Kontaktloses Bezahlen ist spätestens seit der Pandemie bei vielen Verbraucher:innen Standard geworden – doch so richtig kontaktlos ist das bei genauerem Hinsehen immer noch nicht. Schließlich muss die Karte oder das Gerät mit dem NFC-Chip sehr eng ans Terminal geführt werden oder gar genau darauf gelegt werden. Das könnte sich bald ändern, wenn es nach dem NFC-Forum, dem Konsortium hinter dem dazugehörigen Standard, geht. Hierzu gehören rund 100 Unternehmen – neben Apple und Google auch Qualcomm, Huawei und Sony sowie Kartenherausgeber von Visa bis Mastercard. Und die haben naturgemäß ein Interesse daran, dass die Lösungen besonders einfach zu handhaben sind und dennoch fehlerfrei und zuverlässig funktionieren.
Als Problem wird hier schon seit vielen Jahren die niedrige Funkreichweite gesehen. Und die soll im Rahmen der jetzt vorgestellten Roadmap erweitert werden. Die bisherige Distanz von fünf Millimetern, die ohnehin nur unter Idealbedingungen zu erreichen ist, weil viele Kund:innen das Device oder die Karte nicht ausreichend ruhig halten, soll auf das Vier- bis Sechsfache, maximal drei Zentimeter, ausgeweitet werden. Selbst eine bescheidene Erhöhung der Reichweite würde kontaktlose Transaktionen und Aktionen schneller und einfacher machen und die Benutzerfreundlichkeit verbessern, da weniger Genauigkeit bei der Antennenausrichtung erforderlich wäre. Ob das, wie in manchen Verbraucherschutzsendungen als Horrorszenario gezeigt, dazu führen kann, dass Kunden regelrecht bestohlen werden, bleibt abzuwarten. Es wird aber definitiv Schutzvorkehrungen geben, sollte die Gefahr bestehen.
Bezahlen zwischen Smartphones: Soft-POS-Lösung geplant
Gleichzeitig soll eine höhere Leistung für das drahtlose NFC-Laden möglich werden. Bisher bietet die Spezifikation für das kabellose NFC-Laden lediglich eine Leistung von bis zu einem Watt, und es ist geplant, diese Leistung auf bis zu drei Watt zu erhöhen. Das ist zwar ein Fortschritt für die kabellose Energieversorgung und das kabellose Laden, aber nicht ansatzweise mit Qi2 und anderen Ladelösungen zu vergleichen, die es auf 4,5 Watt (Qi in der ersten Variante) und 15 Watt (Magsafe) oder gar 50 Watt (proprietäre Ladelösungen etwa beim Honor Magic 4 Pro) bringen.
Bei einigen weiteren Detailfunktionen erschließt sich der Nutzen zwar weniger schnell, ist aber definitiv gegeben. So wird es unter anderem einen Mehrzweck-Tap geben, der eine Vielzahl an Aktionen mit einer einzigen Berührung auslösen kann – dafür gibt es gerade im Handel einige Einsatzgebiete, etwa wenn sich Kund:innen so Zugang zum Geschäft verschaffen, gleich einchecken oder über eine App Angebote auslösen können. Auch die Ausstellung von Fahrscheinen oder die Punkt-zu-Punkt-Zustellung sind Anwendungsfelder, die das NFC-Konsortium nennt.
Ebenfalls vor allem für den Handel interessant sind die Anwendungen zur Device-to-Device-Kommunikation. Hieraus lassen sich NFC-basierte Bezahlvorgängen zwischen einzelnen Smartphones oder Mobilgeräten aller Art auslösen (Soft POS), ein spannendes Betätigungsfeld, das die Kassenzone wieder ein Stück weiter in den Hintergrund drängen könnte.
Eine letzte Veränderung hat dagegen deutlich über Bezahlfunktionen hinausreichende Auswirkungen und könnte vor allem für die Industrie und in der Logistik eine größere Rolle spielen: die Erweiterung von NFC zur gemeinsamen Nutzung von Datenformaten. Dabei erlaubt NFC den Austausch von Daten über die Zusammensetzung und die Recyclingfähigkeit eines Produkts und trägt so dazu bei, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen.
Horizont bis 2028: Vieles ist noch nicht im Detail klar
Welche dieser technischen Vorgaben besondere Auswirkungen auf die Verbreitung von NFC haben werden, bleibt abzuwarten. Währen das Laden per NFC auch in der aufgebohrten Variante noch nicht an andere Technologien heranreicht, ist sowohl die Soft-POS-Fähigkeit als auch das (moderate) Erhöhen der Reichweite eine gute Nachricht. Letzten Endes werden es aber vor allem die Hersteller von Hardware (sowohl Kassensysteme als auch entsprechende Karten und NFC-Devices wie Wearables) sein, die hier für eine größere Verbreitung sorgen können.
Insofern ist es gar nicht schlecht, dass sich der Zeitrahmen für dieses Vorhaben über zwei bis fünf Jahre erstreckt – schließlich wird gerade bei den diesbezüglich nötigen Empfangsgeräten und B2B-Gerätschaften langfristig geplant. Das NFC-Forum macht zudem deutlich, dass bei den einzelnen Entwicklungsstadien und den dazugehörenden Spezifikationen in vielerlei Hinsicht das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Mit Smartphone/Watch hab ich kein Reichweitenproblem. Brauch nur in die Nähe des Gerätes kommen und fertig.