Marktplatz für Industriedaten: Manufacturing-X soll Produktionsstandort Deutschland stärken

Deutsche Industrieunternehmen wollen sich künftig untereinander vernetzen und Daten austauschen. Manufacturing-X lautet das Zauberwort, hinter dem eine Initiative von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik steckt.
Die Bundesregierung will das Projekt mit einer dreistelligen Millionensumme unterstützen. 150 Millionen Euro sollen bereitgestellt werden. Am heutigen Mittwoch (19. April 2023) stimmt der Bundestag darüber ab.
Ukraine-Krieg, Pandemie und Klimawandel erhöhen Handlungsdruck
„Resiliente und nachhaltige Wertschöpfungsnetzwerke einer intelligent vernetzten Industrie sichern Wohlstand, Wettbewerbsstärke und zukunftsfähige Arbeitsplätze“, heißt es programmatisch in einem Paper, das der Lenkungskreis der Plattform Industrie 4.0 vertretenen Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften und Wissenschaftsorganisationen veröffentlicht hat. Die Plattform Industrie 4.0 wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung geleitet.
Die Initiative Manufacturing-X verspricht, schneller auf globale Veränderungen reagieren zu können und damit die Resilienz im Wettbewerb zu stärken. Globale Krisen der letzten Jahre haben laut den Verantwortlichen die Dringlichkeit für eine bessere Vernetzung gezeigt. Das Papier nennt die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg als Herausforderungen der letzten Jahre, die den Handlungsdruck erhöht hätten.
So änderten sich durch den Angriff Russlands auf die Ukraine beinahe über Nacht Lieferketten, unter anderem für Erdgas. Die Unternehmen und die Politik konnten nur schleppend darauf reagieren.
„Amazon für Industriedaten“: So funktioniert Manufacturing-X
Unter dem Schlagwort Manufacturing-X soll nun eine Art Marktplatz für Industriedaten entstehen. Unternehmen stellen darin etwa digitale Datenblätter bereit und stellen Informationen zu Lieferketten und ökologischem Fußabdruck zur Verfügung.
Die Daten können wiederum von anderen Konzernen gekauft werden. Das Urheberrecht verbleibe aber beim jeweiligen Anbieter. Industrieunternehmen profitieren schließlich von Informationen, die nicht frei verfügbar im Internet kursieren und dort beispielsweise von künstlichen Intelligenzen ausgelesen werden können.
Man müsse sich dies wie „eine Art Amazon für Industriedaten“ vorstellen, zitiert die Welt Gunther Kegel, Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). Gemeinsam mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und dem Digitalverband Bitkom soll ZVEI das Netzwerk umsetzen.
Großkonzerne und Mittelstand auf Augenhöhe?
Auf dem digitalen Marktplatz sollen sich große Player und kleinere Mittelständler auf Augenhöhe begegnen – zumindest auf dem Papier. Experten fürchten jedoch, dass sich gerade kleine Akteure nicht trauen könnten, ihre Geheimnisse preiszugeben.
Adressaten von Manufacturing-X sind Unternehmen aus Maschinenbau, Elektroindustrie, Chemiekonzerne oder die Lebensmittelindustrie. Auch die Automobilindustrie ist vertreten. Die für die deutsche Wirtschaftsidentität so wichtige Branche ist bereits untereinander vernetzt. Catena-X heißt der dortige Zusammenschluss, der ein Vorbild für Manufacturing-X war.
Europäische Erweiterung als nächster Schritt
Manufacturing-X soll aber kein rein wirtschaftspolitisches Instrument zur Abschottung der deutschen Industrie sein. Die Initiatoren dachten von Anfang an europäisch und global. Länder wie Frankreich, Italien und die Niederlande stehen zur Einbindung bereit.
In Europa gibt es bereits das Projekt Gaia-X für eine gemeinsame Dateninfrastruktur. Die 2019 vorgestellte Initiative war ein Vorbild für Manufacturing-X