KI erkennt frühe Anzeichen eines Tsunamis anhand atmosphärischer Schockwellen
Forscher:innen haben in einem Modellversuch gezeigt, dass Tsunamis, die sich im Ozean zu formen beginnen, atmosphärische Störungen auslösen, die sich wiederum per GPS-Satellit erkennen lassen. Wird nun ein KI-System mit der Überwachung dieser Satelliten betraut, können Tsunamis zu einem so frühen Zeitpunkt erkannt werden, dass eine Warnung der Küstengebiete noch möglich ist. Das berichtet der New Scientist.
Simpler Grund: GPS-Satelliten eignen sich als Frühwarnsystem
GPS- und andere Navigationssatelliten könnten von Tsunamis gefährdeten Küstengebieten helfen, rechtzeitig zu reagieren, wenn sich eine der zerstörerischen Wellen auf den Weg macht. Weil diese Satelliten permanent Informationen mit den Bodenstationen austauschen, eignen sie sich eben wegen dieses Informationsflusses besonders dazu, als Frühwarnsystem eingesetzt zu werden.
Das liegt daran, dass die Geschwindigkeit der Funksignale mit der Dichte der geladenen Teilchen korreliert, die sich etwa 300 bis 350 Kilometer über der Erdoberfläche befinden. Tsunamis lösen nun Schockwellen aus, die in diesen Teil der Atmosphäre aufsteigen. Dort beeinflussen die Schockwellen die Dichte der geladenen Teilchen, was wiederum zu kleinen, aber messbaren Veränderungen der Funksignale der Satelliten führt.
Schon im Jahr 2017 hatten Forschungsteams am Jet Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde Nasa im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien und an der römischen Sapienza-Universität in Italien einen Computeralgorithmus entwickelt, der die eben beschriebenen Dichteänderungen erkennen kann.
Beachtliche Erkennungsleistung von mehr als 90 Prozent erreicht
Die Teams trainierten die KI auf Daten von drei durch Erdbeben ausgelösten Tsunamis – einem, der 2010 in Chile stattfand, einem 2011 in Japan und einem 2012 vor der kanadischen Westküste. Danach validierten sie die Leistung der KI mit den Daten eines vierten Tsunamis, der 2015 durch das Illapel-Erdbeben vor der chilenischen Küste ausgelöst wurde.
Um die Erkennungsgenauigkeit zu verbessern, entschlossen sich die Forscher:innen dazu, nur solche Störungsmuster zu verwenden, die auch von mindestens 70 Prozent der Bodenstationen erkannt wurden, die mit den einzelnen Satelliten in Kontakt standen. So soll eine beachtliche Erkennungsleistung von mehr als 90 Prozent erzielt worden sein.
Mangels breiter Trainingsbasis: Zuverlässigkeit fraglich
Aufgrund der geringen Zahl der für das Training verwendeten Tsunami-Daten bleibt abzuwarten, wie zuverlässig das System am Ende arbeiten wird. Andererseits sind große Tsunamis schlicht selten, sodass eine breite Trainingsbasis einfach nicht existiert.
Als schwierig dürfte sich auch erweisen, dass es bislang keine zentrale Stelle gibt, die die Daten für ein globales System sammelt. Einen ähnlichen Frühwarnentwurf hatten Forscher:innen der japanischen Universitäten Tōhoku und Tokyo im Jahr 2021 vorgeschlagen. Allerdings bedurfte der des Einsatzes des seinerzeit schnellsten Computers der Welt.