Spätestens seit der Umbenennung von Facebook in Meta ist klar, welche Einfluss Metaverse-Vordenker wie der Risikokapitalist Matthew Ball im Silicon Valley haben. Dabei gibt selbst Ball zu, dass es noch Jahrzehnte dauern könnte, bis seine Vorstellung eines „echten“ Metaverse Realität wird. Dabei gibt es bereits mehrere Plattformen, die virtuelle Welten auf Blockchain-Basis betreiben, und damit zumindest im Kern schon das machen, was Ball als wichtige Bestandteile des Metaverse definiert hat.
Die bekanntesten Plattformen dieser Art sind sicherlich Sandbox und Decentraland. Vor allem Sandbox hat bereits einige bekannte Marken anziehen können. Neben Kooperationen mit dem Sportbekleidungshersteller Adidas sind unter anderem auch das Zombie-Franchise „the Walking Dead“ oder Atari auf der Plattform aktiv. Letzterer betreibt außerdem auch ein Kasino auf der Konkurrenzplattform Decentraland. Im November 2021 kündigte außerdem die Karibiknation Barbados die Eröffnung einer Botschaft in der virtuellen Welt von Decentraland an.
The good, the bad and the ugly: Das realexistierende Metaverse Anfang 2021
Neben den beiden bekanntesten Metaverse-Vorreitern gibt es bereits eine ganze Reihe von weiteren Plattformen, die ebenfalls an virtuellen Welten auf Kryptobasis arbeiten. Ein Beispiel dafür ist Substrata. Im Gegensatz zu Decentraland und anderen Projekte dieser Art läuft Substrata allerdings nicht im Browser. Wer die virtuelle Welt betreten will, der muss erst eine Client-Software herunterladen. Die existiert für Windows, macOS und Linux. Auf einem Macbook Air mit M1-Chip läuft die Software allerdings derzeit noch quälend langsam. Ein Besuch von Substrata ist daher gerade vor allem eins: sehr frustrierend.
Deutlich flüssiger bewegt es sich in der Welt von Cryptovoxels. Die Plattform lässt sich direkt vom Browser aus betreten. Außerdem gibt es auch eine Android-Version des Clients. Viel los ist hier allerdings nicht. Was auffällt: Die Welt von Cryptovoxels – aber auch die von Decentraland oder Substrata – ist gefüllt mit Memes und aus künstlerischer Sicht eher mittelmäßig interessanten NFT. Hübsch ist diese Kryptokitsch-Ästhetik nicht, aber das waren die mit GIFs vollgestopften privaten Homepages der 1990er auch nicht.
Ästhetisch durchaus interessant ist aber Somnium Space. Die Plattform bietet neben einem Web-Interface sogar einen eigenen Virtual-Reality-Client. Der ist allerdings nur für Windows verfügbar. Die Web-Version läuft flüssig und grafisch gehört Somnium Space sicherlich zu den besseren Metaverse-Vertretern.
Zu verkaufen: Grundstücke in einem nicht existenten Metaverse
Das Metaverse-Projekt NFT Worlds hat noch keinen eigenen Client, um die virtuelle Welt zu besuchen. Die Macher:innen haben sich dafür allerdings eine interessante Notlösung einfallen lassen. Einzelne Parzellen der Welt wurden in Minecraft nachgebaut. Wer sie sehen möchte, kann sich dazu über das Spiel auf speziellen Servern anmelden. Von einem echten Metaverse im eigentlichen Sinne ist die Plattform damit zwar noch ein gutes Stück entfernt, aber es geht auch deutlich schlechter.
Gleich mehrere Metaverse-Projekte bieten nämlich bereits Land zum Verkauf an, obwohl sich die virtuellen Ländereien nicht mal besuchen lassen. Das Projekt TCG World wirbt beispielsweise auf der Homepage und in durchaus schick gemachten Videos für die virtuelle Welt, die zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht existiert. Land, aber auch Objekte für TCG World werden freilich schon zum Verkauf angeboten. Während aber auf der offiziellen Website ein großer Beta-Hinweis zu lesen ist, findet sich auf einer der hinteren Seiten des Whitepapers des Projekts der Hinweis, dass eine erste Alpha-Version der eigentlichen 3D-Welt erst Anfang des Jahres erscheinen soll.
Das ist kein Einzelfall. Auch Genesis World verkauft zwar bereits Kryptotoken für ein Metaverse-Projekt, das noch nicht wirklich funktioniert. Immerhin gehen die Macher:innen aber etwas offener mit dem Umstand um, dass die eigentliche Welt erst in einer späteren Phase verfügbar gemacht werden soll. Auch Matrix, Utherverse und Realm bieten vorerst nur den spekulativen Kauf von Grundstücken in einer Welt an, die nicht einmal virtuell existiert.
Es bleibt noch viel zu tun
Bis auch nur eines der bestehenden Metaverse-Projekte wirklich Massenappeal entwickeln kann, muss noch viel passieren. Selbst Vorreiter wie Decentraland und Sandbox stehen ganz am Anfang. Für kleine Projekte wird am Ende ausschlaggebend sein, ob sie genug waghalsige Investor:innen finden, die echtes Geld für virtuelle Grundstücke in die Hand nehmen, die sie auf absehbare Zeit nicht – und vielleicht auch niemals – zu Gesicht bekommen. Die bereits existierende Vielfalt zeigt jedoch, dass es ein echtes Interesse daran gibt, die Vorstellungen von Ball und anderen Metaverse-Advokat:innen Wirklichkeit werden zu lassen.
Und was ist mit Second Life, VRChat oder Recroom? Gerade letztere sollten eher das sein, was Zuckerberg mit Metaverse im Sinn hatte.
Es fehlt zudem wieder mal das durch Silicon Valley Gelder gut gesponsorte Gather.town das gerade im asiatischen Raum massiv an Fahrt aufnimmt aber auf in Deutschland in der Coronazeit viele Menschen schon genutzt haben…