Neue Richtlinien für Alkohol-Werbung: Warum bei Influencern nicht nur das Alter entscheidet
Wer zu jung aussieht, soll nicht für Alkohol werben: Der deutsche Werberat hat in fünf Punkten neue Richtlinien für die Werbung für Alkohol festgelegt. Der Leitfaden soll Kinder und Jugendliche schützen und Werbetreibende zu einem bewussten Umgang mit Anzeigen bringen. Das klingt gut – allerdings sind die Vorgaben teilweise recht schwammig formuliert.
Was ist junges Aussehen?
Der fünfte Punkt adressiert nämlich explizit Influencer:innen: „Influencerinnen und Influencer müssen mindestens, auch vom optischen Eindruck her, junge Erwachsene sein“, heißt es dort. Eine Definition oder Merkmale zur Festlegung gibt es nicht.
Jeanette Okwu, erste Vorsitzende des Bundesverband Influencer Marketing e.V. verweist auf „Styling, Verhalten und Kontext“, genauer kann sie die Definition auch nicht setzen. „Die Bewertung bleibt jedoch subjektiv und kann im Einzelfall diskutiert werden“, so Okwu.
Zusätzlich gilt laut Okwu das Mindestalter – in Deutschland darf Alkohol regulär ab einem Alter von 18 Jahren konsumiert werden. Diese Altersgrenze gilt folglich auch für Influencer:innen-Werbung: Sie ist geprägt durch das Ausprobieren von Produkten; wer minderjährig ist, kann keinen „Taste-Test“, eine Geschmacksprobe, machen. Ein Sprecher des Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. verweist jedoch auf eine andere Zahl: Weltweit gelte die Reglung, Models müssten 25 Jahre alt sein. Der feine Unterschied: Influencer:innen sind nicht automatisch Models.
Neue Richtlinie besteht aus 5 Punkten
Dennoch bleibt unklar, wie dieses junge Aussehen genau zu bewerten ist – Einheitlichkeit fehlt. Die anderen vier Punkte sind dagegen klarer formuliert:
- Unternehmen müssen bei ihren Auftritten auf Social-Media-Plattform transparent machen, dass sie die Verantwortung tragen.
- „Nutzergenerierte Inhalte“ von Dritten in den digitalen Kanälen müssen regelmäßig hinsichtlich der Verhaltensregeln des Deutschen Werberats kontrolliert werden.
- Unternehmen müssen eine Altersschranke einbauen, sofern möglich, damit Minderjährige nicht auf die Inhalte zugreifen können.
- Weiterleitungsmöglichkeiten müssen nach Möglichkeit so eingestellt werden, dass Dritte die Inhalte nicht an „Personen unterhalb des gesetzlichen Mindestalters“ – Bier und Wein dürfen ab 16 Jahren konsumiert werden, hochprozentiger Alkohol ab 18 Jahren – geschickt werden können.
Ab 2025 Beschränkungsmöglichkeiten auf Plattformen
Die beiden letzten Punkte setzen entsprechende Möglichkeiten bei den Plattformen voraus, die zum Teilen genutzt werden. Aktuell gibt es nämlich noch keine Möglichkeit, die Beschränkung für Menschen ab 16 Jahren entsprechend einzustellen; bei Tiktok kann Content beispielsweise nur so markiert werden, dass er erst Volljährigen angezeigt wird. Ändern soll sich das spätestens 2025: Im Juni 2024 haben Google, Meta, Pinterest, Snapchat, Tiktok und X sich darauf geeinigt.
Bis dahin werden die Unternehmen also besonders mit entsprechenden Hinweisen arbeiten. Insgesamt werde laut dem BVDW-Sprecher durch die aktualisierten Leitlinien Klarheit und Sicherheit geschaffen, auch Okwu bewertet sie grundsätzlich positiv. Jedoch sieht sie auch Herausforderungen in der praktischen Umsetzung auf die Influencer-Branche zukommen.
Herausforderung: Genauere Absprachen treffen
Brands und Agenturen müssen aus ihrer Sicht bei Strategien, Kampagnen und Influencer:innen-Briefings noch genauer auf die Einhaltung der Leitlinien schauen. „Sie sollten auf jeden Fall das Reporting mit größter Sorgfalt ansetzen, um dann nach vorne auch benchmarken zu können. In der Zusammenarbeit mit den Influencern heißt es bereits, in den Vertragsverhandlungen und in den Verträgen alle Eventualitäten festzuhalten“, rät sie.
Einen Rückgang von Kooperationsanfragen hält sie jedoch für unwahrscheinlich. „Vielmehr werden Unternehmen nun verstärkt darauf achten, dass Influencer die Regeln des Werberats beachten. Dies könnte sogar zu einer Professionalisierung der Zusammenarbeit führen“, so Okwu. Eine daraus folgende genauere Auswahl der Kooperationspartner könnte die berufliche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Influencer:innen aus ihrer Sicht qualitativ verbessern. Sie verweist jedoch auch darauf, dass Alkohol-Werbung im Influencer:innen-Geschäft eine Nische ist: „Alkoholwerbung spielt im Influencer-Marketing eine eher untergeordnete Rolle“, sagt sie.
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