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Interview

Moderator Ole Tillmann: Führungskräfte können sich viel von Youtubern abschauen

Ole Tillmann wurde als Moderator bei „Top of the Pops“ bekannt und ist inzwischen Kommunikationscoach. Im Interview verrät er, warum Führungskräfte Storyteller sein sollten und was sie sich dabei von Youtubern abschauen können.

Von Alexander Schulz
9 Min.
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Ole Tillmann ist Schauspieler, Moderator und Innovationscoach. (Foto: Tryba)

Kommunikation ist sein täglich Brot, die Kamera sein treuer Begleiter: Ole Tillmann weiß, wie er andere mit seinen Worten fesseln kann. Das gibt er mit seiner Berliner Design- und Innovationsberatung Peak an Führungskräfte, Startups und Keynote-Speaker weiter. Doch bekannt wurde der 40-Jährige nicht als Kommunikationscoach. Zur Jahrtausendwende spielte Ole Tillmann eine Rolle in der RTL-Soap „Unter uns“. Außerdem moderierte er die Musiksendung „Top of the Pops“ und stand dabei mit Popstars wie Justin Timberlake oder Ronan Keating vor der Kamera. Seit seinem Ausstieg bei RTL gibt der ausgebildete Schauspieler seine Erfahrungen an seine Kunden weiter. Über 350 Sprecher:innen der TedX-Konferenz in Berlin, Hamburg und München hat Ole Tillmann seit 2009 auf Vorträge und Keynotes vorbereitet.

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Der gebürtige Kölner sieht sich als Motivator. Sein selbstausgegebenes Ziel: Menschen dazu befähigen, ihre Ideen und Gedanken so auszudrücken, dass sie ihr Publikum bestmöglich erreichen. Aus diesem Antrieb heraus gründete Ole Tillmann 2012 die Innovationsberatung Peak, mit der er Workshops anbietet. Er vertritt die These, dass Führungskräfte gerade in Zeiten remote arbeitender Teams in ihrer Kommunikation wie professionelle Youtuber denken sollten.

t3n: Soweit ich weiß, hat Rezo noch kein Tutorial zum Thema Leadership herausgegeben. Was meinst du damit, wenn du sagst, Führungskräfte sollten sich an Youtubern orientieren?

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Ole Tillmann: Führungskräfte müssen lernen, ihre Kommunikation so aufzubereiten, dass sie auch in einem virtuellen Raum und von einem dezentral organisierten Team bestmöglich verstanden wird. Sprich: Sie müssen noch visueller und sprachlich exakter kommunizieren als sonst, etwa den Umgang mit geschriebenen Worten und deren visueller Aufbereitung beherrschen. Viele haben bereits gelernt, professionelle Videos zu produzieren, um ihr Team optimal zu führen – und orientieren sich dabei an professionellen Youtubern.

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t3n: Wie sieht das im Detail aus?

Führungskräfte sollten wie Youtuber als persönliche Marke agieren. Sie müssen Content produzieren und damit für ihr Team Lernmomente schaffen. Ein Beispiel: Ich erkenne ein bestimmtes Muster zu einem Business-Prozess. Dieses Muster muss ich an mein Team kommunizieren, damit meine Mitarbeitenden wissen, was sie zu tun haben. Das ist nichts anderes als Content-Creation. Ein großer Vorteil von Kommunikation via Video hängt stark mit der derzeitigen Situation zusammen: Wenn mein Mitarbeiter im Homeoffice arbeitet und vielleicht gerade auch noch mit seinen Kindern beschäftigt ist, muss ich mir als Führungskraft die Frage stellen: Wie kann ich meine Nachricht an den Mitarbeitenden tragen? Videocontent ist ortsunabhängig, skalierbar und asynchron – meine Teamansprache, meine Anweisung wird dadurch zu jeder Zeit abrufbar.

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t3n: Wenn ich mir das Programm auf Youtube ansehe, denke ich nicht direkt an Leadership. Wie bist du auf die Idee gekommen, Führungskräfte könnten sich bei Youtubern etwas abschauen?

Wenn ich die genannten Aspekte betrachte und mich frage, wo wird das bereits professionell gelebt – dann ist das eben auf Youtube. Rezo ist nur ein Beispiel, Führungskräfte können auch auf die Gaming-Industrie schauen. Die Streamingplattform Twitch ist mittlerweile gelebtes Personal-TV. Was dort stattfindet, finde ich hochgradig spannend. Und mit der Pandemie, die uns alle ins Homeoffice geschleudert hat, zeigt der Blick zu Twitch oder Youtube umso mehr, wie wir die neuen Kommunikationskanäle bestmöglich nutzen können.

Menschen in Führungspositionen sind kreative Content-Creator, sie sind Storyteller.

t3n: Du selbst hast deine Karriere als Schauspieler und Moderator gestartet, als es weder Youtube noch Twitch gab. Wie viel davon fließt auch heute noch in deine Arbeit als Coach ein?

