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Interview
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Stack-Overflow-Gründer Joel Spolsky: „Niemand sollte jemals irgendwas in C coden“

Die größte Plattform rund um Programmierer-Fragen, Stack Overflow, ist laut dem Gründer Joel Spolsky in erster Linie ein Haufen „geklauter Ideen“ – aber sehr erfolgreich. Spolsky erklärt, was gerade angesagt ist und was den aktivsten User der Community antreibt.

Von Stephan Dörner
7 Min. Lesezeit
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Joel Spolsky, Gründer von Stack Overflow. (Foto: Stack Overflow)

Wer programmiert, kennt und nutzt Stack Overflow – weil er zwangsläufig via Google auf Antworten zu Fragen und Problemen in der Programmierer-Community stößt, die er selbst hat. Gründer Joel Spolsky ist mit seinem Blog Joel on Software ein Star unter Programmierern und von 1991 bis 1994 als leitender Mitarbeiter maßgeblich an der Programmierung von Microsoft Excel beteiligt gewesen. Auf der „We are Devolopers“-Konferenz in Wien haben wir ihn zum Interview getroffen.

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t3n.de: Wenn es einer wissen muss, dann du: Welche Programmiersprachen sind gerade angesagt – und welche steigen ab?

Joel SpolskyDas größte Wachstum haben Javascript und Python. Natürlich gibt es auch starkes Wachstum bei einigen kleineren Programmiersprachen wie Go und Rust. Javascript ist interessant, weil es im Browser begann und man dort keine andere Wahl hatte. Daher musste fast jeder zumindest ein bisschen Javascript können. Mit Node.JS ist Javascript auch für die Server-Seite sehr beliebt geworden. Und Python ist sehr beliebt geworden, weil es sich so gut für Machine Learning und große Datenmengen eignet. Daher kommt das explosive Wachstum bei Python.

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t3n.de: Und was verliert an Beliebtheit?

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Ich weiß nicht, ob irgendetwas wirklich runtergeht. Die älteren Sprachen verlieren langsam an Popularität, sei es Java oder Visual Basic.

„Selbst Anhänger beschreiben C als Programmiersprache ‚ohne Sicherheitsgurt‘.“

t3n.de: Was ist mit C und C++?

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Diese Sprachen werden heute nur noch für sehr spezifische Bereiche eingesetzt. Meistens handelt es sich um alten Code, der weiter gepflegt werden muss. Ich bin ein großer Fan von C – aber ich bin der Meinung, niemand sollte jemals irgendwas in C coden. Es ist einfach nicht möglich, C in sicherer Weise zu nutzen. Selbst Anhänger beschreiben C als Programmiersprache „ohne Sicherheitsgurt“.

t3n.de: Es gibt trotzdem große Fans von C – Linux-Gründer Linus Torvalds zum Beispiel. Er schätzt wahrscheinlich, dass C immer noch relativ maschinen-nah ist.

Ja, es geht um solche Dinge – und ich persönlich liebe es, in C zu programmieren, weil man komplett versteht, was passiert. Alles, was passiert, ist in irgendeiner Form im Code manifestiert, auf den du schaust, während in fast jeder modernen Programmiersprache „Magie“ eingebaut ist, die man in den eigentlichen Code-Zeilen nicht sieht. Ich mag C, aber es kann nicht sicher in größeren Projekten verwendet werden. Und es ist unsicher aus Gründen, die heute nicht mehr notwendig sind.

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„Jedes Unternehmen hat inzwischen verstanden, dass es ein Software-Unternehmen ist – egal, aus welcher Branche es kommt. Den Wettbewerbsvorteil verschafft man sich durch Software.“

t3n.de: Wie kamst du auf die Idee, Stack Overflow zu gründen?

Ich glaube, in Stack Overflow stecken ungefähr neun Ideen. Die Idee der Fragen und Antworten, die Idee, die Antworten per Wahlsystem zu bewerten, die Idee der Reputations-Punkte als Motivation, die Idee der Tags – um zu identifizieren, welche Fragen zu welcher Technologie gehören – und es gibt die Idee von Google als der Startseite. Wir haben keine Startseite – du fragst etwas in Google und landest auf Stack Overflow. Und alle diese Ideen zusammen wurden Stack Overflow. Und letztlich waren das viele geklaute Ideen. Die Idee der Tags habe ich zum Beispiel zuerst bei Flickr gesehen, kam aber, glaube ich, ursprünglich von Delicious. Die Idee, Antworten zu bewerten, habe ich von Reddit. Alle diese Ideen kommen von anderen Seiten.

t3n.de: Wie verdient die Seite Geld?

