Onlinehändler setzen immer mehr auf Papierverpackung – das hat nicht nur Vorteile

Schon seit längerer Zeit bemüht sich Amazon darum, möglichst wenig Kunststoffe bei den Verpackungen zu verwenden. Es sei, so erklärt ein Amazon-Sprecher, in Deutschland seit 2022 und in Europa seit 2023 der Fall, dass man nicht nur bei der Umverpackung auf die Plastiklösung verzichte. Die Lieferungen in Europa werden in Versandtaschen aus Papier, Pappumschläge und Kartons verpackt – anders als das bisher noch in den USA der Fall war. Hier hat das Unternehmen erst jetzt angekündigt, ab Jahresende keine Luftpolsterfolien oder andere Plastiklösungen mehr zu verwenden.
In Deutschland erklärt Amazon, man habe inzwischen sämtliche Kunststofflösungen verbannt – das gilt freilich nur für jene eigenen Pakete und für die Fulfilled-by-Amazon-Lösungen. „Leicht zu recycelnde Verpackungen sind wichtig für Kund:innen – und sie sind wichtig für uns“, sagt Olivier Pellegrini, Director Customer Delivery Experience bei Amazon. „Der Verzicht auf Luftpolsterkissen aus Plastik ist ein weiterer Schritt hin zu Verpackungen, die unsere Kund:innen leicht und haushaltsnah recyceln können.“
Das Unternehmen gibt aber zugleich zu, nicht in allen Fällen die Sache in der Hand zu haben, etwa wenn Marketplace-Händler:innen ihre Ware direkt an die Kund:innen versenden. Erstaunlich ist, dass Luftpolsterfolie nicht einmal mehr verwendet wird um zerbrechliche Gegenstände wie Glas zu schützen.
Verzicht auf Kunststoff nicht immer die beste Lösung
Fein raus ist das Unternehmen (und die Kund:innen), wenn die Ware sich sinnvoll auch ohne zusätzlichen Umkarton verschicken lässt. Schon vor einem Jahr hatte Amazon angekündigt, man wolle mehr Waren ohne zusätzliche Umverpackung versenden – sofern das technisch und logistisch sinnvoll ist und sofern der Kunde nicht aus Überraschungsgründen darauf besteht, dass eine Ware nicht von außen sichtbar ist. Letztere Variante ist insbesondere in der Vorweihnachtszeit gefragt.
Damit, dass man aus Nachhaltigkeitsgründen den Kunststoffen den Kampf angesagt hat, ist Amazon allerdings nicht allein. So erklären viele Händler:innen, dass sie nur noch in Ausnahmefällen auf etwas anderes als Kartonagen und feste Papierumschläge setzen. Gerade bei Bestellungen im Bekleidungsbereich sehen wir branchenweit eine Abkehr vom klassischen Karton, den in früheren Jahren die Logistikdienstleister aufgrund der besseren Stapelbarkeit eingefordert hatten. Von H&M über Zalando bis hin zu Lands End und einigen kleineren Versendern werden vor allem die robusten Versandtaschen verwendet.
Das Problem dabei: Viele der Lösungen sind nur unzureichend für einen Rückversand geeignet, sodass für die in der Bekleidungswirtschaft üblichen Retouren oftmals eine zweite Verpackung seitens des Kunden oder der Kundin benötigt wird.
Hersteller für Logistikverpackungen beobachten Umdenken
Die Hersteller von Kartonagen jedenfalls sehen einen starken Rückgang der Nachfrage, wie ein Branchenvertreter, der ungenannt bleiben will, bestätigt. Zwar sei bereits seit Jahren ein klarer Trend hin zu hochwertigen Schmuckkartons in einzelnen Bereichen zu sehen, wohingegen die Logistikkartonagensparte rückläufig ist. Schon seit einigen Jahren setzt die Branche zusätzlich insbesondere im Saisongeschäft auf bedruckte Kartonagen, die sich – andersherum gefaltet – im Nachgang als Schmuckkarton eignen und so länger zum Einsatz kommen als der übliche Karton, der gleich im Müll landet.
In der Tat, das haben Studien in den letzten Jahren übereinstimmend beschieden, machen Verpackungen einen großen Anteil an der Ökobilanz aus – und entscheiden zu einen hohen Prozentsatz darüber mit, ob klassischer Innenstadthandel oder E-Commerce umweltfreundlicher sind. Laut einer Studie aus dem Journal of Cleaner Production stehe die Versandverpackung immerhin für über 20 Prozent der spezifischen Umweltbelastung des Onlinehandels.
Amazon jedenfalls rechnet vor, dass man seit 2015 das Gewicht der Versandverpackungen pro Sendung bereits um mehr als 41 Prozent reduzieren und mehr als 2 Millionen Tonnen Verpackungsmaterial einsparen konnte. Unerwähnt bleibt allerdings – wie auch bei vielen anderen Händler:innen -, ob deswegen mehr beschädigte Waren bei den Käufer:innen angekommen sind. Das zu berechnen dürfte schwerfallen.