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Ratgeber

Macht Robot-Recruiting Schluss mit Diskriminierung?

Recruiting-Abteilungen kämpfen nicht nur mit chronischem Zeitmangel, sondern es steht auch häufig der Vorwurf der Diskriminierung im Raum. Inwieweit können Algorithmen helfen?

Von Alexandra Vollmer
4 Min.
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Eine algorithmus-basierte Kandidatenauswahl spart nicht nur Zeit, sondern objektiviert auch die Recruiting-Entscheidung. (Foto: ShotPrimeStudio/Shutterstock)

Personaler tragen eine Riesen-Verantwortung. Sie entscheiden nicht nur über die nächste Stellenbesetzung und tragen damit zur erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Team-Performance bei. Sie entscheiden stets auch über Karrierewege und somit über ganz persönliche Existenzen. Bei derart weitreichenden Entscheidungen ist es nicht verwunderlich, dass das gesellschaftliche Interesse besonders hoch ist. So kreist die öffentliche Debatte immer wieder darum, inwieweit Personalentscheidungen objektiv und fair ablaufen – und überhaupt ablaufen können. Ganz oben auf der Agenda dieser Debatte: das Thema Diskriminierung. Werden männliche Bewerber bei gleicher Qualifikation gegenüber weiblichen Bewerbern bevorzugt? Werden Menschen mit Migrationshintergrund benachteiligt? Werden ältere Menschen gezielt von Personalern ausgemustert? Wer hier frei von Schuld ist, werfe den ersten Stein…

Roboter: Frei von Emotionen

Künstliche Intelligenz könnte schon bald Abhilfe schaffen – und die öffentlichen Vorwürfe entkräften. Denn beim „Robot-Recruiting“ bewerten Algorithmen statt Menschen die Eignung von Kandidaten. Viele Menschen denken an düstere Science-Fiction-Filme, wenn sie Begriffe wie Robot-Recruiting, Artificial Intelligence oder Machine Learning hören. Mystisch sei hierbei jedoch gar nichts. „Ein Algorithmus ist erstmal eine eindeutige, automatisiert ausgeführte Folge von Anweisungen“, erklärt Marcel Poelker, CTO der Recruiting-Plattform Taledo. „Wie bei einer Ampel, bei der nach grün immer gelb folgt.“ Die Maschine orientiere sich dabei an für die Problemstellung relevanten Eigenschaften. Der Taledo-Algorithmus fragt ausschließlich harte, für eine erfolgversprechende Recruiting-Entscheidung relevante Fakten ab, wie etwa Erfahrung, Ort, Funktion oder Gehaltsrange. Zusätzlich kann der Recruiter ein Keyword eingeben – eine konkrete Fähigkeit, die sich das Unternehmen vom Kandidaten wünscht, beispielsweise eine Programmiersprache oder ein konkretes Projektmanagement-Tool. Anhand dessen werden sämtliche Kandidatenprofile einschließlich der Angaben im Lebenslauf durchsucht. Gänzlich ohne Emotionen. „Wir haben unseren Algorithmus so programmiert, dass er nicht nach Sympathie, Geschlecht, Optik oder Herkunft wertet“, so Poelker. Es würde lediglich auf die Qualifikationen der Bewerber geachtet – und ob diese zum Anforderungsprofil der Arbeitgeber passen. Sucht ein Arbeitgeber beispielsweise einen Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung, kann er dies dem Algorithmus mitteilen. Naturgemäß würde diese Suche ältere Bewerber bevorzugen und Abiturienten herausfiltern. Anhand von Tests ließe sich feststellen, ob der Algorithmus wunschgemäß funktioniert. Im Zweifel könne man immer hinter die Auswertung schauen. So ließe sich das Ergebnis im Nachhinein stets sehr gut nachvollziehen. Probiere man den Algorithmus beispielsweise an einem anderen Datensatz aus, könne man die Ergebnisse verifizieren.

Die ersten 10 sind weiblich?

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Am Ende der Abfrage steht eine Liste sämtlicher in Frage kommender Kandidaten. „Die Liste ist wie ein Ranking aufgebaut“, erklärt Poelker. „Ganz oben stehen die Kandidaten mit einem 100-prozentigen Matching. Hier passt alles – die Person lebt vor Ort, hat die gewünschte Berufserfahrung, die passenden Fähigkeiten und will exakt das verdienen, was das Unternehmen zu zahlen bereit ist.“ Da der Algorithmus datenbasiert und objektiv arbeitet, schlüge er nur die Top-Kandidaten vor. „Wenn die Favoriten plötzlich allesamt weiblich sind oder wenn die Plätze 1 bis 3 von Kandidaten um die 50 belegt werden, dann ist der Recruiter vielleicht überrascht“, so Poelker. „Da ist möglicherweise ein Hinweis im Lebenslauf, den auf den ersten Blick keiner bemerkt hat, der jedoch den Kandidaten für die ausgeschriebene Stelle besonders qualifiziert“, so Poelker. „Und wenn Recruiter gute Erfahrungen mit diesem Algorithmus machen, sehen sie sich mittelfristig auch Kandidaten an, die sie sich früher wohl nicht angesehen hätten.“ Damit würde der Diskriminierung einmal mehr das Wasser abgegraben.

