Google und IAB sollen Datenschutzverstöße beim Real-Time-Bidding begehen
Für Werbungtreibende ist es die Königsdisziplin: nicht irgendwelche Anzeigen ausspielen, sondern personalisierte Werbung, die (hoffentlich) zur Kundin oder zum Kunden passt. Dafür ist es allerdings nötig, Informationen zu sammeln, anhand derer dann Profile, Personas und wahrscheinliche Aussagen darüber getroffen werden können, welche Anzeige zu wem passt. Den Datenschützern freilich ist gerade diese Informationssammelei ein Dorn im Auge. Deshalb haben zivilgesellschaftliche Gruppierungen aus sechs europäischen Ländern jetzt Beschwerden bei den europäischen Datenschutzbehörden eingereicht. Sie richten sich stellvertretend für die Branche gegen Google und das Interactive Advertising Bureau, kurz IAB.
Kritik an Real-Time-Bidding
Konkret stören sich die Datenschützerinnen und Datenschützer an der Praxis des Real-Time-Bidding. Hierbei werden Werbeplätze in Echtzeit und automatisiert an Werbetreibende verkauft. Grundlage dafür sind personenbezogene Daten der Internetnutzerinnen und -nutzer, die im Zuge des Programmatic Advertising an die mitbietenden Stellen übermittelt werden. Das widerspreche nicht nur den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der Datenschutzgrundverordnung DSGVO, sondern torpediere auch die Privatsphäre der Betroffenen.
Die Beschwerdeführer stammen aus Rumänien, Portugal, Kroatien, Malta, Griechenland und Zypern und koordinieren sich in einem Konsortium, das von der Civil Liberties Union for Europe, der Open Rights Group und der Panoptykon Foundation angeführt wird. „Real-Time-Bidding ist der Felsboden, auf dem das Geschäft der Onlinewerbung baut. Es ist aber auch Missbrauch der Privatsphäre“, sagt Orsolya Reich von der Civil Liberties Union for Europe in einem Statement. „Die DSGVO ist seit 2018 in Kraft und es ist genau ihr Sinn und Zweck, den Leuten mehr Einfluss darüber zu geben, was online mit ihren Daten geschieht.“
Bisher keine Konsequenzen durch die EU
Es ist nicht das erste Mal, dass bei der EU Beschwerden über das Real-Time-Bidding eingehen. Bereits 2018 und 2019 wurde die Praxis europaweit kritisiert; zu nennenswerten Regulierungen oder Konsequenzen ist es bisher nicht gekommen. In Irland wurden 2019 zwar Ermittlungen gegen Google aufgenommen. Auch in Belgien gab es eine Untersuchung, die ergab, dass es eventuell im Oktober zu Verstößen gekommen sein könnte. Herausgekommen ist dabei bisher nichts; erst im kommenden Jahr soll es ein abschließendes Urteil zum „Transparency and Consent“-Framework des IAB Europe geben.
Google selbst und das IAB sehen freilich keinen Anlass für die Beschwerden. Google verwies im vergangenen Jahr auf die „strengen Grundsätze und Standards“ seiner Systeme, das IAB erklärte, die eigene Technik sei „fundamental missverstanden“ worden.