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Humanoide Roboter als Arbeitskräfte: Warum ihr breiter Einsatz noch auf sich warten lässt

Investor:innen und Prognosen sehen humanoide Roboter bereits auf dem Vormarsch in den globalen Produktions- und Lagerhallen. Robotiker:innen sind skeptischer, doch man sollte ihre Beharrlichkeit und Geduld nicht unterschätzen.

Von MIT Technology Review Online
5 Min.
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Humanoide Roboter können schon viel. Aber taugt das für den breiten Einsatz in der Industrie? (Bild: Dall-E / t3n)

Als Daniela Rus, eine der weltweit führenden Expertinnen für KI-gesteuerte Roboter, Anfang Mai auf einer Bostoner Robotikmesse sprach, war der Saal voll. In ihrem Vortrag räumte sie mit der Vorstellung auf, dass sich in den Produktions- und Lagerhallen der Welt bereits riesige Flotten von humanoiden Robotern nützlich machen.

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„Humanoide sind meist nicht intelligent“

Das klingt zunächst überraschend. Seit Jahren lassen sich Roboter dank KI viel schneller trainieren, worauf Investor:innen mit fieberhafter Aufregung reagiert haben. Figure AI, ein Startup, das humanoide Allzweckroboter für Privathaushalte und die Industrie bauen will, steht vor einer Finanzierungsrunde in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar, und es gibt kommerzielle Versuche mit Humanoiden bei Amazon und Autoherstellern. Die Bank of America geht davon aus, dass sich diese Roboter bald durchsetzen und bis 2050 eine Milliarde Humanoide am Arbeitsplatz sein werden.

Doch Rus und viele andere auf der Messe waren der Meinung, dass derlei Prognosen einfach nicht gerechtfertigt sind. „Humanoide sind meist nicht intelligent“, sagte sie. Rus zeigte ein Video von sich selbst, in dem sie mit einem fortgeschrittenen Humanoiden sprach, der problemlos ihre Anweisung befolgte, eine Gießkanne zu nehmen und eine Pflanze in der Nähe zu gießen. Das war noch beeindruckend. Als sie ihn jedoch bat, ihren Freund zu „gießen“, dachte der Roboter nicht daran, dass Menschen nicht wie Pflanzen gegossen werden müssen, und machte sich daran, die Person zu begießen. „Diesen Robotern fehlt der gesunde Menschenverstand“, sagte Rus.

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Humanoide brauchen eine Menge Energie

Auch Pras Velagapudi, Chief Technology Officer von Agility Robotics, sieht die physischen Grenzen, die auch sein Unternehmen überwinden muss. Um stark zu sein, braucht ein Humanoid eine Menge Energie und eine große Batterie. Je stärker und schwerer er ist, desto weniger Zeit kann er ohne Aufladung laufen und desto mehr muss man sich um die Sicherheit kümmern. Außerdem ist die Herstellung eines solchen Roboters sehr komplex.

Einige beeindruckende humanoide Demos überwinden diese grundlegenden Beschränkungen nicht so sehr, sondern weisen andere beeindruckende Eigenschaften auf: flinke Roboterhände zum Beispiel oder die Fähigkeit, sich mit Menschen über ein großes Sprachmodell zu unterhalten. Aber diese Fähigkeiten lassen sich nicht unbedingt gut auf die Aufgaben übertragen, die Humanoide übernehmen sollen. Es ist zum Beispiel sinnvoller, eine lange Liste detaillierter Anweisungen zu programmieren, die ein Roboter befolgen soll, als mit ihm zu sprechen.

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Das soll nicht heißen, dass Flotten von Humanoiden niemals an unseren Arbeitsplätzen Einzug halten werden. Vielmehr wird die Einführung der Technologie wahrscheinlich langwierig, branchenspezifisch und langsam sein. Das hängt mit Folgendem zusammen: Für Menschen, die KI als „normale“ Technologie betrachten und nicht als utopische oder dystopische Technologie, macht das alles Sinn. Die Technologie, die sich in einer isolierten Laborumgebung durchsetzt, wird ganz anders aussehen als die Technologie, die in großem Maßstab kommerziell eingesetzt wird.

Wie weit geht der Einsatz von Robotern bei BMW?

