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Halls of Torment: Wie ein deutsches Indie-Spiel durch den Launch von Diablo 4 zum Hit wurde

Indie-Studios haben es nicht leicht: Setzen sie auf vorhandene Trends oder finden sie lieber die Nische? Das deutsche Studio Chasing Carrots hat sich für Ersteres entschieden – und durch den Launch von Diablo 4 sogar Aufwind bekommen.

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Die Zahlen direkt vorweg: Halls of Torment des deutschen Indie-Studios Chasing Carrots hat sich bisher schon knapp 800.000 Mal verkauft. Bei einem durchschnittlichen Preis von etwa vier Euro und 30 Prozent Gebühr der Verkaufsplattform Steam macht das einen Umsatz von etwa 2,2 Millionen Euro. Gekostet hat die Produktion des Spiels 240.000 Euro. Das macht: einen gigantischen Erfolg, mit dem laut Paul Lawitzki von Chasing Carrots so auch niemand gerechnet hat.

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Der Erfolg des Spiel kam trotzdem nicht durch reinen Zufall – auch wenn der eine große Rolle gespielt hat. Die Zutaten für diesen Publikumshit hat das Studio sehr bewusst gewählt. Und am Ende waren es dann der Launch von Diablo 4 und ein großer Streamer, die das Spiel zum Hit machten.

Mit dem Trend gehen

Halls of Torment ist eine Mischung aus zwei erfolgreichen Genres. Sogenannten Survivor-Likes, die sich an den Genrekönig Vampire Survivors anlehnen, und den Klassik-RPG wie Diablo. „Wir wollten einmal keine Experimente machen, sondern mit dem Trend gehen“, sagt der Game-Designer und Programmierer Lawitzki. Das letzte Spiel des Studios, Good Company, hatte nicht den erwünschten Erfolg gebracht und so habe man unter dem Druck gestanden, aus dieser finanziellen Talfahrt wieder herauszufinden.

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„Dennoch wollten wir unseren eigenen Spin“, sagt Lawitzki. Der sei in diesem Fall die Optik gewesen: vorgerenderte Hintergründe, wie in den frühen Teilen von Diablo. Zusammen mit bekannten Spielmechaniken – Top-Down-Ansicht, Charaktere mit Werten, Monster, die sich auf die Spielfigur zubewegen – sollte so ein leicht zu verstehendes Spiel entstehen. „Die Leute sollten Screenshots und Trailer sehen und sofort erkennen, um was für ein Spiel es sich handelt.“

Eine Mischung aus Vampire Survivors und Diablo soll Halls of Torment sein – und traf damit direkt ins Schwarze. (Screenshot: Chasing Carrots)

Die Entwicklung habe sich wie ein langgezogener Game-Jam angefühlt. Nur etwa sieben Monate hat es vom Prototyp bis zur Demo gebraucht, die im März 2023 auf Steam erschienen ist. „Mit einer eigenen Steam-Page. Das ist wichtig, da man diese kostenlose Version so viel besser bewerben kann“, sagt Lawitzki. In dieser Demo-Version war eigentlich schon das ganze Spiel abgebildet, nur mit deutlich geringerem Umfang: drei Charaktere und zwei Level. Dennoch hätten einige Spieler schon über 40 Stunden in dieses Spiel gesteckt.

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Die Early-Access-Version erschien dann im Mai 2023. Derzeit ist die Version 1.0 für Mitte 2024 geplant.

Neue Engine, neue Features

Ausschlaggebend für das zügige Vorankommen in der Entwicklung des Spiels sei auch die Engine gewesen. Für Halls of Torment ist das Studio von Unity zu der Open-Source-Engine Godot gewechselt. Ausschlaggebend dafür seien drei Gründe gewesen: das Abo-Modell von Unity, der Börsengang des Unternehmens und dann der Zusammenschluss mit Ironsource, einem Unternehmen, das sich auf die Monetarisierung von Apps spezialisiert hat. „Für uns waren das Red Flags. Es scheint Unity inzwischen weniger um die Engine und mehr um Werbung zu gehen“, so Lawitzki.

