Google-Gründer treten ab – Google-CEO Sundar Pichai übernimmt auch Führung von Alphabet
Google-Chef Sundar Pichai übernimmt nach dem Rückzug der beiden Gründer aus dem Tagesgeschäft nun auch die Führung beim Mutterkonzern Alphabet. Larry Page und Sergey Brin, die Google vor mehr als 20 Jahren gegründet hatten, behalten aber weitgehend die Kontrolle bei dem Internet-Konzern durch besondere Aktien mit mehr Stimmrechten. Zugleich zementiert die Doppelrolle von Pichai die Dominanz von Google innerhalb des Alphabet-Geflechts.
Page war zuletzt Alphabet-Chef, Brin hielt im Management einen Posten als „President“ mit einem nicht näher beschriebenen Aufgabenbereich. Sie behalten ihre Sitze im Verwaltungsrat, der dem Vorstand übergeordnet ist.
Sundar Pichai ab sofort CEO von Google und Alphabet
Branchenbeobachter spekulierten bereits seit einiger Zeit über die Zukunft von Page: Der 46-Jährige ließ sich kaum in der Öffentlichkeit blicken. Er überließ Pichai bereits zum Beispiel auch die Telefonkonferenzen mit Analysten nach Vorlage der Quartalszahlen. Gleichzeitig steckte Page Geld und Zeit in die Entwicklung kleiner Flugmaschinen, aus denen eines Tages Flugtaxis werden sollen.
Alphabet war 2015 als Konzerndach über Google gesetzt worden. Die Idee war, diverse neue Bereiche als eigenständige Schwesterfirmen neben Google aufzubauen. Zum Dachkonzern gehören zum Beispiel auch die Firma Waymo, die selbstfahrende Autos entwickelt, und der Lieferdrohnen-Entwickler Wing. Die Einnahmen kommen allerdings nach wie vor hauptsächlich aus dem Werbegeschäft von Google. Die anderen Alphabet-Firmen mit ihren neuen Technologien erzeugen hohe Kosten bei geringen Umsätzen.
So kamen die Google-Geschäftsbereiche im vergangenen Quartal auf Erlöse von gut 40,3 Milliarden US-Dollar (36,3 Milliarden Euro) – alle restlichen Alphabet-Firmen brachten in dieser Zeit 155 Millionen Dollar Umsatz ein. Dafür kamen bei ihnen operativ rote Zahlen von 941 Millionen Dollar zusammen, während Google fast 10,9 Milliarden Dollar verdiente.
Der 47-jährige Pichai stammt aus dem südindischen Staat Tamil Nadu. In die USA kam er 1993 mit einem Stipendium für die kalifornische Elite-Uni Stanford, um Halbleiter-Physik zu studieren. Seine Eltern mussten in die Ersparnisse greifen, um für das Flugticket 1.000 Dollar zusammenzukratzen. Es war mehr als ihr jährliches Einkommen, wie Pichai dem Magazin Bloomberg Businessweek erzählte. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Das erste Telefon bekam die Familie, als Sundar zwölf Jahre alt war. Ihr übliches Fortbewegungsmittel war ein Motorroller, auf den sie zu viert stiegen. Sundar fuhr vorne im Stehen.
Sundar Pichai war Impulsgeber für Chrome-Browser
Bei Google startete Pichai am 1. April 2004 – dem Tag, an dem der E-Mail-Dienst des Internet-Konzerns gestartet wurde, was auch er anfangs für einen der üblichen Aprilscherze der Firma hielt. Seine erste Aufgabe war die Arbeit am Google-Suchfenster in Browsern wie Firefox oder Microsofts Internet Explorer. Pichais Vorschlag, Google sollte einen eigenen Web-Browser entwickeln, überzeugte die Gründer – und der Erfolg von Chrome war seine Eintrittskarte in die Chefetage.
Page war mit der Gründung von Alphabet von der Google-Spitze in den Chefposten beim neuen Dachkonzern gewechselt. Pichai übernahm die Führung bei Google. Diesen Job wird er auch behalten.
Pichai muss Google und Alphabet durch eine schwierige Zeit navigieren. Der Internet-Riese steht – wie auch andere amerikanische Tech-Schwergewichte – unter verstärktem politischen Druck. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollenden US-Wettbewerbshüter Google ins Visier. In Europa verhängte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google. Der Internet-Konzern steckte sie locker weg.
In jüngster Zeit geriet Google aber auch mehrfach auf Kollisionskurs mit seinen Mitarbeitern. So lösten Medienberichte, wonach Andy Rubin, der führende Entwickler des dominierenden Mobil-Betriebssystems Android, trotz Vorwürfen sexueller Nötigung mit einer Abfindung von 90 Millionen Euro aus der Firma ausgeschieden sei, vor gut einem Jahr Proteste an diversen Google-Standorten aus. Rubin bestritt die Vorwürfe. Viele Mitarbeiter prangerten dennoch Sexismus im Unternehmen an. Auch ein Software-Deal mit dem US-Militär sorgte intern für Ärger.
Page war in der Anfangszeit Chef von Google, räumte dann den Platz für den erfahrenen Software-Manager Eric Schmidt und kehrte 2011 wieder an die Google-Spitze zurück. Die Alphabet-Mitteilung machte nun deutlich, dass die beiden Gründer keine Ambitionen haben, irgendwann noch einmal ins Management zurückzukommen.
„Wir gehörten nie zu denen, die sich an Management-Positionen klammern, wenn wir denken, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehmen zu führen“, verkündeten Page und Brin in einem Blogeintrag. dpa