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Stack Overflow repräsentiert die Developer-Community. Und ich glaube, jedes Unternehmen hat inzwischen verstanden, dass es ein Software-Unternehmen ist – egal aus welcher Branche es kommt. Den Wettbewerbsvorteil verschafft man sich durch Software, auch als Bank oder Entertainment-Firma. Und wie kommt man an Software? Du stellst Programmierer ein, du gibst ihnen Werkzeuge und du arbeitest mit Programmierern außerhalb der eigenen Firma zusammen – und diese drei Dinge sind die drei Geschäftsmodelle von Stack Overflow. Mit Stack Overflow Talent können Programmierer gefunden werden …

t3n.de: Und damit verdient ihr wahrscheinlich am meisten Geld?

Ja, das ist aktuell der größte Teil unseres Geschäfts. Die zweite Komponente, die immer noch die kleinste ist, aber am stärksten wächst, dreht sich darum, Programmierern Hilfsmittel an die Hand zu geben, um bessere Software zu schreiben. Der Grund, warum das immer noch der kleinste Teil des Geschäfts ist, ist schlicht der, dass das Hauptprodukt – die öffentlichen Fragen und Antworten – kostenlos sind. Kürzlich haben wir private Fragen eingeführt, die Geld kosten – und davon gibt es zwei Versionen: Stack Overflow for Enterprise für große Unternehmen mit mehr als 500 Entwickler und Stack Overflow for Teams für kleinere Teams unter 500 Mitgliedern. Und die dritte Komponente dreht sich um die Zusammenarbeit mit Programmierern außerhalb deiner Organisation, wenn du eine Plattform oder eine API hast. Und da geht es schlicht um Werbung auf unserer Seite – von Bannerwerbung bis Sponsored Content auf Stack Overflow, um die eigenen Produkte unter Programmierern zu bewerben.

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t3n.de: Was wisst ihr über die Nutzer, die Stack Overflow verwenden? Wie viele davon sind zum Beispiel weiblich?

Wir haben dazu keine verlässlichen Zahlen – aber es sind wahrscheinlich so acht bis zehn Prozent, wie in der weltweiten Programmierer-Community insgesamt. Wenn man sich aber anschaut, wer wirklich aktiv Fragen schreibt und beantwortet, sind Frauen nochmal stärker unterrepräsentiert, vielleicht fünf Prozent – und das ist ein Problem.

t3n.de: Was ist die beste Antwort, die je auf Stack Overflow gegeben wurde?

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In der Anfangszeit wurde – aus welchem Grund auch immer – eine Frage immer wieder gestellt: „Ich benötige eine Regular Expression, um HTML zu parsen.“ HTML ist keine Regular-Sprache und daher kann eine Regular Expression auch nicht genutzt werden, um HTML zu durchsuchen. Das wird niemals funktionieren. Als diese Frage wieder mal gestellt wurde, hat das einen unserer Nutzer in den Wahnsinn getrieben und er hat eine absolut witzige Antwort geschrieben. Er schrieb ein weiteres Mal, dass das nicht geht – aber er hörte einfach nicht auf und man merkt, wie er während des Schreibens immer mehr durchdreht – das ist superwitzig. Er verliert sozusagen immer weiter den Bezug zur Realität. Es ist das witzigste, was ich je im Internet gesehen habe. Die Antwort ist jetzt nicht so besonders nützlich – aber wir haben sie stehenlassen, weil sie so witzig ist. Natürlich ist sie nicht repräsentativ für eine Antwort auf Stack Overflow.

t3n.de: Und deine Lieblingsfrage?

„Wie schließt man Vim?“ – sie wird immer gestellt, wenn jemand aus Versehen den VI- oder Vim-Editor öffnet und verloren ist. Diese Frage hat bisher mehr als fünf Millionen Aufrufe. Eine weitere sehr gute und berühmte Antwort stammt von Jon Skeet. Die Frage war in etwa: „Hey, ich subtrahiere diese zwei Zeiten voneinander – zum Beispiel 17 Uhr und 16 Uhr – und das Ergebnis ist 53 Minuten. Was zur Hölle passiert hier?“. Und Jon Skeet antwortet: Das muss daran liegen, dass es das Jahr 1927 in Schanghai ist. Denn damals gab es dort eine Veränderung des Zeitzonen-Systems und alle haben die Uhren fünf Minuten und 52 Sekunden zurückgestellt. Das ist für mich die Schönheit von Stack Overflow: Es gibt Wissen, das nur eine winzige Untergruppe von Leuten hat – und dieses Wissen wird dann 18 Millionen Mal verbreitet, sodass es das Problem all dieser Leute löst. Diese Antwort zeigt ein so spezifisches Wissen, dass die Frage sehr viele Views und Upvotes bekommt. Natürlich in dem Fall nicht von Leuten, die dasselbe Problem haben, sondern einfach von Leuten, die einem solchen Spezialwissen applaudieren wollen.

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t3n.de: Welche Qualitätskontrollen gibt es bei Stack Overflow?

