Krisenmanagement: Das muss ein CIO jetzt tun

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist nicht nur eine menschliche Tragödie. Es krempelt auch mit einem Schlag die Prozesse in den Unternehmen auf links. Das Online-Datenvolumen explodiert. Und quasi über Nacht steigen die Remote-Zugriffe der Mitarbeiter, die sich, wenn irgend möglich, allesamt im Homeoffice befinden. Jetzt schlägt die Stunde des Chief-Information-Officers. Es liegt an ihm oder ihr, bestehende Prozesse zu stabilisieren und neue zu installieren – und so das Unternehmen am Laufen zu halten. Die Managementberatung McKinsey zeigt, worauf CIO vor allem den Fokus richten sollten.
1. Fokus Personal
Oberste Priorität müsse es jetzt haben, sich um die Beschäftigten und deren Familien zu kümmern. Es sei wichtig, zu erkennen, dass sich die Menschen zunächst um ihre Familien sorgen, ihre Kinder betreuen, Vorräte aufstocken und sich bemühen, gesund zu bleiben. CIO bieten jetzt flexible Arbeitsmodelle mit Remote-Arbeitsplätzen, verschiedenen Schichten und Lösungen für Personalausfälle. Backup-Support-Modelle berücksichtigen die Auswirkung der Schulschließungen auf die Mitarbeiter im Homeoffice.
Denjenigen, die weiterhin ins Unternehmen kommen, müssen CIO ein sichereres Arbeitsumfeld bieten. So gäbe es beispielsweise in einer Firma sechs Arbeitszonen, zwischen denen die Mitarbeiter nicht hin- und herwechseln könnten. Erkranke ein Mitarbeiter, werde die betreffende Zone schnell isoliert. Eine andere Option sei das Arbeiten in Schichten, sodass sich vor allem die wichtigsten Führungskräfte nicht begegnen.
2. Fokus Dienstleister
Viele Unternehmen arbeiten regelmäßig mit externen Dienstleistern zusammen. Fallweise sind die auch in den Unternehmen vor Ort. Um das Risiko für die eigenen Angestellten zu senken, sei zu prüfen, wo sich die Dienstleister in den vergangenen zwei Wochen aufgehalten hätten und welche Pläne sie für die nächsten Wochen haben. So könne man entscheiden, wer wirklich vor Ort sein muss und wer nicht.
3. Fokus Kommunikation
Unsicherheit stiftet Angst und Verwirrung. Dem müssten CIO mit einem Krisenkommunikationsprogramm entgegenwirken. Sowohl dem Topmanagement als auch den Angestellten müsse deutlich gemacht werden, wie die Lage aussieht und welche Maßnahmen ergriffen werden. Regelmäßige Briefings sorgen für eine vertrauensbildende Routine.
Nicht nur in Zeiten der Krise, aber insbesondere jetzt, käme es neben dem Was vor allem auch auf das Wie der Kommunikation an. Jetzt braucht es vor allem menschliche Kommunikation – anstelle der sonst üblichen Informationen über die offiziellen Unternehmenskanäle. So könne ein CIO beispielsweise der gesamten Belegschaft regelmäßig SMS-Updates schicken.
4. Fokus Lernen
Zuhören und Lernen seien ebenfalls entscheidend. Aufgrund der Dynamik ändere sich die Lage rasant. Der CIO müsse der oberste „Lernende“ sein, um der gesamten Organisation zu helfen, mit den Veränderungen angemessen umzugehen. Dafür reiche es nicht, die technologischen Voraussetzungen zu schaffen.
CIO müssten sich an die verschiedenen Stakeholder wenden und ein Verständnis für deren Bedürfnisse entwickeln, um die passenden Lösungen anbieten zu können. Dazu gehöre auch, regelmäßig Feedback von den Beschäftigten an den Remote-Arbeitsplätzen einzuholen: Was funktioniert, was nicht? So ließen sich Prozesse und Supportniveaus optimieren.
5. Fokus Technologie
Dass plötzlich viel mehr Mitarbeiter von zu Hause arbeiten, bringe eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich – von Problemen bei der Ausrichtung von Videokonferenzen bis hin zu schlechten Internetverbindungen. CIO müssten hier zügig den CEO beraten und dem Unternehmen zeigen, wie Remote-Arbeitsmodelle am besten funktionieren – und zwar bevor sich jede einzelne Abteilung ihre eigenen Kollaborationstools aussucht.
Netzkapazitäten seien mit zusätzlichen Lizenzen zu erweitern, um mehr Zugriffe zu ermöglichen. Bei Problemen mit langsamen Internetverbindungen bei den Mitarbeitern zu Hause können CIO Abhilfe schaffen, indem sie 4G- oder 5G-Modems bereitstellen oder die Kosten für leistungsstärkere Internettarife und Datenpakete erstatten.
6. Fokus Verhalten
Die Technologie sei aber letztlich nur ein Werkzeug. Wenn neue Arbeitsweisen funktionieren sollen, brauche es eine nachhaltige Verhaltensänderung. Hier können CIO mit Best Practices und wirksamen Lerneinheiten helfen. Sie sollten Tests vorantreiben, aus unterschiedlichen Ansätzen lernen und die Erkenntnisse ans Unternehmen zurückmelden. Bis sich neue Verhaltensweisen durchsetzen, dauere es in der Regel rund 30 Tage. Deshalb müssten CIO in den nächsten Wochen aggressiv für die Nutzung neuer Tools werben und klare Anleitungen geben.
Es sei entscheidend, in sogenannte Nudging-Techniken, gute Schulungen und Zertifizierungen zu investieren. Nur so ließe sich gewährleisten, dass neue Tools nicht nur eingeführt werden, sondern den Mitarbeitern auch tatsächlich bei ihrer täglichen Arbeit helfen. Der CIO spiele in der Beeinflussung der Belegschaft eine Schlüsselrolle. Kommuniziere er über Kollaborationstools, realisiere Meetings per Zoom, Skype oder Webex und habe seine Kamera am Rechner eingeschaltet, so setze er klare Signale und beeinflusse aktiv das Verhalten der Mitarbeiter.
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Ich kann die Übersicht nur begrüßen, wobei mir ein Aspekt in der Bewältigung von Unternehmenskrisen immer wieder zu kurz kommt, auch hier: der Fokus auf die Marktchancen. Wenn sich in einer Krise die Bedarfe ändern, dann gilt es diese Änderung auf der Marktseite zu antizipieren, neue Einnahmequellen zu erschließen, um nicht abgehängt zu werden. Dazu kann der CIO sehr viel beisteuern, vor allem, da neue Geschäftsmodelle immer mit Digitalisierung zu tun haben.