Ein multidisziplinäres Forschungsteam der britischen Universität Liverpool und des Technologischen Instituts für erneuerbare Energien auf der spanischen Kanareninsel Teneriffa hat eine zunächst überraschend wirkende Entdeckung gemacht. Danach spielt die schiere Wucht eines Meteoriteneinschlags auf der Erde keine Rolle für die Beurteilung der Tödlichkeit dieses Einschlags.
Wie kann ein kleiner Meteorit die Dinos auslöschen, ein größerer Einschlag aber harmlos verlaufen?
Den Verdacht hatten die Forschenden schon zuvor gehegt. Immerhin hat es in der Erdgeschichte immer wieder Meteoriteneinschläge gegeben, denen ein Massensterben gefolgt war. So soll etwa der Einschlag von K/Pg Chixulclub die Dinosaurier ausgelöscht haben. Spätere, weit größere Meteoriteneinschläge haben indes verhältnismäßig wenig Schaden verursacht.
Das wollte ein Team um den Liverpooler Sedimentologen Dr. Chris Stevenson von der Fakultät für Erd-, Meeres- und Ökowissenschaften der Universität genauer wissen. Also schauten sie sich an, was bei einem typischen Meteoriteneinschlag passiert. Da sich der Impact im Nachhinein nicht mehr messen, sondern nur anhand der Kratergröße und der Trümmerverteilung beurteilen lässt, konzentrierten sich die Forschenden auf einen Faktor, der bislang nicht betrachtet worden war – Staub.
Starke Meteoriteneinschläge erzeugen atmosphärischen Staub, der – ähnlich einem Vulkanausbruch – an sich bereits in der Lage ist, eine Klimaveränderung zu initiieren. Das Team um Stevenson analysierte 44 Einschläge aus den letzten 600 Millionen Jahren mit einer neuen Methode. Sie untersuchten den Mineralgehalt des Staubes, der beim Einschlag in die Atmosphäre geschleudert wurde, auf der Basis des Gesteins, das um den Einschlagsort zu finden ist.
Einschläge auf Kalifeldspat sehr gefährlich
Dabei fanden sie schnell ein eindeutiges Muster. So gingen Meteoriteneinschläge auf Gestein, das reich an dem häufigen und an sich harmlosen Mineral Kalifeldspat war, stets mit einem Massensterben einher. Dabei spielte die Größe des Meteoriten keine Rolle.
Der Grund war schnell gefunden. Zwar sei Kalifeldspat ungiftig. Er sei jedoch ein starkes Eiskernbildendes mineralisches Aerosol, das die Wolkendynamik stark beeinflusse. In der Folge eines Einschlags ließen die Wolken dann mehr Sonnenstrahlung durch. Dies wiederum erwärme den Planeten und verändere das Klima. Die Atmosphäre reagiere auch empfindlicher auf die Erwärmung durch Treibhausgasemissionen, etwa durch große Vulkanausbrüche.
Mineralische Aerosole problematisch – ob durch Meteorit oder durch Mensch
„Seit Jahrzehnten rätseln Wissenschaftler darüber, warum manche Meteoriten Massenaussterben verursachen und andere, sogar sehr große, nicht”, erläutert Stevenson und veranschaulicht: „Es ist überraschend, wenn wir die Daten zusammenfassen: Beim viertgrößten Einschlag mit einem Kraterdurchmesser von ~48 Kilometern ging das Leben normal weiter, während ein halb so großer Einschlag vor nur 5 Millionen Jahren mit einem Massenaussterben verbunden war.”
Mit der nun geschaffenen neuen Methode zur Bewertung des Mineralgehalts der Meteoritenauswurfdecken sei indes unzweifelhaft zu belegen, dass jedes Mal, „wenn ein Meteorit, ob groß oder klein, auf kalifeldspatreiches Gestein trifft, ein Massensterben stattfindet”.
Unklar bleibe dabei zunächst, was genau das Leben während dieser Ereignisse ausgelöscht hat, und wie lange die Auswirkungen des Kalifeldspatstaubs anhalten. Die Forschenden wollen die Erkenntnisse zudem auf heutige menschliche Aktivitäten übertragen. Zwar hätten bis jetzt nur Meteoriten das Aerosolregime des Klimas verändert. Es sei jedoch denkbar, dass Menschen an ihrem eigenen Massensterben arbeiten, wenn sie ähnliche mineralische Aerosole in die Atmosphäre emittieren, wie es bislang nur Meteoriteneinschläge konnten.
Die Erkenntnisse der Forschenden wurden im Journal of the Geological Society of London veröffentlicht.