Seit einigen Jahren folge ich einer Devise: „Love it, change it or leave it!“ Was du nicht liebst, solltest du ändern. Und wenn es sich nicht verändern lässt, solltest du es hinter dir lassen. Mit dieser Einstellung kommt man im Leben voran, so meine Erfahrung. Dass man allzu lange auf der Stelle tritt oder sich mit unliebsamen Dingen arrangiert, ist so ziemlich ausgeschlossen. Egal, ob es sich um eine enttäuschende Freundschaft, eine erkaltete Liebe oder einem demotivierenden Job handelt.
Wenn es nicht mehr passt und es keinen Ausweg gibt, heißt es für mich – und sicher auch viele andere Leser und Leserinnen –, weiterzugehen. Schon Hesse schrieb in seinem Gedicht „Stufen“ passend: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
Eine Kündigung hat einen reinigenden Charakter
Viel zu oft verharren Menschen jedoch im Status quo. Das große Aber treibt sie um. Ohne Plan B unternehmen sie keinen Schritt – so beispielsweise im Job: Kündigen, ohne eine neue Stelle zu haben? Das geht doch gar nicht! Sagen wir es so: Es geht. Auch wenn es natürlich beruhigender ist, während der Kündigung bereits etwas in der Hinterhand zu haben, muss es jedoch nicht zwangsläufig so sein.
Mehr noch: Manchmal ist es sogar besser, keinen Plan B zu haben und trotzdem erst einmal den Job zu kündigen. Denn wer auf einmal nicht mehr im Hamsterrad strampelt, bekommt plötzlich einen neuen Blick für das Wesentliche und kann sich ernsthaft existenziellen Lebensfragen stellen: Wer bin ich? Und was will ich eigentlich?
„Eine Kündigung ohne Plan B geht oft mit Furcht einher.“
Das klingt für viele Menschen, deren Leben von Verpflichtungen flankiert ist, wie ein Scherz. Gerade der Job lässt sich nicht immer so leicht abschütteln. Viele Menschen stecken bis zu beiden Ohren in der Lohnfalle. Sie haben eine Familie zu ernähren oder einen Kredit auszulösen – manchmal sogar beides. Doch daran liegt es oft gar nicht, dass sie nicht einfach kündigen. Bei genauerer Betrachtung würden sie es sogar tun, hätten sie nur ein paar Ersparnisse.
Das Argument ist natürlich völlig legitim. Und trotzdem würde ich auch diesen Menschen raten, sich nicht allzu lange von Ängsten stoppen zu lassen. Auch für sie gibt es Wege – ein Aufhebungsvertrag oder finanzielles Polster für die ersten drei Monate bieten ein Mindestmaß an Sicherheit.
Eine Kündigung ohne Plan B geht oft mit Furcht einher. Ich glaube jedoch, dass die meisten Ängste sich nur bedingt bewahrheiten und die wenigsten Menschen ihre Entscheidung im Anschluss wirklich bereuen. Denn eines ist klar: Wer im „Leave it“-Modus steckt, hat oft schon einen langen Leidensweg hinter sich. Sobald die Angst vor der Kündigung jedoch überwunden ist, hat man den Kopf endlich frei, um über einen neuen beruflichen Weg nachzudenken.
Und wer seinen alten Job verlassen und anschließend ein paar Wochen für sich hat, kann auch neue Kraft tanken und aufgeschobene Aufgaben ganz ohne knappen Rahmen angehen. Kurz gesagt: So eine Kündigung hat in der Regel einen enorm reinigenden Charakter.
„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten. An keinem wie an einer Heimat hängen“, lautet eine andere Zeile in Hesses berühmten Gedicht. Sie besagt, dass ein ausgefülltes Leben immer auch Veränderungen mit sich bringt. Und Veränderungen setzen immer auch Mut voraus. Diesen Mut zur Veränderung kann einem niemand einfach so einpflanzen. Den muss jeder selbst aufbringen.
Dass das nicht immer leicht ist, ist nachvollziehbar. Aber wer sich nicht mit den Umständen arrangieren oder sie verändern kann, muss eben gehen. Auch wenn das manchmal heißt, keinen Plan B zu haben. Im Leben ist es oft doch so: Je üppiger die Pläne blühen, desto verzwickter wird die Tat. Leben ist das was passiert, während du Pläne machst.