10 Prozent der Zeit für Kommunikation: So gewinnst du das Vertrauen deiner Mitarbeiter

„Ich muss gleich zum Chef“, grummelt Martens. „Jahresgespräch.“ Sein Kollege nickt teilnahmsvoll. Er weiß auch, dass das kein Grund zur Freude ist. Dramatisch: Auch der Chef hat keinen Bock. Das obligatorische Jahresgespräch ist nicht nur für beide Seiten unerfreulich, sondern bringt auch nichts außer Budgetlügen und Rechtfertigungen. Dennoch bricht Geschäftsführer-Coach Bernd Geropp eine Lanze für regelmäßige Mitarbeitergespräche – und meint damit weder die jährlichen Zielvereinbarungen noch die Tür- und Angelgespräche im Flur oder in der Teeküche.
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Mehr Zeit für echte Gespräche
Führungskräfte suchten das Gespräch mit dem Mitarbeiter in der Regel, um sich nach dem Stand eines Projektes zu erkundigen oder wenn es ein Problem gibt. Auch im Jour fixe ginge es ausschließlich ums Tagesgeschäft. „Wann unterhält man sich schon mal wirklich über persönliche Themen des Mitarbeiters“, so Geropp. Dabei seien es gerade die Aspekte abseits des Tagesgeschäftes, die wertvolle Orientierung böten:
- Wo liegen aktuell die größten Herausforderungen für den Mitarbeiter – sowohl privat als auch beruflich?
- Welche Erwartungen hat der Mitarbeiter an die Führungskraft? Und umgekehrt?
- Wie steht der Mitarbeiter zu den wichtigsten Unternehmenszielen?
- Wo braucht der Mitarbeiter gegebenenfalls Unterstützung?
In persönlichen Gesprächen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, den sogenannten One-on-Ones, gehe es darum, Erwartungshaltungen zu klären und ein einheitliches Verständnis von der gemeinsamen Stoßrichtung zu schaffen. „Indem Führungskraft und Mitarbeiter echte Gespräche führen, bauen sie Vertrauen auf“, ist Geropp überzeugt. „Beide Seiten lernen sich kennen.“
30 Minuten pro Woche
Dieser intensive Austausch gelinge selten im Tagesgeschäft, weiß Geropp. Deshalb sei es wichtig, sich bewusst Zeit zu nehmen und außerhalb der täglichen Routine miteinander ins Gespräch zu kommen. Er empfiehlt Führungskräften, mit jedem ihrer Direct Reports einmal pro Woche 30 Minuten lang zu sprechen. „Das sei überhaupt nicht zu schaffen“, hört Geropp im Gespräch mit Führungskräften immer wieder. „Bei sieben Mitarbeitern wären das ja 3,5 Stunden!“. „Stimmt“, gibt Geropp zu. „Doch ins Verhältnis zur Wochenarbeitszeit gesetzt, sind das noch nicht einmal zehn Prozent.“ Im Grunde sehr wenig, wenn man bedenke, dass die Entwicklung der Mitarbeiter die vordringlichste aller Führungsaufgaben sei. Die Zeit sei bestens investiert. „Langfristig bringen diese One-on-Ones einen hohen Return on Investment“, ist Geropp überzeugt. „Wenn du es richtig anfängst, dann ziehen dein Mitarbeiter und du an einem Strang.“ Auf dieser Basis ließe sich nicht nur besser delegieren, sondern die Führungskraft könne zudem sicher sein, dass der Mitarbeiter in ihrem Sinne und im Sinne des Unternehmens agiere. „Und wenn Führungskräfte auf diese Weise Vertrauen schaffen, wird der Mitarbeiter auch rechtzeitig Signale senden, wenn etwas nicht stimmt“, so Geropp. Er erlebe immer wieder, dass Führungskräfte aus allen Wolken fallen, wenn plötzlich einer der besten Mitarbeiter kündige. Dabei deuten sich gerade so etwas wie Kündigungen langfristig an.
One-one-One: So geht’s
Führungskräfte seien zunächst von dem neuen Gesprächsformat überfordert. Man fühle sich irgendwie blöd dabei. „Das ist am Anfang völlig normal“, weiß Geropp. Gerade für den Anfang empfiehlt der Coach eine grobe Dreiteilung des Gespräches:
- Eis brechen und Themen aufdecken: Zeit für den Mitarbeiter. Als Führungskraft solltest du hier offene Fragen stellen, beispielsweise, wie es gerade bei dem neuen Großkunden läuft, was derzeit die größte Herausforderung ist oder was er von der aktuellen Organisationsentwicklung hält. Wichtig dabei: Den Mitarbeiter reden lassen. Und zuhören.
- Eigene Themen ansprechen und reflektieren: Hier kann die Führungskraft aktuelle Pläne oder Vorhaben ansprechen und gezielt Feedback einholen.
- Gemeinsame To-dos reflektieren: Sollten sich Mitarbeiter und Führungskraft etwas gemeinsam vorgenommen haben, lässt sich das im Gespräch gut reflektieren.
Wichtig: Der zweite und dritte Teil kommt erst auf die Agenda, wenn der Mitarbeiter ausreichend Zeit hatte, seine Themen zu besprechen. „Und wenn er dafür die ganzen 30 Minuten braucht, dann ist das auch in Ordnung“, so Geropp. Schließlich gehe es in diesen Gesprächen insbesondere um die Belange des Mitarbeiters. „Wenn dann nur der Chef redet, landet das Gespräch in einer Sackgasse.“ Das Gespräch sollte in einer ruhigen, entspannten Umgebung stattfinden. „Möglicherweise spricht man auf einem Spaziergang miteinander“, rät Geropp. Dass das Handy ausgeschaltet bleibe, sei selbstverständlich. „Möglicherweise ist auch der Mitarbeiter anfangs skeptisch“, so Geropp. Führungskräfte müssten das aushalten. „Führungskräfte dürfen die Unsicherheit mit dem neuen Format ruhig offen ansprechen“, ermutigt Geropp. Sich durch dieses Unwohlsein durchzukämpfen, lohne sich. Indem die Führungskraft dem Mitarbeiter ungeteilte Aufmerksamkeit schenke, zeige sie eine besonders hohe Wertschätzung – eine Wertschätzung, die dazu führe, dass sich der Mitarbeiter motiviert für die gemeinsamen Ziele einsetze. „Die Investition kommt doppelt und dreifach zurück“, ist Geropp überzeugt.
Mehr zum Thema: Wer redet, lernt nicht: Warum Führungskräfte einfach mal die Klappe halten sollten
Vielen Dank Frau Vollmar für diesen guten ‚Reminder‘ über die Wichtigkeit von Mitarbeitergesprächen. In meiner Arbeit als Coach in der Coachingpraxis.Berlin ist die Erarbeitung einer zeitgemäßen Führung ein zentraler Punkt. Daher kann ich die Bedeutung, die Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen, nur unterstreichen. Darüber hinaus erscheint es mir auch wichtig, dass sich die Mitarbeiter untereinander gut kennenlernen. Denn auch die Interaktionen im Team bestimmen über die Motivation der Mitarbeiter – und damit letztlich die Produktivität der Abteilung.