Die Zukunft von Tiktok in der Werbewelt: Gespräch mit Thomas Wlazik

Tiktok ist als Plattform für Lypsync- und Tanzvideos bekannt geworden. (Bild: Daniel Constante / Shutterstock)
Was macht Tiktok eigentlich für Unternehmen in puncto Werbung attraktiv? Und wie geht das Unternehmen mit negativen Schlagzeilen um? Diese und weitere Fragen hat Thomas Wlazik, Tiktok-General Manager Global Business Solutions DACH/NL, im Gespräch mit t3n beantwortet.
t3n: „Don’t make Ads. Make Tiktoks“, heißt es auf der Business-Seite. Was unterscheidet Tiktoks von klassischen Werbevideos?
Thomas Wlazik: Tiktok hat einen eigenen Stil und auch eine eigene Art von Sprache. Sehr stark ausgeprägt ist zudem die Kreativität und dass alle Nutzer:innen sehr authentisch auftreten. Am erfolgreichsten sind die, die sie selbst sind. Und das macht auch Werbung auf der Plattform so besonders. Die Marken müssen diese Eigenschaften ein Stück weit beherzigen, von selbst auferlegten Beschränkungen absehen. So entsteht eine authentische Version und die Möglichkeit, Inhalte abseits vom klassischen Hochglanzwerbevideo zu spielen.

Thomas Wlazik ist General Manager Global Business Solutions DACH/NL bei Tiktok. (Foto: Viktor Strasse)
t3n: Sie sagen, die Marken müssten das „beherzigen“. Was meinen Sie damit konkret?
Ein sehr guter Weg, um das zu tun, ist mit Creator:innen zusammenzuarbeiten. Das ist auch gut, um den richtigen Ton auf der Plattform zu finden. Unternehmen sollten also Creator:innen finden, die zu ihnen und den eigenen Zielen sowie Kampagnen passen.
t3n: Und wie findet ein Unternehmen den passenden Creator?
Da würde ich nicht nur auf die Reichweite gehen. Der größte Mehrwert besteht darin, jemanden zu haben, der die richtige Ansprache für die eigene Zielgruppe hat. Dazu gehört dann auch, der:dem Creator:in den nötigen Freiraum zu lassen. Klar kann das Unternehmen Do’s and Dont’s vorgeben, aber die größte Chance ist, Creator:innen authentisch sein zu lassen.
t3n: In der konkreten Umsetzung: Wie komme ich als Unternehmen dann an den Creator heran?
Da gibt es drei Arten. Erstens kann ich über den Tiktok Creator Marketplace eine:n Creator:in nach verschiedenen Kriterien aussuchen. Zweitens haben wir auch ein Team, das für größere Kampagnen passende Creator:innen finden kann. Und drittens gibt es auch noch Partneragenturen, die Unternehmen dabei helfen können.
t3n: Immer wieder gerät Tiktok auch in die Schlagzeilen, jüngst, als von der Zensur von Begriffen wie „Auschwitz“ oder „schwul“ berichtet wurde. Das kann für Unternehmen abschreckend wirken. Wie überzeugen Sie diese, dennoch auf der Plattform zu werben?
Natürlich wird da seitens der Unternehmen nachgefragt. Das ist generell bei allen Plattformen so, wir werden an einem sehr hohen Standard gemessen und das ist auch gut so. Es ist ja so, wir haben sehr transparente Community-Richtlinien und es gibt Themen, die wir nicht auf der Plattform haben möchten. Dazu gehört auch Hassrede. Da können leider Begriffe auftauchen, die auf sehr unterschiedliche Art und Weise genutzt werden. Die Bedeutung eines Begriffs hängt oftmals vom Kontext ab – beispielsweise kann das Wort „schwul“ positiv aber leider auch negativ, sogar beleidigend benutzt werden. Hier müssen wir besser differenzieren und einen nuancierteren Ansatz finden.
t3n: Was hat Tiktok denn daraus gelernt?
Wir haben gelernt, dass wir gezielt in die Moderation der Begriffe durch Menschen investieren. Das heißt Menschen, die wir sehr gut schulen, schauen sich die Begriffe im Kontext an.
t3n: Zurück zu den Unternehmen: Wie gehen Sie mit diesen Schwierigkeiten um?
