Linkedin optimiert den Algorithmus: So erreichst du mehr (echte) Reichweite

Linkedin schraubt am Algorithmus. (Foto: BongkarnGraphic / Shutterstock)
Daniel Roth, Chefredakteur des Linkedin Editorial Teams, der die Content-Themen beim Karrierenetzwerk bereits seit 2011 steuert, hat in einem englischsprachigen Podcast bei Entrepreneur Problem Solvers erklärt, welche Veränderungen und Verbesserungen das Karrierenetzwerk derzeit in der Pipeline hat. Linkedin will demnach in Zukunft vor allem der App mehr Bedeutung zuweisen und einen Mehrwert für längerfristig relevante Inhalte schaffen. Ziel sei es, dass Beiträge nicht nach wenigen Tagen (oder gar Stunden) aus der Timeline verschwunden sind, sondern bestenfalls als besonders nützlich eingestuft werden und immer dann ausgespielt werden, wenn bestimmte Themen diskutiert werden.
„Das bedeutet, dass der Inhalt als ‚Vorgeschlagener Content‘ monatelang oder sogar jahrelang aktiv bleibt und ein sehr zielgerichtetes Publikum erreicht“, erklärt Roth. Linkedin will also mehr auf Wissen und Ratschläge setzen, anstatt Viralität um jeden Preis zu fördern – und tut dies offenbar im Kernmarkt USA bereits. Eine komplette Abkehr vom Aktualitätsbezug sei dies dennoch nicht, so Roth. Wer Wissen in die Welt trage, so der Linkedin-Experte, werde mittelfristig davon profitieren – nicht bei jedem Posting, aber unter dem Strich.
Längere Halbwertszeit für Postings
Das könnte bedeuten, dass es leichter wird, nicht nur auf aktualitätsbezogenen Content zu setzen, sondern mittelfristig interessante Inhalte und Business-Wissen anzubieten, die aber, das ist die zweite Bedingung, in dieser Form nirgendwo anders zu bekommen sind. Die Zweitverwertung von Blogbeiträgen, Texten von der Website oder aus anderen sozialen Medien dürfte damit weitgehend rausfallen.
Es geht also um einzigartigen Content, um spezialisierte Nischeninhalte, nicht um das Hinterherlaufen hinter Posting-Trends – und auch die Frage nach der idealen Länge, dem besten Posting-Zeitpunkt und ähnlichem sollen damit weniger wichtig werden. Das deutet auf Parallelen zu Google hin, wo ja seit Jahren auch gepredigt wird, nicht zu glauben, dass man den Algorithmus austricksen könne.
Längere Postings bleiben wichtig – aber nicht um jeden Preis
Verändern will Linkedin auch die Signale, die auf Engagement und Interesse der Lesenden hindeuten. Die Tricks rund um künstliche Verlängerung, die dazu beitragen sollten, dass Mitglieder auf „Mehr lesen“ klicken (was bislang als positives Engagement verstand) dürften also in Zukunft nicht mehr in der bisherigen Form funktionieren. Das heißt aber nicht, dass nicht auch weiterhin längere Postings, die inhaltlich einiges bieten, zu Interaktion anregen und auch ansonsten Nutzwert haben, schlechter funktionieren werden.
Darüber hinaus hat das Unternehmen eher nebenbei angekündigt, dass es für die Nutzer:innenprofile neue CTA-Buttons geben wird, wozu bald auch „Abonniere meinen Newsletter“ zählt. Bei dem benutzerdefinierten Button handelt es sich um einen kleinen Hyperlink, der im Profil und über allen Beiträgen zu finden sein soll. Bisher kann die Schaltfläche allerdings nur eine kleine Anzahl von Phrasen enthalten, wie etwa „Besuchen Sie meine Website“ oder „Buchen Sie einen Termin“. Bislang nur einzelnen Creators vorbehalten war außerdem die Möglichkeit, benutzerdefinierte CTA-Buttons zu entwickeln. Hierzu sollen bald alle Linkedin-Mitglieder in der Lage sein.
Apropos Creators: Schon länger können Linkedin-Nutzer:innen eine Einstellung namens Creator Mode aktivieren. Die hier vorgegebenen Tools zum Aufbau einer Audience, etwa Linkedin Live, Audio-Events und tiefere Post-Analysen sollen aber dem Vernehmen nach im Laufe der nächsten Monaten für alle freigeschaltet werden, auch für jene, die den Creator Mode nicht aktiviert haben.
Doch der Begriff der Creatoren verschwindet immer mehr von der Plattform, weil die Mitglieder sich, so Roth, damit nicht identifizieren konnten. Schließlich hätten sie jeweils auch einen konkreten Beruf.
Linkedins Entdeckung der Langsamkeit ist nachhaltig
Einige der Änderungen sind laut Roth bereits in den USA ausgerollt. In der Vergangenheit war Deutschland für Linkedin durchaus auch ein wichtiger Markt, bei dem dies zeitnah ausgerollt wurde. In vielen Fällen erfordern Umstellungen aber gerade in anderen Sprachen als Englisch deutlich mehr Justierung, sodass nicht klar ist, wann sich die besagten Veränderungen auch bei uns bemerkbar machen. Klar scheint aber, dass es Linkedin-Nutzer:innen nicht verborgen bleiben wird, so auffällig wie die Änderungen sind.
Unterm Strich ist Linkedins Entdeckung der Langsamkeit (oder sagen wir eher Langfristigkeit bei den Regeln zur Content-Ausspielung) zu begrüßen. Mitglieder, die hier regelmäßig Postings verfassen, können auf diese Weise besser ihr Wissen teilen und sollten in Zukunft bei der Themenwahl etwas weniger kurzfristig agieren. Ob die bei Linkedin üblichen rührseligen Postings aus dem eigenen Leben weiterhin so viel Reichweite wie bisher erzielen können, darf bezweifelt werden. Und das ist in vielerlei Hinsicht keine schlechte Nachricht.
70% ist narzisstischer Click bait mit Zero Mehrwert. Let’s face it :-)