Test mit Airtags: Noch Luft nach oben beim Recycling von Amazon-Verpackungen

Verpackungsmüll wird immer mehr – und nicht alles wird wiederverwertet. (Foto: Sahaphon/Shutterstock)
In den vergangenen Jahren haben viele Onlineversender, allen voran Marktführer Amazon, bei den Versandverpackungen Optimierungen vorgenommen. Nicht mehr immer wird der zweiwellige Versandkarton gewählt, sondern immer häufiger stattdessen eine Folientüte, die dann allerdings oftmals weniger gut wiederverwendet werden kann, wenn eine Retoure fällig wird.
In den USA hat Amazon versprochen, die dort noch weiter verbreiteten blau-weißen Plastiktüten zu recyclen. Das zumindest steht auf der Verpackung. Da es dort eine ähnliche Vielfalt an Regelungen wie bei uns gibt und verschiedene haushaltsnahe Recyclingprogramme diese Art von Plastik nicht akzeptieren, sollen Verbraucher:innen es stattdessen in Einzelhandelsgeschäften im ganzen Land zurückgeben können. Die Einzelhändler:innen sollen dann das Plastik zu spezialisierten Einrichtungen bringen, wo es recycelt wird. Soweit die Theorie.
Eine Untersuchung verschiedener Umweltschutzinitiativen in den USA legt nun nahe, dass nur ein Bruchteil von Amazons Plastikverpackungen in eine Materialrückgewinnungsanlage gelangt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verpackung im Rahmen des Store-Drop-off-Systems auf einer Mülldeponie oder in einem Verbrennungsofen lande, sei deutlich höher, so der Bericht.
Um das herauszufinden, haben die Umweltschützer:innen kleine Tracking-Geräte (meist sollen es Apple-Air-Tags gewesen sein) an insgesamt 93 Bündeln von Amazons Plastikverpackungen angebracht. So gelangten Tracker in Supermärkte in zehn Bundesstaaten.
Nur ein kleiner Teil der Tüten wird ins Recycling überführt
Immerhin bei der Hälfte konnten die Autor:innen des Berichts nachvollziehen, wohin diese gelangten, bevor ihnen die Energie ausging. Von denjenigen, die überlebten, gingen 13 auf eine Mülldeponie, zwei in einen Abfallverbrennungsofen und drei zum Hafen von Los Angeles, was darauf hindeutet, dass die Bündel für die Verarbeitung oder die Entsorgung im Ausland bestimmt waren.
Gerade einmal vier der Tracker gelangten schließlich zu einer Materialrückgewinnungsanlage, die Kunststoffe zum Recycling sortiert. Die Umweltschutzorganisationen hakten bei drei der Einrichtungen nach: Zwei sagten ausdrücklich, dass sie Amazon-Verpackungen nicht akzeptieren, und die dritte sagte, sie akzeptiere nur Papier und Karton.
Die Erkenntnisse sind gerade in den USA nicht neu, wo es in den letzten Jahren bereits ähnliche Versuche gab, die nahelegten, dass es sich um ein eher unzureichendes Recycling-System handelt.
Während die Untersuchung von USPIRG und Environment America vielleicht die größte ihrer Art ist, ist sie nicht die erste, die Mängel im System der Geschäftsabgabe findet. Im vergangenen Jahr verfolgte Bloomberg die Entwicklung von 30 Verpackungen, die eine Kennzeichnung mit dem Symbol für die Abgabe von Geschäftsabfällen trugen, und ermittelte, dass 13 von ihnen – also gut 40 Prozent – auf Mülldeponien in den USA landeten. Lediglich vier kamen in Anlagen, in denen Kunststoffe recycelt werden sollten.
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In Deutschland läuft vieles über die Haushalts-Recyclingprogramme
Eine vergleichbare Untersuchung für den deutschen Markt wäre interessant, ist aber zumindest im Verpackungskontext noch nicht erfolgt. Amazon informiert zwar auch bei uns darüber, wie man Verpackungen unterschiedlicher Art recyceln, wiederverwenden oder sogar upcyclen sollte, überlässt die Verantwortung hierfür aber natürlich den Kund:innen.
Positiv ist bei uns, dass Amazon in Deutschland und Europa auf robustes Packpapier und Kartonagen setzt, die sich im Rahmen von Haushalts-Recyclingprogrammen weitgehend recyceln lassen. Dagegen seien Kunststoffverpackungen, wie das Unternehmen im Nachgang noch einmal betont, nicht mehr im Einsatz – anders als bei vielen anderen Versandhändler:innen, die auf wasserabweisende Plastiktüten setzen. Dazu erklärte Amazon in einem Nachhaltigkeitsbericht von 2022, dass es „gepolsterte Taschen, die Plastik enthalten, zugunsten von recycelbaren Alternativen auslaufen lässt“. Wann dies in den USA der Fall sein wird, dazu machte das Unternehmen auf Nachfrage keine Angaben.
Pat Lindner, Vizepräsident von Amazon für Mechatronik und nachhaltige Verpackungen, erklärte, dass das Unternehmen keine Kontrolle darüber habe, wie seine Verpackung „nach der Entsorgung durch Gemeinden oder Recyclingzentren“ behandelt wird. Ein Sprecher sagte, das Unternehmen investiere in eine bessere Recyclinginfrastruktur und reduziere gleichzeitig insgesamt den Einsatz von Kunststoffen.
Klar ist, dass E‑Commerce mehr denn je auf Nachhaltigkeit bei der Verpackung setzen sollte, aber auch, dass es eine Vielzahl von Lösungen gibt, die einen vernünftigen Kompromiss aus ökologischen und ökonomischen Erwägungen erzielen.