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Schon in Game-Jams hatten die Entwickler von Chasing Carrots die Godot-Engine ausgetestet, sodass die Umstellung für die Produktion von Halls of Torment nicht sonderlich groß gewesen sei. Im Gegenteil, man habe sogar äußerst nützliche Features entdecken können. „Godot verwendet GDScript als Sprache, hat aber Konstrukte, die einem das Leben sehr viel leichter machen und die Prozesse beschleunigen.“ Dazu gehöre etwa, dass Godot Co-Routines einfacher als andere Engines abspielen kann, mit denen Abläufe beschleunigt oder auch Code pausiert werden kann. „Das ist absolut nicht trivial“, so Lawitzki. Normalerweise müsse sowas sonst händisch gemacht werden. „In Unity musste man viel mehr Code schreiben, um Co-Routines zu verwenden.“

Streamer und Diablo 4

Von Anfang an sei das Spielprinzip selbst die eigentliche Werbemaßnahme gewesen. Keine Marketingkampagne, sondern das Wissen, dass dieses Spielprinzip gerade angesagt ist – und man sich mit dem eigenen Spin abheben könne. Dennoch gab es zwei Entscheidungen, die den Erfolg schließlich doch ordentlich angekurbelt haben. Die Erste war, das Spiel auf der Plattform Keymailer anzubieten. Darüber können Studios ihre Spiele an Streamer und Streamerinnen vermitteln. Zusammen mit Erklärungstexten, um was für ein Spiel es sich handelt, und Screenshots sowie Trailern landen diese Keys dann in den Postfächern bekannter Influencer.

Der US-Amerikanische Streamer Asmogold war der erste große Influencer, der Halls of Torment aufgegriffen hat. Mit dem recht eindrücklichen Titel: Dieses Spiel hat mein Leben verändert. Danach sei das Spiel geradezu „explodiert“, sagt Paul Lawitzki von Chasing Carrots.

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Die Serie „Kleine Studios, große Wirkung“
Der Games-Markt ist hart umkämpft. Studios, die über kein gigantisches Marketing-Budget verfügen, müssen oft andere Wege finden, um mit wenig Geld ihr Publikum zu erreichen. In dieser Serie wollen wir kleinere Videospiel-Studios vorstellen, die auf kreative Art ihre Spiele bewerben; die neue Kanäle nutzen, gekonnt mit Influencern zusammenarbeiten oder durch geschicktes „Word of Mouth“-Marketing zum Erfolg gefunden haben. Hier geben sie Tipps, wie auch mit wenig Geld ein gutes Spiel bekannt werden kann. Alle Artikel der Serie findet ihr hier.

Die zweite Entscheidung war eine strategische: Wann soll das Spiel erscheinen? „Ich hatte erst Angst, dass wir durch den Release von Diablo 4 total untergehen werden.“ Doch das Gegenteil stellte sich als richtig heraus. Das Studio entschied sich, Halls of Torment zwei Wochen vor Diablo 4 zu veröffentlichen – in der Hoffnung, dass Fans vor dem Release schon nach Spielen suchen werden, die sich wie das RPG spielen. „In vielen Bewertungen wurde unser Spiel immer wieder mit Diablo verglichen. Es vor Diablo 4 zu veröffentlichen, war also genau richtig“, so Lawitzki.

Anstatt den großen Titel zu fürchten, hat das kleine Studio also die Publicity genutzt, um das eigene Spiel mit ins Spotlight zu zerren. Auch der eher umstrittene Launch von Diablo 4 dürfte Halls of Torment eher geholfen als geschadet haben. Timing ist eben alles, besonders im Indie-Bereich. Derzeit arbeitet das Studio an der Fertigstellung des Spiels. Was danach kommt, ist noch nicht ganz raus. Derzeit sieht es aber so aus, als würde man sich weiterhin auf das Survivor-Genre konzentrieren wollen. „Wir haben uns da jetzt einen Namen gemacht. Das wollen wir weiter nutzen.“

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9 Aufgaben in Videospielen, die fast alle Entwickler:innen hassen Quelle: Shutterstock/Cast Of Thousands

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