Mehr Rechte für Kund:innen: Das ändert sich jetzt bei Gewährleistung und Reparaturen
Zwei Jahre haben Verbraucher:innen zumeist Gewährleistung (Mängelhaftung) auf Waren, die sie im Präsenzhandel oder online kaufen – nicht zu verwechseln mit der Garantie gegenüber dem Hersteller, die mit oftmals einschränkenden Bedingungen kommt. Doch beim Gewährleistungsrecht, das du gegenüber dem oder der Händler:in ausüben kannst, gibt es einige entscheidende Änderungen. Denn seit Januar 2022 hat sich hier einiges getan – in den meisten Fällen zu Gunsten der Kund:innen.
Zum einen erstreckt sich die Gewährleistung inzwischen auch auf digitale Waren oder analoge Produkte mit digitalen Elementen, bei denen das Gewährleistungsthema in der Vergangenheit reichlich kompliziert war (Stichwort: Softwarefunktionen bei einem Fernseher). Für diese gilt jetzt, so stellt es der Gesetzgeber eigentlich nur klar, dasselbe wie für rein analoge Produkte.
Das Kaufrecht regelt in Deutschland eigentlich recht detailliert, wann im Schadensfall der oder die Verkäufer:in haftet und für funktionierenden Ersatz sorgen muss und wann Kund:innen hier leer ausgehen. Grundsätzlich gibt es – ausschließlich im Handel mit Endverbrauchenden – die Gewährleistungspflicht über zwei Jahre hinweg. Das gilt übrigens EU-weit, wobei die Durchsetzung im Ausland naturgemäß oftmals schwieriger ist.
Doch der springende Punkt ist hier die Beweislastumkehr. Nahm man im ersten halben Jahr nach dem Kauf noch an, dass der Schaden bereits von Anfang an bestand (und der Händler musste gegebenenfalls das Gegenteil beweisen), war es in den übrigen anderthalb Jahren Aufgabe des Käufers, zu beweisen, dass der Mangel schon bei Warenübergang auf den Kunden oder die Kundin bestand. Dass dies oftmals schwer bis unmöglich war, konnten viele Kund:innen in der Praxis ausprobieren. Neu ist jetzt, dass der Zeitpunkt der Beweislastumkehr erst nach einem Jahr und nicht mehr nach sechs Monaten eintritt – was die Lage der Kund:innen ein Stück verbessert.
Verbesserte Rechtslage für Endkund:innen
Für Händler:innen ergibt sich daraus eine wichtige Neuerung: Händler:innen – online wie offline – müssen die Verbraucher:innen über das Garantieversprechen und die damit verbundenen Bedingungen informieren und dürfen diese nicht wie bisher in den allgemeinen Geschäftsbedingungen verstecken. Weiterhin bleibt es aber dabei, dass der Händler zunächst das Recht hat, eine Reparatur oder Ersatzlieferung durchzuführen. Misslingt das oder einigen sich Käufer:in und Verkäufer:in auf etwas anderes, kann der Kaufvertrag rückabgewickelt werden.
Allerdings hat sich auch hier die Situation für Verbraucher:innen dahingehend verbessert, dass ein Rücktritt vom Vertrag oder eine gegebenenfalls auszuhandelnde Minderung oder auch Schadenersatz schon nach einem Versuch durch den Händler möglich ist. Hierfür reicht schon das Verstreichen einer angemessenen Frist – wenn sich der Händler oder die Händlerin also einfach nicht mehr zu dem reparierenden Produkt meldet, ist das in Zukunft Pech für ihn oder sie. Allerdings gilt auch hier das Jurist:innen-typische „kommt darauf an“, wenn es um die Frage einer geeigneten Frist geht. Die Verbraucherzentralen sehen hier 14 bis 21 Tage zuzüglich Versandzeiten als vernünftigen Richtwert, wenn keine schwierig zu beschaffenden Ersatzteile benötigt werden. Gerichte werden hier aber sicherlich in den nächsten Monaten für Klarheit sorgen.
Eine Vereinfachung gibt es auch für Händler:innen
Neues Detail, das vor allem für Bestellende und Händler:innen im E-Commerce wichtig ist: Reklamierende Kund:innen können einen Vorschuss auf die Transportkosten zur Einsendung verlangen. Wie das in der Praxis umgesetzt wird und was das für die damit verbundenen Fristen bedeutet, wird sich noch zeigen. Denn theoretisch könnten Händler:innen sich dadurch mehr Zeit verschaffen.
Umgekehrt ändert sich für die Shopbetreiber:innen aber auch ein Detail zu ihren Gunsten: Denn sie müssen nicht mehr unter allen Umständen eine Reparatur leisten, wenn dies für sie unverhältnismäßig teuer wird, was dann aber die Rückabwicklung und Erstattung des Kaufpreises nach sich ziehen kann.
Kleines, aber feines rechtliches Detail: Ausschlaggebend ist für all diese Neuerungen nicht der Lieferzeitpunkt, sondern das Datum des Kaufvertrags. Das bedeutet, dass gegebenenfalls Bestellungen aus dem alten Jahr noch nicht hierunter fallen. Und sie gelten generell nur für Verbraucher:innen, also nicht unbedingt wenn Unternehmen miteinander handeln. Aufpassen solltest du also beispielsweise bei Shops, die sich an Gewerbetreibende richten.
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