Wir führen dann Gespräche mit den Marken. Von Anfang an war das Thema User- und Brand-Safety bei uns Priorität Nummer 1. Da haben wir den Anspruch, alles richtig zu machen. Für Unternehmen haben wir dazu beispielsweise die Möglichkeit in Kampagnen die Brand-Safety zu verifizieren, auch durch Drittanbieter wie IAS oder ZEFR. Zudem besteht auch die Möglichkeit, bestimmte Themenbereiche für die eigene Werbung auszuschließen. Ein aktuelles Beispiel ist da der Ukraine-Krieg: Wir moderieren hier entsprechend unserer Community-Guidelines und manche Tiktoks bleiben auch zu Dokumentationszwecken auf der Plattform. Gleichzeitig gibt es aber den legitimen Wunsch durch Marken, im Umfeld bestimmter Themen nicht erscheinen zu wollen – dem tragen wir mit diesen sogenannten „1st-party Brand Safety Filtern“ Rechnung.
t3n: Tiktok will ja nicht nur große Unternehmen für Werbung auf der Plattform haben – ein Fokus liegt auch auf kleinen und mittelständischen Unternehmen, kurz KMU. Wie wollen sie besonders KMU für Tiktok begeistern?
Über unseren Tiktok-Ads-Manager machen wir es Unternehmen sehr einfach, Kampagnen inklusive der Creatives selbst zu erstellen. Wir sehen, dass das Thema Kreativität demokratisiert wird, es gibt bei Tiktok eine relativ geringe Eintrittshürde. Das ermöglicht zum Beispiel, die richtige Zielgruppe kosteneffizient zu erreichen. Zudem können kleine Unternehmen direkt mit ihrem Smartphone selbst Inhalte erstellen. Natürlich kann auch bestehendes Videomaterial verwendet werden. Außerdem investieren wir in Partnerschaften wie mit Shopify, durch die kleinere E-Commerce-Anbieter sehr einfach und gezielt Tiktok-Kampagnen schalten können.
t3n: Wie werden KMU konkret unterstützt?
Wir bieten immer mehr Online-Trainings, um zu vermitteln, wie Tiktok funktioniert. Dazu geben wir auch Support, auch bei Kampagnen.
t3n: Wenn KMU nicht selbst produzieren wollen: Was kostet beispielsweise eine Kooperation mit einem Creator?
Das bewegt sich teilweise im dreistelligen Bereich, da gibt es Creator:innen die das super machen.
t3n: Neu bei Tiktok ist der „Creator Fund“: Was ist der Gedanke dahinter?
Den Creator Fund gibt es tatsächlich schon seit einiger Zeit – Ziel ist es, Creator:innen bewusst zu fördern und sie auch finanziell am Erfolg der Plattform teilhaben zu lassen. Wir entwickeln unsere Angebote in diese Richtung weiter – wie mit „Tiktok Pulse“. Dafür kuratieren wir gezielt erfolgreiche Creator:innen, ermöglichen es Werbetreibenden in deren Umfeld zu werben und können die Werbeeinnahmen mit den Creator:innen teilen – da wir so in der Lage sind, die Einnahmen zuzuordnen.
t3n: Wie will Tiktok in Zukunft für Marketing von Unternehmen noch relevanter werden?
Wir werden weiter in die Plattform investieren, und auch in die Kundenberatung. Wir wollen inhaltliche Produkte die wirklich zu der Plattform passen und positiv auf das Nutzer:innenerlebnis einzahlen. Gleichzeitig legen wir auf eine Diversifizierung der Nutzer:innen wert, wir wollen also noch mehr Nutzer:innengruppen ansprechen. Dafür fördern wir inhaltlich diverse Creator:innen, Partnerschaften wie die mit der UEFA Women’s Euro 2022 oder auch neue Bands auf der Plattform. Neben dem Ausbau der Werbelösungen für Brand-Marketing legen wir gerade einen starken Fokus auf das Thema Performance-Marketing. Hier gibt es heute schon Lösungen für Ziele entlang des gesamten Marketing-Funnels wie Collection-Ads für E-Commerce, Lead-Gen-Anzeigen oder fortgeschrittene Lösungen für die Bewerbung von Apps. Insbesondere für den Bereich E-Commerce wird es zeitnah weitere Innovationen geben – es bleibt also spannend.