Es gibt verschiedene Levels von Qualität. Das niedrigste, das man sich vorstellen kann ist, dass jemand einfach mit seinem Kopf auf die Tastatur fällt und Buchstaben-Müll absendet – das wird sofort ausgefiltert. Eine der größten Innovationen von Stack Overflow ist für mich immer noch, dass wie die Qualität in skalierbarer Weise durch alle Nutzer sicherstellen. Unternehmen wie Tumblr, Facebook oder Youtube beschäftigen Tausende Menschen für diese Aufgabe. In manchen Fällen geht es dabei nicht einmal darum, Community-Standards durchzusetzen – die entfernen lediglich die illegalen Inhalte. Das ist kein schöner Job. Wenn du Zeit auf Stack Overflow verbringst und Reputation aufbaust, wirst du zum Moderator und bestimmst damit mit, was wir als Community erlauben und was nicht.

t3n.de: Welcher eurer User hat die meisten Fragen beantwortet?

Jon Skeet hat die meisten Reputationspunkte, er hat mehr als 34.000 Fragen beantwortet. Das sind in etwa 0,1 Prozent der Antworten des Portals. Er ist deutlich aktiver als der zweitaktivste Nutzer.

t3n.de: Hat er einen Job?

„Wir gehen davon aus, dass [Jon Skeet] dem Durchschnitts-Programmierer elf Mal geholfen hat.“

Er arbeitet für Google in London und wohnt in Reading. Reading liegt eine Zugstunde von London entfernt – und diese Zeit nutzt er, um Fragen auf Stack Overflow zu beantworten und Leuten zu helfen.

t3n.de: Zwei Stunden am Tag reichen also aus, um der aktivste User aller Zeiten zu sein?

Ja, er ist einer der wenigen Nutzer, die das Reputations-Limit jeden Tag erreichen. Wir haben ein Limit von maximal 100 Punkten, die man Tag erreichen kann. Das schafft er locker mit der Zugfahrt. Wir haben angesichts der Aufrufe seiner Antworten mal berechnet, wie häufig er Leuten geholfen hat. Unser Ergebnis lautet, dass er 230 Millionen mal Leuten geholfen hat, Probleme zu lösen. Weltweit gibt es etwa 20 Millionen aktive Programmierer. Wir gehen also davon aus, dass er dem Durchschnitts-Programmierer elf Mal geholfen hat.

t3n.de: Hast du ihn getroffen?

Ja, er ist ein toller Typ!

t3n.de: Was motiviert ihn, das jeden Tag zu tun?

Er sieht, dass Leute mit einem bestimmten Problem kämpfen und teilweise eine Stunde ihres Lebens investieren, um es zu lösen – und er kann ihnen in fünf Minuten helfen. Und wenn man das auf die 230 Millionen Mal hochrechnet, in denen er das getan hat, hat er jedem arbeitenden Programmierer auf der Welt schon fünf bis sechs Stunden Lebenszeit geschenkt. Die Welt ist also fünf Stunden weiter in der Zukunft durch seine Arbeit.

t3n.de: Danke für das Gespräch!

Auch interessant: Joel Spolsky verrät, wie du richtig gute Programmierer anheuerst

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Schmitz

Die Aussage, dass C unsicher ist ist falsch. Jeder complierter Code kann potentiell unterwandert werden. Dies betrifft C/C++ besonders, da diese einen direkten Zugriff auf den Hardwarespeicher zulässt , was gewünscht ist, da jedes System Treiber für den Zugriff auf Hardware benötigt, Ohne Treiber keine Kommunikation und keine Grafikausgabe. Wir wollen sicher und schnelle Software, aktuell ist C/C++ die einzige Programmiersprache für Betriebssysteme geworden und damit nicht ersetzbar. Alle anderen genannten Programmiersprachen sind interpretiert, d.h. es gibt kein ausführbares Programm, jede Programmzeile wird einzeln bearbeitet, was um den Faktor 1000 langsamer ist. Bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Antworten
Eldar Kersebaum

C ist unsicher weil man Speicher Verwaltung manuell machen muss. Dies ist in allen Software Projekten die häufigste Quelle für Sicherheitsfehler.

Antworten
Mathias

Dafür gibt es statische Code Analyse

Mathias

Das ist die größte Falschaussage die ich gehört habe. Für mich wäre es total neu das in irgendeinem sicherheitsrelevantem Bereich (Automotive, Luftfahrt, Bahn, Kraftwerke, Pharma- und Chemieanlagen, Kraftwerke, …) eine Sprache jenseits von C/(C++) verwendet wird. Hochsprachen erfüllen ISO 26262 und ähnliche einfach nicht, selbst Spracheteile von C++ nicht.

Antworten
sebalis

Ein absolut intelligenter, philosophischer Mensch mit feinem Gespür für geschickt staffierte wie versteckte Komik…bei seinem mittlerweile eingestelltem deutschen Blog musste ich auch bei den jahrzehntealten Beiträgen herzlich loslachen ob der hintergründigen Süffizenz seiner Beiträge

Antworten

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