Linkedin-Advertising: Darf’s ein bisschen emotionaler sein?
„Ohne Advertising geht nichts“, meint Marketingberater Felix Beilharz, vor allem mit Blick auf Facebook. Wer sich Mühe gibt und tolle Inhalte erstellt, kann sich nicht damit zufriedengeben, wenn nur zehn Prozent seiner Follower über einen neuen Post informiert werden. Also geht es inzwischen vor allem zu Beginn einer größeren Kampagne routinemäßig ins Advertising. Immer in der Hoffnung, dass man über Zeit die Werbeausgaben zurückfahren kann, wenn die Menschen beginnen, Kampagnenelemente kostenlos zu teilen.
Was für Facebook gilt, gilt immer mehr auch für Linkedin. Während der Wettbewerber Xing einen starken Fußabdruck im HR-Segment und bei Events hinterlässt, macht sich Linkedin zu inhaltlichen Themen stark. Wobei: Eigentlich liefern die Kalifornier nur die Tools. Die meisten Inhalte generieren die User selbst. Professionelle Themen fühlen sich einigermaßen wohl auf Linkedin, vermutlich weil das laute private Grundrauschen fehlt. „Wenn wir zum Beispiel ein Roaming-Paket bewerben, erreichen wir auf Facebook zwar mehr Menschen, aber eben auch viele Privatpersonen, zu denen das Produkt nicht passt. Auf Linkedin sind die Frequent Traveller. Das ist also eine Kombination aus Daten und Umfeld“, erläutert Sven Stühmeier, Group Leader Digital Brand Communication and Technology bei Vodafone.
Aber die Plattform und ihre User sind eben auch sehr kritisch. Wer plump „Sales“ schreit, wird ignoriert. „Wir präsentieren bei Kunden immer Inhalte. Die meisten Kampagnen scheitern wegen schlechter Inhalte oder mangelndem Mehrwert“, meint Alexander Böcker, der Geschäftsführer der Social Media Nerds, in einem Webinar.
Thought Leadership
Das Zusammenspiel zwischen Content und Advertising ist eine besondere Stärke der Plattform. Viele Advertiser aus dem B2B-Segment verlinken nicht auf ihren eigenen Websites, sondern im ersten Schritt auf Landingpages im Linkedin-Universum. „Natürlich würden wir die User gerne zu uns auf die Website leiten, um dort Content zu konsumieren, aber das entspricht nicht immer der Customer-Journey und so entscheiden wir von Kampagne zu Kampagne, wo die Landingpages und Contents liegen“, so Stühmeier.
Vodafone spielt die komplette Klaviatur des Marketings inzwischen auch auf Linkedin. Im Branding-Segment baut man den CEO Hannes Ametsreiter zum B2B-Influencer auf. Thought Leadership wird das von Linkedin genannt: ein Begriff, der schon eine Lektion im Social-Media-Marketing für sich ist. Welcher – möglicherweise leicht egozentrische – CEO oder CMO will sich nicht gerne als Thought Leader positionieren?
Das Team um Caren Altpeter begleitet den Vodafone-CEO bei seinen mitunter sehr hemdsärmeligen Talks und setzt bei Bedarf auch Media drauf, um die Viralität zu steigern. Vor allem dann, wenn es um Themen geht, die auch auf die Marke Vodafone einzahlen, wie etwa eine Kampagne zu 5G, bei der wirkungsvoll inszeniert wurde, wie ein besseres Netz den Menschen helfen kann.
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Daten und Insights
So weit ist Linkedin ja nichts anderes als jeder andere Paid-Kanal. Aber die Integration von Advertising und Content hat zwei weitere Vorteile, berichten fast alle Werber unisono. Zunächst lassen sich mit Inline-Content Sachverhalte erklären, die etwas komplizierter sind. Das gilt natürlich vor allem für Investitionsgüter und entsprechende aufwendige Dienstleistungen im B2B.
Genau mit einem solchen Thema startete Hapag Lloyd seine globale Vermarktungsstrategie auf Social Media. Das zu bewerbende Produkt war ein Tool namens Quick Quotes, das den Güterlieferanten einen schnellen Einblick in Frachtraten via Online-Tool ermöglicht. „Unser Ziel war es, erst mal Awareness für das Produkt zu schaffen und die Zielgruppe aufzuklären, da es kein solches Produkt vorher gab“, erläutert Jenny Gruner, Director Digital Marketing, die für die Hamburger die ein globales, digitales Vermarktungsmodell aufbaut.
Das Mittel der Wahl für die Reeder waren Video-Ads. Und das ist die zweite Stärke, die die Werber an der Plattform schätzen: die Reportings. Jenny Gruner kann genau analysieren, dass im oberen Teil des Trichters Videos besser funktionieren, dass in der Mitte Carousel-Ads die richtige Wahl sind und wenn eine Entscheidung kurz bevorsteht, liefern Text-Bild-Anzeigen beziehungsweise Sponsored Posts den letzten Kick.
