OKR-Profi Marco Alberti im Interview: „Die größten Benefits sind Transparenz und Fokussierung“
Die Management Methode OKR – kurz für „Objectives und Key-Results“ – verbindet die Ziele eines Unternehmens mit denen jedes einzelnen Mitarbeiters und setzt jeweils einen klaren Fokus für die nächsten drei Monate. Durch den Einsatz bei Intel und Google ist das Framework bekannt geworden. Im Interview erzählt Murakamy-Geschäftsführer und Autor den t3n-Guides „Agile Führung mit OKR“ Marco Alberti, warum auch gerade kleine Unternehmen davon profitieren und wo die größten Benefits liegen.
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t3n: Murakamy berät und coacht Unternehmen bei der Einführung des Frameworks OKR. „Noch so eine Nummer aus dem Methodenzirkus“, wird sich vielleicht mancher denken. Was würdet ihr darauf entgegnen?
Marco Alberti: Den Impuls kann ich verstehen. Die Frage ist natürlich: Was kann diese Methode bewirken? Und da performt sie ziemlich gut im Vergleich zu den Alternativen. Vor allem: Wenn man die Leute wirklich mal fragt, was sie alternativ benutzen, dann ist die Antwort meist: „Ja, nix. Wir machen es halt irgendwie.“
t3n: Was genau ist denn nun OKR? In zwei Sätzen.
Im Prinzip hilft OKR dabei, die Perspektive auf die richtigen Herausforderungen zu legen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Es beantwortet dir die Frage, was als Nächstes am Wichtigsten ist, und wie ich mich konsequent agil der Sache nähern und Learnings daraus ziehen kann.
t3n: OKR werden in ziemlich engen Abständen – mehrmals pro Jahr – neu formuliert. Ist der Aufwand überhaupt händelbar? Oder ersetzen die Meetings nur andere?
Wir werden oft gefragt „Was, die Meetings jetzt auch noch?!“. Und ja, die Workshops, die am Anfang stehen, die kommen dazu. Das ist so. Aber die Regelmeetings ersetzen im Prinzip nur Meetings, die es eh schon gibt. Die Leute reden nämlich auch so sehr regelmäßig miteinander, die Frage ist nur worüber und ob das einer klaren Agenda folgt.
Also konkret: Ja, es kommt was dazu, nämlich geplante Abstimmung. Und ja, es wird viel ersetzt, was es schon gibt. Vor allem auch die komplette „kannst du mal grade/ hast du mal grade“-Kommunikation und unstrukturierte E-Mail- und Slackkommunikation. Das fällt weg, weil man im Vorfeld klärt, wer will und braucht von wem was, um die Ziele zu erreichen. Am Ende bringt es mehr Ruhe.
t3n: Bei der Formulierung der Objectives und Key-Results geht es ziemlich ambitioniert zu – Stichwort Stretchgoals. Wie gut funktionieren die herausfordernden Ziele in der Praxis?
Das wird oft von beiden Seiten verkehrt interpretiert. Von der Seite, die das Ziel vorgibt, und von der Seite, die das Ziel annimmt. Die Grundidee hinter diesem 10x-Ansatz, also das Ziel statt zehn Prozent zehn Mal höher zu stecken, ist ja: Ich mache das Ziel so krass unwahrscheinlich, dass ich etwas grundlegend anders machen muss, um es zu erreichen. Eine zehnprozentige Steigerung ließe sich durch mehr Input bewerkstelligen. Eine Steigerung mal zehn nicht. Es geht darum, etwas anderes zu versuchen, statt mit Überstunden zu kompensieren.
t3n: Die langfristige Ausrichtung wird bei der OKR-Methode über die Vision und Mission des Unternehmens definiert. Was macht eine gute Vision aus?
Das ist eine tagesfüllende Frage. Am besten lässt sich das an Beispielen festmachen, wie eine Vision nicht aussehen sollte: „Wir wollen der größte Anbieter für XYZ sein.“ Du brauchst etwas, was dich selbst aus dem Kontext rausnimmst und formulierst stattdessen, wie du dir die Welt in Zukunft vorstellst. Ein Beispiel für eine knackig formulierte Vision wäre: eine Welt ohne Krebs.
t3n: Und was hat es mit der Mission auf sich?
Die Mission ist dein Beitrag an deiner Vision für die Zukunft. Sie beantwortet, was du als Unternehmen leisten kannst, um diese Vision wahr werden zu lassen. Die Mission zum Beispiel von oben könnte sein, dem Immunsystem beizubringen, welches gute und welches schlechte Zellen sind und es dem Körper so zu ermöglichen, sich selbst zu heilen.
t3n: Gibt es für OKR eine Mindestgröße? Was ist zum Beispiel mit Unternehmen, die nur fünf Mitarbeiter haben, ergibt es für so kleine Unternehmen Sinn?
Total, je kleiner das Unternehmen ist, an desto mehr Fronten versucht sich ja jeder Mitarbeiter. Die Chancen, die du ergreifen kannst, sind noch größer, als wenn du einen ganz klar umrissenen Job hast. Wenn du zum Beispiel für ein großes Unternehmen arbeitest und für das Online-Marketing bei Facebook in Deutschland zuständig bist, dann ist das ja schon eine Grundfokussierung, die sich aus deiner Rolle ergibt. Wohingegen du in so nem Fünf-Mann-Startup-Team vermutlich für deutsches Facebook-Marketing, amerikanisches Google-Marketing oder in PR klassischer Natur verantwortlich bist und eine Million Möglichkeiten hast, deine Zeit unterschiedlich einzusetzen.
t3n: Gibt es Voraussetzungen, die man erfüllen sollte, bevor man das Framework implementiert, etwa in Sachen Führungskultur?
Es braucht eine klare Vorstellung davon, wer in dem Unternehmen eigentlich was macht. Also eine klare Definition der Rollen und Verantwortlichkeiten. Wer berichtet an wen, wer entscheidet was. Wenn man das jetzt so hört, denkt man vielleicht „klar, logisch“, aber oft ist das nicht so klar.
t3n: Reicht es denn, das zu dokumentieren oder muss man das vorher auch direkt sortiert haben?
Du kriegst das vermutlich nicht sofort geheilt. Muss es auch nicht aus unserer Sicht auch nicht. Es hat sich gezeigt, dass OKR dich im Prinzip sowieso dazu zwingt, das zu ändern. Es spielt dir eben immer wieder vor, wenn du an einer Stelle nicht ganz klar gemacht hast, wie ein Mitarbeiter seine Arbeitskraft auf verschiedene Gebiete aufteilen soll.
t3n: Was ist der größte Benefit von der Arbeit mit OKR? Wird man etwa schneller, effizienter oder flexibler?
Die größten Benefits und was auch die meisten sich davon erhoffen, ist Transparenz. Also zu sehen, woran arbeiten wir denn eigentlich unternehmensweit. Und der zweite Punkt ist Fokussierung. Dass alle wissen, in welche Richtung sie ziehen.
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„Geschichtenerzählerin aus Leidenschaft – beruflich wie privat“
Schreibt Relotius jetzt unter weiblichem Pseudonym? ^^
Man kann auch wahre Geschichten erzählen.