone mit dem beruflichen Erfolg zu tun?
Endorphin, Dopamin, Serotonin und Oxytocin: Glückshormone geben uns ein gutes Gefühl – aber wirken sie sich auch auf unseren Erfolg aus? Laut dem Unternehmensberater Simon Sinek haben Führungspersonen von diesen Hormonen genug im Körper, das sei für ihren Erfolg wichtig. Der Theorie geht er ausführlich in seinem 2014 veröffentlichten Buch „Gute Chefs essen zuletzt“ nach.
Kommunikation für Glückshormone
Janett Dalka, CEO des Cannabis-Startups Breezy, nutzt die Theorie von Sinek in ihrem Unternehmen, um Teams zu führen und aufzubauen. Sie probiert, mit dem Bewusstsein über die Hormone, diese durch Handlungen und Verhalten bewusst zu wecken. Dafür setzt sie beispielsweise auf eine offene und transparente Kommunikation. „Das heißt, wir feiern Erfolge, aber auch kleine Schritte – das ist, wo Serotonin ausgeschüttet wird“, so Dalka.
Außerdem würde beispielsweise das Abhaken von To-dos für eine Dopamin-Ausschüttung sorgen. Im Teamverbund würden To-do-Listen bei Breezy für alle einsehbar sein. Wer etwas abhakt, werde dafür von anderen gelobt – Serotonin und Dopamin sollen so entstehen. „Das befeuert sich gegenseitig, die Teams haben gelernt, sich zu loben“, so Dalka. Dadurch sei Selbstvertrauen und Zuversicht entstanden.
Stress durch die öffentlichen To-do-Listen gebe es nicht: Nicht alle Listen seien für jede:n Mitarbeiter:in des Startups zu sehen, manche seien auch nur kleineren Teams zugänglich, die daran arbeiten. Insgesamt seien 14 Beschäftigte bei Breezy – laut Dalka würde das Lob-Listen-Prinzip aber auch bei größeren Unternehmen funktionieren.
Auf das Individuum kommt es an
„Je größer das Team, desto wichtiger ist die Struktur, in der sich das Team frei bewegen kann“, sagt sie. Die Struktur sollte an Menschen ausgerichtet werden. „Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, wie der Mensch und das Gehirn tickt“, so Dalka. Wer also weiß, was seine Mitarbeiter:innen wollen und brauchen und das ansteuern kann, soll sie damit zufriedener machen. Sprich: Die Glückshormone oder „Leadership-Chemicals“ – wie sie Dalka lieber nennt – sollen somit für glücklichere und damit leistungsstärkere Mitarbeiter:innen sorgen.
Daher sei es auch wichtig, auf jede:n individuell einzugehen. „An Mimik und Gestik sehe ich schnell, wie es jemandem geht“, so Dalka. Dann würde sie das Gespräch suchen und nachfragen. Also setzt sie auch da wieder auf Kommunikation.
Aber wie beeinflussen Hormone wirklich den beruflichen Erfolg? Laut dem Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Stephan Petersenn, kann ein gestörter Hormonstoffwechsel auf das eigenen Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit wirken – mittelfristig könnte damit der berufliche Erfolg beeinflusst werden. „Mir sind aber keine Untersuchungen bewusst, die Unterschiede im Normalbereich befindlicher Hormonkonzentrationen mit beruflichem Erfolg verbinden“, so Petersenn.
Gesunder als gesund geht nicht
Er weist darauf hin, dass ein gesunder Hormonhaushalt dann besteht, wenn keine krankhaften Veränderungen nachweisbar sind. „Gesunder als gesund ist als Konzept hier nicht etabliert“, kommentiert er. Damit lässt sich nicht sagen, dass jemand, der viele Glückshormone im Körper hat, erfolgreicher ist.
Forschungen, ob mehr Glückshormone erfolgreicher machen oder nicht, gibt es nicht. Stephan Petersenn verweist außerdem darauf, dass die Theorie von Sinek, mit der er sich allerdings nicht im Detail auseinandergesetzt hat, zu den Hormonen vereinfacht ist. „Prinzipiell sind Hormone allein aufgrund ihrer komplexen Funktionsweise schwer bestimmten menschlichen Eigenschaften zuzuordnen“, so Petersenn.
Nahrungsergänzungsmittel machen nicht froh
Zudem ließen sich Hormone auch nicht durch eine Nahrungsumstellung gezielt beeinflussen. Die Psyche kann die Hormonausschüttung beeinflussen – Auswirkungen des Arbeitsumfelds oder durch die Kommunikation sowie das Verhalten der Führungskräfte sind also denkbar.
Damit kann Dalka zwar nicht gezielt für Glückshormone sorgen, allerdings sorgt sie mit dem Eingehen auf ihre Mitarbeiter:innen und der Lob-Kultur vielleicht für eine stressfreier Atmosphäre, bei der sich alle wohlfühlen. Auf Supplements, die versprechen für Glückshormone zu sorgen, setzt sie übrigens nicht – von denen rät auch Stephan Petersenn ab.