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Erfolg zeigt sich in der Praxis

Das sinkende Diskriminierungsrisiko sei jedoch vor allem ein Argument für die Bewerberseite. „Im Gespräch mit Unternehmen ist der Fachkräftemangel momentan das Top-Thema“, weiß Poelker. „So zählen hier eher Argumente wie Zeitersparnis und höhere Trefferquote.“ Menschen hätten immer weniger Zeit, um sich ihren originären Aufgaben zu widmen. Technologische Hilfsmittel versprächen hier einen hohen Effizienzgewinn. „Personaler werden in der Anwendung solcher Plattformen offener“, beobachtet Poelker. Risiken einer technisch manipulierten, suboptimalen Auswahl der Kandidaten sieht der Taledo-CTO nicht. Recruiter würden ausschließlich die Plattformen nutzen, deren Ergebnisse sich für das Unternehmen bewährten. „Einseitiges Programmieren nach dem Motto ‚wir empfehlen nur Youngsters mit internationalem Studienabschluss‘ rächt sich“, ist Poelker überzeugt. Damit sei man schnell wieder vom Markt verschwunden. So geht es Recruiting-Plattformen wie Taledo vor allem darum, transparent und punktgenau zu vermitteln. Dabei gelänge es durch die reine Ausrichtung an Leistungsmerkmalen auch, Optionen für Diskriminierung zu reduzieren. „Wer diskriminieren will, der kann das sicher auch mit einer algorithmus-basierten Kandidatenauswahl“, so Poelker. „Aber es wird ihm schwerer gemacht.“ Dass das Verfahren am Markt funktioniert, zeige, dass Kunden, die über die Taledo-Plattform Mitarbeiter oder Jobs gefunden hätten, in den seltensten Fällen zurück zu anderen Lösungen wie beispielsweise Stellenanzeigen oder traditionellen Personalvermittlern gingen. Fürchten Personaler perspektivisch um ihre Jobs? „Nein, das tun sie nicht und müssen sie auch nicht“, ist Poelker überzeugt.

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Christian Richter

Mich ärgert dieser Artikel ein wenig. Das liegt einerseits daran, dass hier zwei grundverschiedene Dinge miteinander verwechselt werden, und andererseits zu einem fragwürdigen Stück Öffentlichkeitsarbeit führen. Für Taledo ist dieser Artikel erst einmal genau das – ein feines Stück Öffentlichkeitsarbeit.

Ärgerlich wird es durch die Verbindung der beiden Punkte. Die Verwechslung ist schlicht, dass hier bestehende Formen der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt mit technischen Hilfsmittel quasi wie von Zauberhand gelöst werden sollen. Doch der Artikel zeigt bereits, dass die Lösung in der versprochenen Form nicht möglich ist. Tools wie Taledo können das garbage-in-garbage-out nicht zweifelsfrei verhindern. Die Diskriminierung findet schon vorher statt, noch bevor die algorithmischen Tools loslegen. Der Artikel selbst geht kaum auf die Kriterien ein, die für diskriminierungsfreie Einstellungen sorgen können. Noch weniger darauf, wie diese Kriterien zustande kommen. Dabei sind diese Kriterien die Ursache möglicher Diskriminierung. Die marketingtechnisch aufgebaute Furcht vor der Diskriminierung durch menschliche Emotionen kaschiert dabei, dass die emotionslose algorithmische Ausführung ungerechter Bewertungskriterien die Diskriminierung mehr verstärken kann, als sie zu verhindern.

Ob mit Algorithmen oder nicht, die Diskriminierung wird bleiben, solange sich die Personalabteilungen – oder häufiger die Fachabteilungen – nicht für diskriminierungsfreie Kriterien aussprechen. Ärgerlich ist aber vor allem auch, dass hier allgemein über die Lösung eines Unternehmens gesprochen wird, ohne auch nur diese einfache Grundlage der Problematik zu berühren. Stattdessen entsteht der Eindruck, ein gesellschaftliches Problem können allein durch den Einsatz von Technik gelöst werden. Das schafft den fatalen Eindruck, dass allein die Verwendung von Algorithmen mehr Gerechtigkeit schaffe und damit zu einer unreflektierten Rechtfertigung ebenjener Ungerechtigkeiten führt, die von den Algorithmen bloß noch ausgeführt wird. Das Problem wird größer, nicht kleiner, wenn wir so argumentieren, dass keine Diskriminierung stattgefunden haben könne, weil Algorithmen verwendet wurden.

Am Ende spielt der Artikel damit die Gefühlsklaviatur von allen Beteiligten an Bewerbungsprozessen: Die Angst vor der falschen Entscheidung. Diese Angst löst sich aber nicht allein durch emotionslose Algorithmen. Zumal Gefühllosigkeit nicht das Ziel der Kandidatenauswahl sein sollte. Emotionen wie Algorithmen ähneln sich, da beide Werkzeuge sind, die einen großen Nutzen haben können im Auswahlprozess. In Maßen, mit Bedacht und dem Wissen um ihre Stärken und Schwächen führen sie zu besseren Ergebnissen. Schnell aber eben auch in die falsche Richtung, wenn sie unbedacht eingesetzt werden.

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