Mitarbeiter gefeuert, weil er Webcam nicht einschalten will – bekommt 75.000€ vom Gericht zugesprochen

Würdet ihr die Webcam den ganzen Arbeitstag lang laufen lassen? (Foto: Shutterstock / Lea Rae)
Ein niederländischer Mitarbeiter, der remote für das Softwareunternehmen Chetu Inc. aus den USA, Florida gearbeitet hat, wurde gefeuert, weil er bei der Arbeit nicht seine Webcam laufen lassen wollte.
Die Kündigung war seiner Ansicht nach ungerechtfertigt, weshalb er sie vor Gericht angefochten hat. Dieses hat dem Niederländer rund 75.000 Euro zugesprochen, wie die NL Times berichtet.
Seit 2019 im Unternehmen
Der Mitarbeiter aus Diessen in Noord-Brabant war bereits seit Januar 2019 bei Chetu beschäftigt und verdiente dort laut eigenen Angaben mehr als 70.000 Euro im Jahr an Gehalt, Provision, Bonus und Urlaubsgeld.
Am 23. August sollte er dann an einem sogenannten „Korrekturmaßnahme-Programm“ teilnehmen. Im Zuge des Programms sollte er den ganzen Arbeitstag eingeloggt sein und seine Webcam sowie ein Screen-Sharing-Programm laufen lassen.
Am 25. August dann teilte der Niederländer dem Unternehmen mit, dass das Programm einen Eingriff in seine Privatsphäre darstelle und er sich wirklich unwohl damit fühle, die Kamera den ganzen Tag laufen zu lassen. Das Unternehmen könne schließlich schon durch Screen-Sharing nachverfolgen, was er an seinem Computer macht.
Die Kündigung folgt prompt
Nur einen Tag später, also am 26. August folgte direkt die Kündigung von Chetu. Er wurde wegen „Arbeitsverweigerung” und „Aufsässigkeit” fristlos entlassen. Das wollte der Mitarbeiter aber so nicht auf sich sitzen lassen, weshalb er den Fall zum Gericht von Zeeland-West-Brabant in Tilburg brachte.
Er sagte: „Es lagen keine dringenden Gründe vor, die die ausgesprochene fristlose Kündigung rechtfertigten.“ Die Kündigung sei unverhältnismäßig und die Forderung die Webcam anzulassen unangemessen. Außerdem würde das gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen.
Gericht gibt ihm Recht
Das Gericht gibt dem Mitarbeiter schließlich Recht. Die Kündigung sei nicht rechtskräftig gewesen. „Der Arbeitgeber hat die Gründe für die Kündigung nicht deutlich genug gemacht. Auch sei weder eine Arbeitsverweigerung nachweisbar noch eine zumutbare Belehrung erfolgt. Die Anweisung, die Kamera eingeschaltet zu lassen, verstößt gegen das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privatlebens“, so das Gericht.
Chetu argumentierte, dass die eingeschaltete Webcam das Gleiche wäre, als wenn der Mitarbeiter vor Ort sei und Manager ihn beobachten können. Außerdem hielt es das Unterbezirksgericht es für unwahrscheinlich, dass das Unternehmen die Bilder der Kamera speicher wolle, weshalb Datenschutz kein relevantes Thema für den Fall sei.
Das Gericht verurteilte Chetu schließlich dazu, 50.000 Euro in Entschädigung zu zahlen. Dazu kommen 2.700 Euro in ausstehendem Gehalt, 8.375 Euro wegen unrechtmäßiger Kündigung sowie 9.500 Euro als Übergangshilfe. Obendrauf kommen Zahlungen für 23 nicht genommene Urlaubstage.
Außerdem erklärte das Gericht das Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungsklausel in seinem Vertrag für unwirksam. Gegen das Urteil kann innerhalb von drei Monaten von beiden Seiten Berufung eingelegt werden.
In Deutschland befasst sich der Bundesgerichtshof derweil mit der Frage, wer Datenschutzverstöße vor Gericht bringen darf.
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