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Das ist das, woraus ich schöpfe. Ich selbst versuche immer, die stärkst mögliche Vereinfachung zu erreichen, ohne dabei die Tiefe der Quelle und des Themas zu verlieren. Und genau in diesem Bereich liegen oft die größten Schwierigkeiten. Das Komplexe einfach und anschaulich rüberzubringen. Das gilt auf der Bühne genau wie für Führungskräfte, für „Top of the Pops“ wie für die Businesskonferenz. Ich stelle mir immer dieselbe Frage: Was ist die Essenz dessen, was ich erzählen möchte? Was ist die Geschichte?

t3n: Wer im Businesskontext ein Thema vermitteln will, muss es in eine Story verpacken?

Korrekt. „Great Storys happen to those who can tell them.“ Dieses Zitat des amerikanischen Journalisten Ira Glass bringt es auf den Punkt. Auch das sehen wir auf Youtube: Wenn wir uns die Extremsportler anschauen, die uns in ihren Videos in einem First-Person-Narrativ mitnehmen, können wir das Erlebte fast spüren. Auf Führungskräfte übertragen heißt das, ich muss die interessanten Teile einer Geschichte finden und in meinen Vortrag einbauen. Wo sind die Momente in einer Businessstrategie, die für mich total spannend und wichtig sind? Und wie kann ich das so rüberbringen, dass mein Team diese Begeisterung auch erleben kann?

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Der t3n-Guide: Leadership aus dem Homeoffice

t3n: Das heißt, Führungskräfte sollten ihre Empfindungen auf ihr Team übertragen?

Genau. Es gibt die Theorie der neuronalen Kopplung. Damit ist ein Prozess gemeint, bei dem die Gehirnaktivität eines Zuhörers die des Sprechers widerspiegelt. Dadurch entsteht eine Art Kopie dessen, was der Sprecher tatsächlich während der Erfahrung erlebt hat, über die er berichtet. Die Gehirnaktivität meines Publikums oder meines Teams passt sich also meiner an. Für Führungskräfte ist das wichtig: Ihr emotionaler Zustand, ihre Kenntnis über ihre Themen überträgt sich auf ihr Team. Andersrum: Ist eine Führungskraft sich selbst nicht klar über ein Thema, kann sie auch nur schwer Klarheit an ihr Team vermitteln. Menschen in Führungspositionen sind kreative Content-Creator, sie sind Storyteller.

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t3n: Welche besonders empfehlenswerten Beispiele für Kommunikation von Führungskräften fallen dir ein?

Christoph Magnussen von Blackboat macht das sehr gut mit seinem Blog „on the way to new work“. Mit ihm habe ich auch bereits zusammengearbeitet. Er ist für mich der gelebte Storyteller und in seiner Vorgehensweise sehr nah an dem dran, was wir von Youtubern kennen. Wir können ihn ja sogar dort sehen auf seinem eigenen Kanal.

Auch sehr beeindruckend finde ich Hanno Renner (CEO von Personio). Er hat kürzlich eine interne Veranstaltung komplett als Fernsehproduktion für alle seine über die ganze Welt verteilten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen produziert. An dieser internen Produktion waren 17 Menschen beteiligt. Das ist durch die heutige Technologie überhaupt erst möglich – und auch nur, weil die Menschen zu Hause im Homeoffice vor ihren Screens sitzen.

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t3n: Christoph Magnussen und Hanno Renner sind Paradebeispiele. Aber kann das nicht auch peinlich enden und unseriös wirken, wenn eine Führungskraft plötzlich wie ein Youtuber kommuniziert?

Mir geht es dabei nicht um eine besonders hippe Bildsprache, sondern um die Idee, als Content-Creator zu funktionieren. Führungskräfte müssen verstehen, wie Bewegtbild produziert wird. Das ist einfach eine sehr effektive Art der Kommunikation. Gerade bei remote arbeitenden Teams müssen sie sich einfach immer fragen: Wie kann ich aus meiner Message eine Story machen?

t3n: Wie sieht so etwas in einem mitunter drögen Businesskontext aus?

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Stell dir vor, eine Führungskraft erstellt einen Marketingplan und muss den in ihrer Organisation an ihr Team kommunizieren. Als Content-Creator ist es dann wichtig, dass schon während der Erstellung des Plans die Kommunikation mitgedacht wird. Und das passiert dann im Idealfall nicht mit einer total langweiligen, vollgeballerten Powerpoint-Präsentation. Kommunikation ist ein integraler Bestandteil. Wenn wir sie von Anfang an bedenken, hat das zudem den Effekt, dass Führungskräfte ihre Themen selbst besser verstehen. Wenn ich ein Thema unterrichte, also lehre, dann lerne ich auch selbst viel besser, es richtig zu verstehen und zu durchdringen. Wenn das Thema klar ist, ist die nächste Frage, wie kann es jemandem kommuniziert werden, der dieses Wissen noch nicht hat? Dann braucht es eine einfache und verständliche Storyline, die das rüberbringt. Und schon sind wir bei Youtubern. Deren Content ist hochwertig produziert, aber die Struktur dahinter ist in der Regel sehr simpel.

t3n: Wie sieht diese Struktur aus?

