
Mensch oder KI? Das ist nicht immer einfach zu erkennen. (Foto: Gorodenkoff/Shutterstock)
Ohne künstliche Intelligenz geht es nicht mehr – jedenfalls bekommt man schnell diesen Eindruck, wenn man sich heutzutage Software, Tools oder auch Hardware und Gadgets ansieht. Da ist vom KI-gesteuerten Grill über die KI-Katzenklappe bis zum KI-Baustellenhelm alles dabei.
Über Sinn oder Unsinn solcher Devices lässt sich freilich trefflich streiten – sie sind aber exemplarisch für den KI-Hype, den wir aktuell erleben. Doch ist wirklich überall KI drin oder dran, so wie viele Hersteller es behaupten?
Für Kund:innen und Interessierte ist das gar nicht so einfach zu beurteilen – doch es gibt Hinweise darauf, dass viele Unternehmen den Begriff nur als Marketinginstrument benutzen. Analog zu Greenwashing oder auch Pinkwashing ist dann schnell die Rede von KI-Washing.
Was ist KI-Washing?
Die US-amerikanische Börsenaufsicht SEC hat beispielsweise im März 2024 zwei Anlageberatungsunternehmen angeklagt, weil sie „falsche und irreführende Angaben zum angeblichen Einsatz von künstlicher Intelligenz“ gemacht haben sollen. Nach einer außergerichtlichen Einigung müssen die betroffenen Unternehmen Bußgelder in Höhe von 225.000 beziehungsweise 175.000 US-Dollar bezahlen.
KI-Washing betreibt also, wer behauptet, künstliche Intelligenz in seinen Produkten einzusetzen, obwohl das gar nicht der Fall ist. So weit, so klar, oder? Leider nicht, denn es ist ziemlich kompliziert, zu definieren, was genau künstliche Intelligenz eigentlich ist.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass es viele verschiedene Arten von KI gibt. Generative KI – darunter fallen Large Language Models wie die GPT-Modelle von OpenAI, aber auch Bild-KI wie Midjourney oder Dall-E – basieren auf Machine Learning und kreieren mithilfe von Prompts in kurzer Zeit Output. Um ein solches Modell zu bauen, sind große Mengen an Trainingsdaten, viel Rechenleistung und KI-Expert:innen nötig, die es so lange trainieren, bis es sich wie gewünscht verhält – das ist nicht zuletzt auch ziemlich teuer. Deshalb gibt es auch nur wenige, meist sehr große Unternehmen, die sich an generativer KI versuchen.
Anders sieht es bei der sogenannten schwachen KI – auch Narrow oder Weak AI genannt – aus. Sie hat meist einen sehr spezifischen und begrenzten Einsatzzweck, zum Beispiel als virtueller Assistent auf einem Smartphone. Schwache KI kann dabei helfen, effizienter zu arbeiten, aber ihre Wirkmacht reicht nicht an die generativer KI heran.
Dazu kommt: Nicht erst seit OpenAIs GPT-Store kann man sich KI-Tools auch einfach einkaufen. Nicht jedes Unternehmen, das mit einer eigenen KI wirbt, hat diese auch selbst entwickelt – vielleicht steckt dahinter eine eingekaufte Technologie, auf die die eigenen Corporate-Identity geklebt wurde. Das ist selbstverständlich nichts Verwerfliches, aber Interessent:innen sollten es im Hinterkopf behalten. Denn nicht zuletzt wenn es um Datenschutzfragen geht, spielt es eben doch eine Rolle, ob jemand seine KI selbst hostet oder über eine Schnittstelle darauf zugreift.
Wie erkenne ich KI-Washing?
Um herauszufinden, ob ein Produkt – egal, ob Soft- oder Hardware – mit KI-Washing beworben wird, können folgende Anhaltspunkte eine Hilfestellung liefern.
- Was steckt drin? Wer wirklich mit KI arbeitet, kann dazu Details liefern. Das bedeutet nicht, dass beispielsweise Testdatensätze öffentlich gemacht werden müssen – aber mehr als „Unser Produkt arbeitet mit KI“ sollten Unternehmen dann doch dazu sagen können.
- Kann ich es ausprobieren? Wer ein KI-Produkt verkaufen möchte, muss zunächst einmal beweisen, dass es auch wie beworben funktioniert – im Idealfall können Interessierte selbst testen.
- Was genau tut die KI? Wenn sich Sinn und Zweck der KI nicht erschließen, ist die Investition vielleicht nicht so sinnvoll. Beispiel: Mehrere Unternehmen haben bereits sogenannte KI-PCs oder KI-Notebooks vorgestellt – was genau die KI dabei (besser) macht, ist bislang nicht wirklich erkennbar.
- Ist das Produkt auch ohne KI spannend? Ein Produkt, das nur wegen des KI-Zusatzes spannend ist, ist vielleicht gar nicht so spannend. Oder andersherum: Nur wenn das Produkt auch ohne KI einen echten Mehrwert bringt – beispielsweise ein Content-Management-System oder ein Smartphone mit guter Kamera –, dürfte sich die Investition lohnen.