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Forscher machen einen Laserstrahl zum Blitzableiter

Wenn Blitze einschlagen, kann enormer Schaden entstehen. Bei einem Experiment in den Schweizer Bergen wurde nun erstmals ein Blitz per Laserstrahl umgeleitet. (Symbolbild: Shutterstock/Ambrozinio)
Im Jahr 2020 kam es allein in Deutschland zu rund 399.000 Blitzeinschlägen. Die enormen Funkentladungen gehören zu den großen Unsicherheiten, die trotz moderner Blitzschutzanlagen jedes Jahr Schäden in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro anrichten. Denn wo genau ein Blitz einschlägt, ist nur schwer vorherzusagen.
Einem Forschungsteam ist in Experimenten auf dem Schweizer Berg Säntis ein durchschlagender Erfolg gelungen: Den Wissenschaftler:innen rund um einen Professor vom Institut Polytechnique de Paris leiteten erstmals erfolgreich einen Blitz per Laser um.
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Die Idee, Laser für den Blitzschutz einzusetzen, ist nicht neu: Schon in den 1990ern gab es erste Experimente mit der Führung von Blitzen durch Laser – doch erst über 30 Jahre später gelang das Experiment am Schweizer Berg Säntis. Die Ergebnisse ihrer Forschung veröffentlichte das Team in einem Beitrag im Fachmagazin Nature Photonics – ohne einen gewissen Stolz verbergen zu wollen: „Wir glauben, dass dieser experimentelle Durchbruch zu Fortschritten im Blitzschutz und in der Blitzphysik führen wird“, heißt es in der Zusammenfassung des Artikels.

Der Hochleistungslaser des Forschungsteams befand sich in unmittelbarer Nähe des Kommunikationsturms auf der Spitze des Säntis (Bild: Martin Stollberg)
Die Forscher:innen führten ihre Untersuchungen im Sommer 2021 auf dem nordostschweizerischen Berg Säntis mit einem Terawatt-Laser mit hoher Wiederholungsrate durch. Auf dem 124 Meter hohen Turm auf der Bergspitze, der etwa 100-mal jährlich vom Blitz getroffen wird, sind bereits mehrere Sensoren installiert, „die den Blitzstrom, elektromagnetische Felder in verschiedenen Entfernungen, Röntgenstrahlen und Strahlungsquellen der Blitzentladungen aufzeichnen“, so heißt es in der Arbeit. Die Wissenschaftler:innen installierten weitere Messgeräte und zwei Hochgeschwindigkeitskameras in bis zu fünf Kilometern Entfernung, die Blitzeinschläge mit bis zu 24.000 Bildern pro Sekunde aufzeichneten.
Und tatsächlich glückte das Experiment, das über sechs Stunden Testzeit bei aktivem Laser vier Einschläge verzeichnete. Bei leicht geneigtem Laser, der so ausgerichtet war, dass er der Turmspitze nahe kam, zeigten die Kamerabilder der Wissenschaftler:innen, dass der Blitz nach mehrmaligem Winden um den Laserstrahl in den Blitzableiter des Turms einschlug. In Vergleichen mit Blitzen ohne Laser traf der Blitz mit Laserführung den Blitzableiter viel genauer.
Erklärt werden kann das Phänomen durch ein sogenanntes Filament – eine Art Kanal mit sehr geringer Luftdichte entlang des Laserstrahls, der bei der Aufheizung der Luft durch die Laserpulse entsteht. Diese Filamente, in denen die Luft leitfähiger ist als in der Umgebung, können Blitzentladungen über erhebliche Entfernungen leiten.
„Obwohl dieses Forschungsgebiet seit mehr als 20 Jahren sehr aktiv ist, ist dies das erste Feldergebnis, das experimentell Blitze zeigt, die von Lasern geleitet werden“, heißt es in der Studie. Wie sich der plötzliche Erfolg des Experiments erklären lässt? Unter anderem durch den verwendeten Hochleistungslaser: „Laser haben sich erheblich verbessert. Sie sind jetzt in der Lage, viel schneller zu feuern; derjenige, der für diese Arbeit eingerichtet wurde, ist in der Lage, eine Frequenz von einem Kilohertz zu erreichen“, so eine Einschätzung zum Thema auf dem Portal Ars Technica. „Das ist eine Feuerrate, die mehr als 100-mal größer ist als jeder Laser, der zuvor für diese Art von Arbeit verwendet wurde.“
Den vorläufigen Ergebnissen der Wissenschaftler:innen sollen weitere Versuchsreihen mit neuen Konfigurationen folgen. Doch schon jetzt sind die Forscher:innen optimistisch: „Diese Arbeit ebnet den Weg für neue atmosphärische Anwendungen von Ultrakurzlasern und stellt einen wichtigen Schritt nach vorn bei der Entwicklung eines laserbasierten Blitzschutzes für Flughäfen, Startrampen oder große Infrastrukturen dar“, heißt es in der Arbeit.
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