Mit 250 Euro im Monat zum Millionär? Lindners Altersvorsorgedepot im Detail
Es war eines der zentralen Versprechen der FDP im letzten Bundestagswahlkampf – und doch diskutiert die Ampelkoalition seit Jahren darüber, wie sich das bisherige Rentensystem ergänzen lässt. Zu beherzten Reformen, die angesichts der sich wandelnden Alterspyramide dringend notwendig erscheinen, fehlt zwar die Bereitschaft (und die damit verbundenen finanziellen Mittel), doch mit dem Vorschlag eines Altersvorsorgedepots will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) jetzt zumindest einen Anreiz zum Vorsorgen schaffen.
Dass Lindner hier Geldanlageprodukte aus dem Aktienbereich favorisiert, ist so bekannt wie naheliegend. Insofern verwundert es nicht, dass der Finanzminister jetzt einen Vorschlag gemacht hat, der in diese Richtung geht.
Die Idee des Finanzministers sieht vor, dass Sparer:innen in Wertpapiere ihrer Wahl investieren können – mindestens 120 Euro pro Jahr sollen es sein, damit eine Förderungsfähigkeit durch den Staat gegeben ist. Für bis zu jährlich 3.000 Euro gäbe es dann einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent. Maximal schießt der Staat also 600 Euro jährlich zu. In dem Depot sollen sämtliche Erträge in der Ansparphase steuerfrei bleiben, in der Rente aber, wie inzwischen üblich, versteuert werden. Das kann angesichts des dann niedrigeren Steuersatzes vernünftig sein.
Ob das mit der Steuerfreiheit auch über die bezuschussten 3.000 Euro jährlich hinaus in unbegrenzter Höhe gilt, darf bezweifelt werden. Als sicher gilt zwar, dass das Geld dauerhaft festgelegt ist und erst im Alter angefasst werden kann. Immerhin spricht Lindner gegenüber Medienvertreter:innen davon, dass sich so der Zinseszinseffekt voll entfalten könne.
ETF, Aktien – und was ist mit Kryptos?
Zu den diesbezüglichen Konditionen macht Lindner bislang keine Angaben. Offen ist etwa, ob Sparer:innen in Notlagen bereits vor dem Eintritt der Altersrente an ihr Geld kommen und welche Altersgrenzen generell gelten. Noch nicht klar ist, wie diese speziellen Altersvorsorgedepots und die hierüber erworbenen Wertpapiere bepreist werden. Sinnvoll ist das ja nur, wenn die Banken und Finanzplattformen hier entsprechend zurückhaltend agieren und auch bei den Sparplangebühren günstig sind. Umgekehrt könnte, ähnlich wie sich dies im Riester-Bereich ergeben hat, das Vorsorgedepot für Banken und Finanzdienste zum Türöffner für andere Geldanlageprodukte im Rahmen einer Kund:innenbeziehung werden.
Ein springender Punkt für den Erfolg des Projekts wird aber auch sein, welche Arten und Formen von Wertpapieren dabei unterstützt werden. Aktien, aktive Fonds und ETF dürften sich von selbst verstehen, aber was ist mit Krypto-Beteiligungen (und wenn ja, in welcher Form), Optionsscheinen oder Zertifikaten? Bekannt ist bislang, dass es eine Art Zertifizierung geben soll, wobei deren Kriterien noch zu diskutieren sind.
Mit dem 250-Euro-Sparplan zum:r Millionär:in?
In jedem Fall könnte das neue Altersvorsorgedepot, wenn es denn die Mehrheit der Ampelparteien findet, für einen grundlegenden Wandel in der Altersvorsorge, aber auch für eine Stärkung der Anleger:innenkultur sorgen. Dazu gehört dann aber auch, dass Verbraucher:innen, die vorsorgen, transparent über die Chancen und Risiken der jeweiligen Geldanlageprodukte informiert werden.
Wenn Lindner hier Freiheit bei der Wahl der Anlageform gewährt, bringt das deutlich mehr Chancen als bisher, aber auch in bestimmten Marktsituationen Risiken. Der Minister verweist in verschiedenen Interviews auf Expert:innen und rechnet vor, dass sich mit einem Sparplan über 250 Euro im Monat über 40 Jahre ein (nominales) Millionenvermögen ansparen lässt.
Stellt man die Rechnung mit 40 Jahren und 250 Euro im Monat etwa bei einem (über den langen Zeitraum vergleichsweise risikoarmen) MSCI-World-ETF an, kommt man allerdings auf etwas andere Werte: 120.000 Euro über die Jahre eingezahltes Geld bringen laut dem ETF-Sparplanrechner des Anbieters Ishares bei einer durchschnittlichen Rendite von 6,3 Prozent für ebenjenen ETF immerhin ein hypothetisches Vermögen von 519.100 Euro. Beim auf US-Werte basierenden S&P 500-Index sind es immerhin schon bei einer durchschnittlichen Rendite von 8,1 Prozent in den letzten Jahren rund 827.100 Euro.
Mit höherer Rendite die Rentenlücke schließen
All das sind natürlich hypothetische Werte, die ein gutes Stück höher oder niedriger ausfallen können, aber eben auch nur mit dem höheren Risiko zu erwirtschaften sind. Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch, (risikoreicher) mit Einzelaktien zu sparen. Mit Unternehmen wie Microsoft, Amazon, Google oder Nvidia hätten Anleger:innen deutlich mehr Rendite machen können.
Dennoch: Selbst mit diesen etwas konservativeren Rechnungen wird klar, dass das eine Menge Geld ist, die vielen Menschen in einigen Jahrzehnten einen entscheidenden Rentenbaustein sichern könnte, der die Rentenlücke schließen kann. Und insbesondere vielen jüngeren Menschen ist bewusst, dass sie im Alter aus der staatlichen Rente aufgrund der sich wandelnden Alterspyramide kaum eine auskömmlichere Rente erzielen können.
In der Vergangenheit hatte der Staat die Altersvorsorge – neben der klassischen staatlichen Rentenversicherung – vor allem über die Rieser-Rente und die Rürup-Rente gefördert. Doch beide Konstrukte haben sich in den meisten Varianten für die Sparer:innen als wenig renditestark gezeigt. In einigen Fällen sind auch nach Jahren nach Abzug der staatlichen Zulagen negative Renditen zu vermelden.