Krypto-Verschwörung: Ethereum-Experte hält Keynote in Nordkorea und geht 5 Jahre in den Knast
An einem Montag Ende September 2021 war der Deal perfekt: Der Ethereum-Experte Virgil Griffith, der bis 2017 in verantwortlicher Position bei der Ethereum-Foundation tätig gewesen war, hatte sich auf den Weg zum US-Bezirksrichter Kevin Castel in Manhattan gemacht. Dort gestand er im Rahmen einer Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft einen Teil der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen.
Staatsanwaltschaft bietet mildere Strafe bei Geständnis an
So habe er Nordkorea technische Informationen zukommen lassen, die das diktatorisch geführte Regime dann zu Zwecken der Geldwäsche und zur Umgehung der gegen das Land verhängten US-Sanktionen habe nutzen können. Dieses Geständnis soll Griffith vor einer Haftstrafe in der Größenordnung von bis zu 20 Jahren bewahren. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zugesagt, im Prozess nur noch zwischen 63 und 78 Monaten Haftstrafe zu fordern, sollte Griffith sich in diesem Punkt schuldig bekennen.
Seit dem 18. Januar 2022 wurde gegen Griffith verhandelt. Bereits seit Juli 2021 saß er ein, weil ein Richter in Anbetracht des Krypto-Vermögens, das Griffith angehäuft hat, Flucht- und Verdunkelungsgefahr annahm und seine Kaution zu diesem Zeitpunkt ausgesetzt hatte.
Die US-amerikanische Bundespolizei hatte Griffith von Geheimnisverrat und Verschwörung zum Nachteil Amerikas so ziemlich alles vor, was der Setzkasten der Hochverratsanklage hergibt. Dabei war das, was Griffith getan hatte, nicht einmal im Geheimen, sozusagen konspirativ erfolgt. Der Ethereum-Experte, der von Wegbegleitern als typischer „verrückter Professor“ beschrieben wird, könnte vielmehr ein Opfer seiner eigenen Naivität und eines womöglich übergroßen Glaubens an die Rechtsstaatlichkeit westlicher Regierungen geworden sein. Bei Decrypt kennt man Griffith näher.
Wir schauen einmal, was hinter dem großen Aufriss, den die US-Justiz um Griffith veranstaltet hat, steckt.
Deswegen sitzt der Ethereum-Experte ein
2019 lebte Griffith in Singapur, als ihn ein Ruf nach Nordkorea ereilte. Dort würde es im April eine große Blockchain- und Kryptowährungs-Konferenz in der Hauptstadt Pjöngjang geben. Griffith war als Keynote-Speaker angefragt. Entgegen ausdrücklicher Warnungen des Außenministeriums nahm der ausgewiesene Krypto-Experte an der Konferenz teil. Dort hielt er eine Keynote mit dem Titel „Blockchain and Peace“ (Blockchain und Frieden). In der Keynote sprach Griffith über das volle Potenzial von Kryptowährungen – und eben auch über die Möglichkeiten, staatliche Sanktionen damit zu umgehen.
Im November 2019 wurde er auf dem Flughafen von Los Angeles unter dem Vorwurf verhaftet, dem Regime von Diktator Kim Jong-un technische Blockchain-Informationen zur Verfügung gestellt zu haben, die laut Staatsanwaltschaft dazu verwendet werden könnten, dem Land bei der Geldwäsche und der Umgehung von Sanktionen zu helfen.
Log-in bei Coinbase kostet Griffith die Kaution
Griffith hatte in der Folge stets erklärt, er habe lediglich diese eine Keynote gehalten. Die fachlichen Informationen daraus hätte sich Kim Jong-un ebenso gut via Google oder über einige Youtube-Videos aneignen können, so der Beschuldigte. Tiefgehende technische Details habe er nicht vermittelt, schon gar nicht bei konkreten Projekten geholfen. Gegen eine Kaution von einer Million US-Dollar wurde Griffith Ende Dezember 2019 auf freien Fuß gesetzt. Er musste sich allerdings verpflichten, im Haus seiner Eltern in Alabama zu bleiben und sich nicht in seine Krypto-Accounts einzuloggen.
Letzteres passierte dann im Juli 2021 doch. Obwohl inzwischen klar ist, dass es Griffiths Mutter war, die den Coinbase-Account ihres Sohnes angeblich versehentlich geöffnet hatte, wurde Griffith unmittelbar festgenommen und sitzt seither ein.
„Virgil ist aufrichtig reumütig“, hatte sein Anwalt, Brian Klein, in einer Erklärung verlauten lassen. „Abgesehen von dem, was passiert ist, hat er wichtige Beiträge zur Gesellschaft geleistet, die wir vor Gericht ansprechen werden. Er hat auch viele wunderbare Eigenschaften, und niemand sollte ihn durch diesen Fehler definieren“.
Richter folgt Antrag der Staatsanwaltschaft
Wie der angerufene Richter Kevin Castel vom Southern District of New York am Dienstag bestätigte, wurde Griffith nun zu 63 Monaten Haft sowie zu einer Geldstrafe von 100.000 US-Dollar verurteilt. Beobachtungen von The Daily Beast zufolge, soll sich Castel „außerordentlich irritiert“ ob des Vergehens gezeigt haben, das Griffith zur Last gelegt wird.
Dennoch war Castel am unteren Rahmen dessen geblieben, was zwischen der Staatsanwaltschaft und Griffith vereinbart worden war. Statt fünf Jahren und drei Monaten hätte er auch sechseinhalb Jahre festsetzen können.