
Es gibt Arbeitgeber, die bauen sich Rutschen ins Gebäude, damit ihre Angestellten mehr Freude bei der Arbeit haben. Andere organisieren Thementage, an denen die Kollegen verkleidet ins Büro kommen. Ein Kickertisch im Pausenraum ist inzwischen so normal wie der Wasserkocher in der Teeküche. Dieser verordnete Spaß hat natürlich einen Grund: Wer seinen Arbeitsplatz liebt, arbeitet besser – und vielleicht sogar länger. Doch all das kann nicht davor hinweg täuschen, dass hinter der Fassade oftmals hoher Druck, unbezahlte Überstunden, unkreatives Treiben und intrigantes Verhalten im Team stattfinden. Büro ist Krieg, heißt es so schön.
Bis zu einem bestimmten Grad ist so etwas auch normal. Es gibt immer mal Phasen, in denen viel Arbeit aufpoppt. Und es gibt immer mal Kollegen, die es übertreiben beim Erreichen ihrer persönlichen Ziele. Man ist erst dann richtig erwachsen, wenn man auch Konflikte erwachsen löst. Manchmal muss man einfach nur für sich einstehen. Schwierig wird es jedoch, wenn der Job einem gar keine Freude mehr bringt. Wenn der Weg zur Arbeit nur noch mit Frust gepflastert ist. An dem Tag, an dem ihr euren Job zu hassen beginnt, gerät auch euer Privatleben aus den Fugen. Der Feierabend wird zu Zitterpartie: „Ich will da nicht mehr hin!“.
Zwei Drittel der Deutschen finden ihren Job scheiße

Wer seinen Job hasst, sollte lieber kündigen. (Foto: Shutterstock-Fizkes)
Eine Umfrage des Karriere-Netzwerks Linkedin ergab, dass gut zwei Drittel aller Deutschen ihren Job scheiße finden. Dennoch zögern viele der Berufstätigen lange, bis sie den Entschluss fassen, zu kündigen – im Schnitt dauert es satte elf Monate, bis Betroffene überhaupt einen Wechsel in Betracht ziehen. Die Gründe sind jedoch nicht etwa in Unsicherheiten des Arbeitsmarktes zu finden. Oder darin, dass die Unzufriedenen zu faul sind, nach etwas Neuem zu suchen. Die Erklärung für die Untätigkeit liegt vielmehr in schleichenden Selbstzweifeln. Man denkt, woanders könne man nicht bestehen.
„Viele machen sich selbst klein. In der Folge flüchten sie sich in andere Gedanken. Versuchen, ihre Gefühle zu kaschieren.“
Vor allem drei Dinge, die die Befragten zu jeweils gleichen Teilen gewichtet haben, sind die Grundlage für das fehlende Selbstvertrauen: der Glaube, zu wenig Berufserfahrung zu haben, die Einschätzung, dass andere Mitbewerber sowieso besser sind als man selbst, und die Angst, dass man das Verlassen der eigenen Komfortzone schon wenig später bereuen könnte. Viele machen sich also selbst klein. In der Folge flüchten sie sich in andere Gedanken. Versuchen, ihre Gefühle zu kaschieren. Und dennoch: Man verbringt so viel Zeit auf der Arbeit, dass allein die Flucht nach vorne wirklich Abhilfe leisten kann.
Die gute Nachricht ist, dass sich das mit dem Alter ändert. Während knapp die Hälfte der 18- bis 34-Jährigen wegen mangelnden Selbstvertrauens bereits auf eine Bewerbung verzichtet hat, sind es in der Altersgruppe der 35- bis 54-Jährigen nur noch halb so viele Betroffene und bei den über 55-Jährigen nur noch ein verschwindend geringes Sechstel. Die schlechte Nachricht ist jedoch auch, dass ihr euch – sofern ihr dazu zählt –, gerade in den jungen Jahren viel kaputt macht, wenn ihr motivationslos in einem Job rumdümpelt, der euch dazu auch noch ausbrennt. Die ersten sind häufig auch die besten Jahre.
Denn selten geht man so unvoreingenommen an neue Herausforderungen heran wie zu Beginn der Karriere. Allzu große Verantwortung trägt man meist noch nicht. Junge Männer und Frauen können sich allein von ihrer Neugierde leiten lassen. Mit jeder neuen Aufgabe geht die Lust, zu lernen, einher. Wer liebt, was er tut, tut das mit 120 Prozent. Das geht natürlich auch später noch als gestandene Führungsfigur, dennoch verschieben sich die Blickwinkel mit der Zeit. Wer jung ist, ist zunächst mal nur sich selber etwas schuldig. Es gibt keine Grenzen. Weder für Gedanken, noch für Gefühle.
Es ist allein die Angst, die Grenzen setzt. Sie ist der Grund dafür, dass Menschen ihren Job nicht kündigen, obwohl sie ihn hassen. Die Angst davor, persönlich zu scheitern. Ein Trick, um aus dieser Negativspirale herauszukommen, ist, die schlechten Gedanken in gute umzuwandeln. Psychologen nennen das auch Reframing. Um zu veranschaulichen, was damit gemeint ist, lohnt sich der Blick auf ein Zitat von Erich Kästner, der da sagte: „Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Fantasie!“. Ein beruhigender Satz. Denn er drückt aus, das in allem Bösen auch etwas Gutes schlummert. Wer will denn schon fantasielos sein?
Selbstzweifel: Ihr müsst eure Ängste umwandeln
Sich mit dieser Methode aufzubauen, braucht sicher Übung. Jedoch ist sie enorm effektiv. Als mir einmal ein Arbeitgeber aufgrund einer finanziellen Schieflage gekündigt hat, stand ich vor einer ähnlichen Entscheidung: Suche ich mir einen festen Job oder mache ich mich selbstständig? Ich war damals noch sehr jung. Der besagte Job war sozusagen mein erster. Jeder einzelne aufgezählte Grund für Selbstzweifel ging mir durch den Kopf – zu wenig Erfahrung, andere können deinen Job besser und die Entscheidung könntest du bereuen. Und dann sagte ich mir: „Ja, kann sein. Aber selbst wenn ich scheitere. Die Erfahrungen nimmt mir keiner mehr!“.
Ich habe die Angst umgewandelt in etwas, das mich sogar angefixt hat und aus einer unangenehmen Situation heraus eine konstruktive Entscheidung getroffen, die ich im Übrigen nie bereut habe. Mehrere Jahre hab ich frei gearbeitet. Es war anstrengend, aber auch erfüllend. Es hat mir Spaß gemacht, mich durchzubeißen. Zu lernen, wie man sein eigenes kleines Geschäft hochzieht. Ich habe nicht nur meine fachlichen Fähigkeiten verbessert, sondern auch noch gelernt, wie ich meine Finanzen organisieren und Netzwerke spinnen kann. Mein Gott, rückblickend betrachtet, war das schon eine ziemliche geile Zeit in meinem Berufsleben.
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Und mit diesem – hoffentlich Mut machenden – Szenario, will ich euch Leser jetzt entlassen. Der Grund, warum ihr nicht kündigt, obwohl ihr euren Job hasst, ist zumindest identifiziert. Einen Lösungsvorschlag kennt ihr jetzt auch. Abnehmen kann euch die Entscheidung niemand. Doch zu versuchen, auch mal die Perspektive zu wechseln, wird dazu führen, dass ihr euch und eure Situation plötzlich ganz anders seht. Wer sich infrage stellt, bekommt auch eine Antwort. So viel steht fest. Am besten fließt die Antwort aber auch schon in die Fragestellung mit ein. Oder anders gesagt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
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