„Das Kliemannsland hat sich von Fynn Kliemann distanziert“ – wirklich?
„Warum schieben alle so einen Hass aufs Kliemannsland? Was haben hier diese 30 Leute damit zu tun?“, sagt ein Teammitglied als Reaktion auf die Flut an Hasskommentaren, mit denen sich die Gruppe nach dem Öffentlichwerden von Kliemanns Maskenaffäre konfrontiert sah, in dem Youtube-Video vom 19. Juni mit dem Titel „Das Kliemannsland hat sich von Fynn Kliemann distanziert“. Das Video zeigt Szenen vom Team beim Arbeiten und vom Hof sowie Rückblicke auf vergangene Events – vom Mofarennen bis hin zu der Aktion, bei der Kliemann einen XXL-Penis in ein Feld sprengte. Zudem melden sich die Kliemannsland-Mitarbeitenden in kurzen Interviews zu Wort. Auf Reflexion, Kritik oder eine Distanzierung von Fynn Kliemann wartet man allerdings eine knappe halbe Stunde vergeblich.
Eine 27:44 Minuten lange Dauerwerbesendung
Chronologisch wird über die Tage nach der Veröffentlichung des ZDF-Magazin-Royale-Videos berichtet, in dem schwere Anschuldigungen gegenüber Kliemann laut wurden, unter anderem, dass er in großem Stil falsch deklarierte Stoffmasken verkauft und sich daran bereichert haben soll. Man sieht die Reaktionen der Mitarbeitenden, als die ersten Kooperationspartner abspringen, angefangen mit Viva con Agua, bis am Ende keiner mehr da war. Der Tonus: Wir fühlen uns unfair behandelt. „VW hat einen Skandal, da fahre ich als erstes in die Werkstatt und schreie einen Meister zusammen, was ergibt das für einen Sinn“, sagt einer.
Auf Kritik oder Aufarbeitung wartet man in dem Kliemannsland-Video vergeblich. Vielmehr macht es den Eindruck, dass es darum geht, Kooperationspartner (zurück) zu gewinnen. Es scheint sich um ein mit 27:44 Minuten langes Werbevideo zu handeln, gespickt mit Kraftausdrücken und vielen Längen. Und vor allem: Ohne, dass sich die Kliemannsland-Crew wirklich von Fynn Kliemann distanziert.
Distanzierung von Fynn? Fehlanzeige
Im Gegenteil. Die Mitarbeitenden sprechen gut von ihm. „Fynn hat kein Gehalt hier, er ist der einzige, gerade in der Anfangszeit, der hier Geld draufgeschmissen hat, damit sich das irgendwie tragen konnte“, sagt einer der Kliemannsland-Mitarbeiter. An anderer Stelle weint eine Kliemannsland-Verantwortliche und sagt: „Natürlich stehen wir hinter ihm“ und meint damit Fynn.
Klar wird: Das Team will seine Jobs behalten. „Wenn ich mir vorstelle, ich müsste zurück in den Agenturalltag. Das würde ich niemals machen. Die könnten mir ein Nettogehalt von 10.000 Euro bieten, ich würde es nicht machen“, sagt die Dame, die eben noch weinte. Niemand möchte von der „großen Spielwiese für alle, die Bock auf Abenteuer und Spaß am Schaffen haben“, wie sich der Hof selbst beschreibt, abgeholt werden.
Das Team will auf der Spielwiese bleiben
Unter trauriger Pianomusik sagt ein Mitarbeiter: „Keiner mag es aussprechen, keiner mag so weit denken, aber ist es vielleicht auch vorbei? Was wird aus der ganzen Truppe, aus den ganzen Menschen? Das ist kein schönes Gefühl für mich.“ Was, wenn es diesen Ort, „wo man einfach sein kann, wie man ist, ohne dass man Erwartungen erfüllen muss“, nicht mehr gäbe?
Fynn Kliemann kommt übrigens nicht direkt vor in dem Video. Allerdings teilt er es auf seinem Instagram-Profil, was als Indiz dafür angesehen werden kann, dass es hierbei weniger um eine Distanzierung von ihm geht, als um einen gut geplanten PR-Coup. Dazu gibt es in seiner Instagram-Story noch einen Rant gegen die Medien und die „wildgewordenen Reporter“, die es ihm nicht erlaubten, Fehler zu machen und daraus zu lernen.
User Lupinitz6345 kommentiert auf Youtube treffend: „Die Message des Videos ist ganz klar: ‚Kein Wort zu den Vorwürfen, aber hey, seht was für ein cooler Haufen wir sind.‘ – Das glaube ich euch auch, aber gerade bei einem so krassen Titel dann doch eine schwache Message.“ Ob mit dem Kliemannsland Schluss sein wird, bleibt abzuwarten. Ich bin jedenfalls froh, als mit dem Video Schluss ist.
Er versucht zu retten, was zu retten ist. Das ist natürlich nachvollziehbar. Aber einerseits gezielt auf die Tränendrüsen zu drücken und auf der anderen Seite einen Rant abzuziehen ist kein souveräner Stil. Manchmal ist es besser einfach nichts zu sagen.