Julian Priebe hat diese Erfahrung dagegen nicht gemacht. „Wir sehen Unterschiede eher bei den Zielgruppen als bei den Formaten“, erklärt der Social Media Manager vom Baumaschinenhersteller Liebherr. Und vor allem die internationalen Märkte unterscheiden sich: „In den USA funktionieren Video-Ads und In-Mail-Ads für uns am besten.“
Letztere wiederum findet Mike Kleinemaß „ziemlich teuer“. In-Mail-Ads und die neu aufgelegten Lead Generation Ads werden eher selten eingesetzt. Das mag allerdings daran liegen, dass Kleinemaß das Linkedin-Marketing von Thyssen Krupp Industrial Solutions bereits sehr weit optimiert hat. Die Lead-Prozesse dahinter sind klar definiert.
Die Essener haben unter anderem einen sehr cleveren Ansatz für sich entdeckt: Sie erklären ein technisches Verfahren nicht nur den „üblichen Verdächtigen“, sondern auch einer weiteren, potenziellen Zielgruppe, in der Hoffnung darauf, dass man Kooperationspartner findet, die die Technologie für einen anderen Einsatzbereich nutzen.
So suchte man vor drei Jahren nach spannenden Anwendungsfeldern für Filteranlagen bei Verbrennungsprozessen. Durch die Linkedin-Daten bei entsprechenden Anzeigen und Content-Pieces zeigte sich, dass es in Südamerika und Indien reges Interesse an dem Thema gab. Eine Recherche erbrachte, dass die Bauern den Ernteabfall direkt am Feld verbrennen und damit für eine hohe Luftverschmutzung sorgen. Die Thyssen-Ingenieure suchten nach einem passenden Kessel für Biomasse und wurden in Dänemark fündig. Und ein Pilotpartner für eine Anlage in Indien konnte ebenfalls gefunden werden.
Passende Creatives
Letztes Jahr gab es bei Thyssenkrupp eine Kampagne für Hochdruck-Pasteurisierung. Damit lässt sich Fleisch von Keimen befreien, ohne die Nährwerte oder den Geschmack zu beeinträchtigen. Kleinemaß ließ vier Creatives gegeneinander antreten und war etwas überrascht vom Ergebnis. Das „emotionale“ Bild vom Steak funktionierte bei gleichbleibendem Text auch in der Business-Umgebung am besten. Und danach kam die eher pragmatische Grafik, in der es um Sparen und Lebensmittelsicherheit ging. Das Visual der technischen Anlage funktionierte am schlechtesten. „Für mich ist die Erkenntnis daraus, dass auch im B2B die Rezipienten im Tausch gegen ihre wertvolle Zeit direkt sehen wollen: ‚What’s in it for me?‘. Und das muss visuell wie textlich berücksichtigt werden.“
Für Kleinemaß sind vor allem zwei Dinge in den Anzeigen wichtig: Das schnelle „Auf den Punkt“-Kommen und die Tatsache, dass auch B2B-Kunden emotionale Menschen sind. „Würzig und knackig muss es sein“, sagt er. Und er testet schon mal provokante Claims wie: „Wir sind bereit für den Wechsel von grauem auf ‚grünen‘ Zement, bis du es auch?“
Auch Jenny Gruner stellt fest, dass es den Marketern im B2B-Umfeld keineswegs nur um die reine Fakteninformation geht. Gerade in ihrer Branche werden zum Beispiel häufig generische Fotos zur Anzeigenbebilderung eingesetzt. Jenny Gruner hat das getestet und kommt zu dem Schluss, dass spezifische Bilder mit konkretem Bezug zum Text deutlich besser konvertieren. Bei der Suche nach Frachtraten für Kaffee aus Brasilien setzt sie ein entsprechendes Bild ein.
Und für Liebherr inszeniert Julian Priebe schon mal den Großbagger im Sonnenuntergang oder er erfindet seine ganz eigene Variante für eine Challenge, nämlich den Onlinekurs zum Führen eines mobilen Krans. Natürlich mit einem Augenzwinkern, aber auch mit vielen spannenden Inhalten. Bei Liebherr weiß man sehr genau, dass es auch in der Schwerindustrie und bei Baumaschinen Love-Brands gibt. In einem Hotel im ostfriesischen Aurich kann man deshalb sogar eine Liebherr-Suite buchen.
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Man hätte ruhig erwähnen dürfen, dass LinkedIn seit 2016 zu Microsoft gehört, finde ich.
Weil?
Nutzt sicher auch Google Analytics. Steht da auch nicht …
Inwieweit soll das den Content beeinträchtigen? Mir fielen wesentlich mehr Firmen ein, denen ich keine so hohe Qualität wie Microsoft unterstellen würde.