All dies bildet die Grundlage für die Finanzierungsnachricht von Figure AI, einem der größten Namen in der Robotik. Gründer Brett Adcock behauptete im März auf X, dass das Unternehmen die „begehrteste private Aktie auf dem Sekundärmarkt“ sei. Adcock hat Videos von Figure-Robotern gezeigt, die für den Autohersteller BMW Teile bewegen, und behauptet, dass der Start der Partnerschaft nur zwölf Monate gedauert hat. Adcock und Figure antworten in der Regel nicht auf Medienanfragen und machen auch nicht die Runde auf den üblichen Robotermessen.

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Im April zitierte das Magazin „Fortune“ in einem Artikel einen BMW-Sprecher, der behauptete, die Partnerschaft der beiden umfasse weniger Roboter in kleinerem Umfang als von Figure angegeben. Am 25. April teilte Adcock auf Linkedin mit, dass „der Rechtsbeistand von Figure alle verfügbaren Rechtsmittel – einschließlich, aber nicht beschränkt auf Verleumdungsklagen – aggressiv verfolgen wird, um die eklatanten Falschaussagen in der Veröffentlichung zu korrigieren.“

Auch der Autor des Fortune-Artikels hat auf die Bitte um einen Kommentar nicht reagiert, und ein Stellvertreter von Adcock und Figure lehnte es ab, zu sagen, welche Teile des Artikels ungenau waren. Der Vertreter verwies mich an die Erklärung von Adcock, die keine Einzelheiten enthält.

Der größte Markt für Robotik, die die Welt je gesehen hat

Abgesehen von den Besonderheiten von Figure ist dieser Konflikt sehr bezeichnend für die Situation, in der sich der Technologiebereich befindet. Ein rasender Risikokapitalmarkt – beflügelt durch Aussagen wie die von Nvidia-CEO Jensen Huang, dass „physische KI“ die Zukunft sei – setzt darauf, dass Humanoide den größten Markt für Robotik schaffen werden, den die Branche je gesehen hat, und dass sie eines Tages im Wesentlichen in der Lage sein werden, die meisten körperlichen Arbeiten zu erledigen.

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Um dies zu erreichen, müssen jedoch zahlreiche Hürden überwunden werden. Es sind Sicherheitsvorschriften für Menschen nötig, die mit Humanoiden zusammenarbeiten werden, die noch gar nicht existieren. Der erfolgreiche Einsatz von Robotern in einer Branche, wie der Automobilindustrie, führt möglicherweise nicht zum Erfolg in anderen Branchen. Es bleibt zu hoffen, dass die KI auf dem Weg dorthin viele Probleme lösen wird. Das sind alles Dinge, bei denen Robotiker:innen mit gutem Grund skeptisch sind.

Nun sind Robotiker:innen normalerweise ein geduldiger Haufen. Der erste Roomba wurde mehr als ein Jahrzehnt nach seiner Entwicklung auf den Markt gebracht, und es dauerte mehr als 50 Jahre, bis der erste Roboterarm in Produktion ging und der millionste hergestellt wurde. Risikokapitalgeber:innen hingegen sind nicht gerade für ihre Geduld bekannt.

Prognosen für Roboter spaltet

Vielleicht ist das der Grund, warum die neue Vorhersage der Bank of America, dass sich Humanoide auf breiter Front durchsetzen werden, bei  Investor:innen auf Begeisterung, bei den Robotikern aber auf große Skepsis stieß. Aaron Prather, ein Direktor der Organisation für Robotiknormen ASTM, sagte kürzlich, die Prognosen lägen „völlig daneben“.

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Es scheint sich zu bestätigen, dass der Hype um Humanoide ein Kreislauf ist: Ein raffiniertes Roboter-Video weckt die Erwartungen der Investor:innen, was wiederum die Konkurrenz dazu anregt, noch raffiniertere Videos zu drehen. Das macht es für alle, inklusive Technikjournalist:innen, ziemlich schwer, den Vorhang zu lüften und herauszufinden, welchen Einfluss Humanoide auf die Arbeitswelt haben werden.

Der Artikel stammt von James O’Donnell. Er ist Redakteur bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review. O’Donnell schreibt regelmäßig über Hardware-, aber auch KI-Themen.

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