Bleiben wir bei dem Marketingplan. In diesen Plan müssen extrem viele Insights eingebaut werden. In so einem Fall muss ich als Führungskraft zuerst ein Framework anlegen. Zum Beispiel: „Das sind die drei wichtigsten Punkte aus unserer Marketingstrategie 2021.“ Klingt wie „Die drei besten Wege, um eine Zitrone zu schälen“, oder? Könnte also so auch in einem Youtube-Video laufen. Vielleicht gibt es 50 Möglichkeiten eine Zitrone zu schälen. Ich begrenze mich aber vorher schon auf drei und entscheide mich bewusst für die besten Wege. Das funktioniert auch im Businesskontext. Um diese drei Punkte bastele ich ein Intro, ein Wrap-up und ein Call-to-Action. So kann ich ein sehr komplexes Thema auf ganz einfache Art und Weise vermitteln.

Wenn ich weiß, wo sich mein Team emotional gerade befindet, weiß ich, wo ich ansetzen muss.

t3n: Wie sollten Führungskräfte bei der Erstellung ihrer Storyline für eine Teamansprache vorgehen?

Es ist verlockend, die Vorbereitung für ein Video oder einen Zoomcall digital durchzuführen. Ich rate in meinen Coachings aber immer dazu, alles erstmal analog aufzuschreiben und aufzuzeichnen. Dafür kann einfach eine Wand oder ein Fenster herhalten. Mit so einem ganz einfachen Storyboard entwickeln wir dann die Storyline für eine Präsentation. Die Ideen kommen aus dem Kopf auf Papier und werden zu einem schnellen Prototypen. Zudem könnte ich das auch direkt so kommunizieren, wenn im Team akzeptiert ist, dass auch einfache Zeichnungen ausreichen. Zuletzt ist es aber einfach hilfreich, die gesamte Präsentation auf einen Blick zu sehen. Von hier aus kann alles ins Digitale übertragen werden.

t3n: Was gehört für dich zur perfekten Teamansprache in einer Remote-Situation?

Der Schlüssel ist Empathie. Das gilt für jede Form der Kommunikation, in Zeiten wie den jetzigen gilt das aber mehr denn je. Durch die räumliche Trennung ist es schwer sich vorzustellen, in welchem emotionalen Zustand sich unser Gegenüber befindet. Deshalb frage ich mich immer zuerst: Wo hole ich jemanden in Bezug auf mein Thema ab? Wenn ich weiß, wo sich mein Team emotional gerade befindet, weiß ich, wo ich ansetzen muss. Wenn dazu klar ist, wo ich mein Team mit meiner Ansprache hinführen will, habe ich zwei Kernpunkte schon beachtet. Empathie ist eine Fähigkeit, die wir haben, die aber durch Videocalls und Chats sehr strapaziert wird. Wenn ich zum Beispiel zu 25 Personen spreche, die ich alle nur als Avatar sehe, muss ich mir einen Großteil der räumlichen Situation vorstellen. Das kann sehr schnell erschöpfen.

Auch interessant: Warum Smalltalk gerade jetzt in Meetings nicht zu kurz kommen sollte

t3n: Erschöpfen können Videocalls auch das Team. Wie können Führungskräfte reagieren, wenn Teammitglieder abschweifen?

In solchen Fällen kann es helfen, das Design der Ansprache anzupassen. Nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich. Ich würde immer auf Interaktivität setzen. Wenn ich mein Team zur Reflektion auffordere und das Feedback dann wieder in meine Ansprache einfließen lasse, sorge ich für Aktivität. Das ist mithilfe von Umfragetools wie Mentimeter oder Slido zum Beispiel problemlos möglich. Das wird sicher auch nach der Pandemie verstärkt in Meetings und Vorträgen zum Einsatz kommen.

t3n: Noch komplizierter wird es ja, wenn nach der Pandemie ein Teil des Teams im Homeoffice bleibt und ein anderer wieder im Büro sitzt. Wie können sich Führungspersonen auf solche Hybrid-Konferenzen einstellen?

Das birgt zunächst durchaus Vorteile. Vor einer Gruppe in einem Raum zu präsentieren, ist eine viel natürlichere Situation als in einem Videocall. Für mich als Führungskraft ist das positiv. Trotzdem ist natürlich eine höhere Aufmerksamkeit gefragt, um auch den Teil des Teams zu bedienen, der remote an dem Meeting teilnimmt. Wichtig ist, dass auch die Menschen, die vor einem Bildschirm sitzen, mich komplett wahrnehmen können. Das ist auch eine Frage der Technik. Ich glaube, dass es in der Zukunft professionelle Studioräume für solche Konferenzen geben wird. Es geht darum, allen Teilnehmern eine ähnliche Erfahrung zu ermöglichen. Neben den technischen Voraussetzungen liegt das aber auch an den Inhalten und der Form, in der sie präsentiert werden. Hier werden wir stark von den Erfahrungen der letzten Zeit profitieren.

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