Betroffene zu Beteiligten machen? Welche Management-Regeln noch in die Tonne gehören
Manager stützen sich im Führungsalltag auf eine Fülle von Regeln, die ihnen helfen sollen, in ihrer Position erfolgreich zu sein. Diese Regeln sind fest in Literatur und Ausbildung verankert – und inzwischen so selbstverständlich, dass sie schon beinahe den Charakter von Naturgesetzen haben. „Leider stammen die meisten dieser tollen Glaubenssätze von großen Theoretikern, die vom echten Managementleben keine Ahnung haben“, so Matthias Kolbusa, Buchautor und Experte für High-Performance-Management. „Und weil diese Vorschriften fast nie herausragende Ergebnisse bringen, bevölkern Legionen von durchschnittlichen Managern die Welt, während großartige Exemplare Mangelware bleiben.“
Management braucht Eins-A-Ergebnisse
Um zu bewerten, ob die Regeln taugen oder nicht, ist eine Frage entscheidend: Worum geht’s im Management? Was sollen Manager erreichen? Geht es darum, Mitarbeiter zu motivieren, dafür zu sorgen, dass sie sich wohlfühlen und so im Sinne des Unternehmens agieren? Ein Großteil der Managementphilosophien speist diesen empathischen Ansatz und hat vor allem den Schulterschluss mit den Mitarbeitern im Fokus. Kolbusa empfiehlt eine stärkere Ergebnisorientierung: „Wenn exzellentes Management bedeutet, Vorhaben hocheffizient mit maximaler Geschwindigkeit und in hervorragender Qualität umzusetzen, werden aus den goldenen Regeln schnell Bullshit-Ratschläge, von denen sich Spitzenmanager schnellstens emanzipieren müssen.“ Der Management-Experte wirft vor allem fünf tradierte Regeln über den Haufen.
5 Irrtümer – und wie es besser geht
1. Mache Betroffene zu Beteiligten
Die Idee, möglichst viele betroffene Kollegen und Mitarbeiter in die Überlegungen einzubeziehen, wenn Veränderungen anstehen, scheint auf den ersten Blick richtig. Es wird suggeriert, man könne sich damit eine breite Basis schaffen und so Neues leichter umsetzen. Dieser groß angelegte Schulterschluss sorgt zwar für eine gehörige Portion Sozialromantik, einen hohen Wirkungsgrad verspricht er jedoch nicht. Wenn du etwas in deiner Organisation erreichen willst, sieh zu, dass du nur wenige, dafür aber echte Überzeugungstäter im Boot hast. Mit einem Team, das dein Ziel aus freien Stücken und mit hoher Energie verfolgt, kannst du ein hohes Tempo vorlegen. Das nimmt Bremsern nicht nur den Raum für Widerstand, sondern setzt auch Bedenken außer Kraft. Viel mehr als es ein noch so gut gemeinter Diskussionsprozess zu Beginn des Projektes erreichen könnte. Gute Ergebnisse ziehen mehr als Pläne.
2. Gib feste Ziele vor
Wenn du Kosten senken willst, dann ist das legitim. Viele Manager machen jetzt eine konkrete Ansage zur Höhe der Einsparung – sagen wir, zehn Prozent innerhalb von sechs Monaten – und fordern Lösungen ein, wie das Ziel erreicht werden kann. Das Problem mit Zielvorgaben ist jedoch, dass sie zwar erreicht werden können, aber in den seltensten Fällen überschritten werden. Viel wirksamer ist es, das Team selbst darüber nachdenken zu lassen, welche Maximaleinsparungen unter welchen Bedingungen möglich sind. Du wirst erleben, dass deine Mitarbeiter weit mehr als die geforderten zehn Prozent rauskitzeln.
3. Gib jedem Meeting eine klare Agenda
Setzt du ein Meeting an, solltest du genau wissen, was du damit erreichen willst. So weit, so bekannt. Der Wirksamkeitskiller liegt in der agendagetriebenen Umsetzung. Sprich, die Führungskraft plant konkrete inhaltliche Punkte ein, die sie absolvieren will. Sie setzt dafür einen Zeitaufwand fest und geht mit dem summierten Aufwand plus Drehbuch ins Rennen. Meetings und Workshops sollten sich jedoch weniger an der Abarbeitung von Tagesordnungspunkten orientieren, sondern vielmehr daran, was maßgeblich geklärt und entschieden werden muss. Das solltest du klar auf dem Schirm haben und gleich zu Beginn durchgeben. Dann gibst du Gas und konzentrierst dich exakt auf das gewünschte Ergebnis. Meetings brauchen keine Agenden, sondern Ergebnislisten. Und möglicherweise seid ihr bereits nach zwei, statt nach drei Stunden fertig!
4. Triff Entscheidungen stets im Konsens
Nur Entscheidungen, die im Konsens getroffen werden, sind tragfähige Beschlüsse? Das ist Quatsch. Einstimmigkeit verwässert. Denn oft müssen Zweifler durch Kompromisse überzeugt werden. Besser, du klärst vor jeder Entscheidung: Wer verantwortet diese? Wer trägt die Konsequenzen? Verantwortet das Key-Account-Team die Entscheidung, nicht rentable Kunden fallenzulassen, dann trifft exakt dieses Team die Entscheidung. In dem Fall müssen Zweifler schlicht mitmachen. Ist die Entscheidung getroffen, zieht ihr es konsequent durch. Wenn dann einer in der Kantine schlechte Stimmung macht, müsst ihr reden.
5. Plane Projekte zu Ende
Wenn eine CRM-Einführung oder die Eroberung eines neuen Markts beschlossen ist, dann wird in der Regel emsig geplant – mit der festen Absicht, aufgestellte Meilensteine punktgenau zu erreichen. Das geht höchstwahrscheinlich daneben. Pläne erzeugen keine Produktivität, sondern vielmehr eine Komplexität, die für den Projektfortschritt hinderlich ist. Statt Aktivitäten und Meilensteinen hinterherzujagen, lege besser fest, woran du merkst, dass du dem gewünschten Ergebnis tatsächlich näher kommst. Diese Kriterien solltest du verfolgen. Alles andere ist Verwaltung. Sie macht maximal busy, aber nicht produktiv.
Mehr zum Thema: Managementforscher: „Für gute Entscheidungen braucht es kein Talent“
Zu Regel Nr. 2: Es kann tatsächlich sinnvoll sein, Zielvorgaben zu setzen und damit die möglichen Einsparungen zu beschränken. Dann hat man für die nächste, todsicher kommende Einsparungsrunde noch etwas Einsparungspotential. Ansonsten wäre man dann der Depp. Zumindest wird das auch aus diesem Grund häufig gemacht.